Zwischen 'Stagnation' und 'Aufstieg': Asien in westlichen und asiatischen Zukunftsentwürfen des 20. Jahrhunderts
Neuere und Neueste Geschichte (einschl. Europäische Geschichte der Neuzeit und Außereuropäische Geschichte)
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Das Projekt unternimmt den Versuch, einen Beitrag zur west-östlichen Wahrnehmungs- und Beziehungsgeschichte zu leisten und hierfür die Methoden der Ideengeschichte in einen fruchtbaren Zusammenhang mit denjenigen der transnationalen Geschichte zu bringen. Die untersuchten Intellektuellen nahmen die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg als Umbruchsphase wahr, in der die wachsende Verflochtenheit aller Weltteile neue Wege der nationalen und kulturellen Grenzüberschreitung im politischen, wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und gerade auch im intellektuellen Bereich verlangte, um zukünftige internationale und interkulturelle Konflikte zu vermeiden. Die Zukunft Chinas und Indiens war von derjenigen der westlichen Länder untrennbar. Aus diesem Befund ergab sich für die Autoren westlicher und asiatischer Herkunft nicht nur primär die Notwendigkeit einer Auseinandersetzung mit den jeweils anderen Ländern, sondern auch der implizite oder explizite Anspruch einer nicht-ethnozentrischen Perspektive, die das Gemeinsame und Bindende zwischen Nationen und Kulturen hervorhob, ohne partikulare Identitäten und Vorstellungen des modernen Zeitalters ignorieren oder untergraben zu wollen. Obwohl dieser Anspruch nicht leicht in die Praxis umzusetzen war, können die Autoren als Vordenker der „Multiple Modernen“-Debatte gesehen werden, von der die heutige Geschichtsschreibung und Globalisierungsforschung geprägt ist. Die Ergebnisse des Projekts weiten somit den Blick für die lange Geschichte, aber auch die Tücken der Transnationalität im Sinne einer grenzüberschreitenden Perspektivfindung. Interessante Anknüpfungspunkte an das Projekt ergeben sich angesichts der neuesten politischen Ereignisse z.B. durch eine stärkere Fokussierung auf die Rolle Russlands als historisches „Bindeglied“ zwischen Europa und Asien, sowie durch eine genauere Analyse der aktuellen Aufstiegsdebatten über China und Russland, die in großem Ausmaß historische Topoi aufgreifen.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
- Postimperiales Asien: Die Zukunft Indiens und Chinas in der anglophonen Weltöffentlichkeit 1919-1939. Überarb. Dissertation, Universität Konstanz. Walter de Gruyter, 2017. 502 S. - 9783110462173
Silke Martini