Weitergehende Untersuchungen zur Theorie der H/V-Methode
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Die H/V-Methode basiert auf der spektralen Analyse des Verhältnisses von horizontaler zu vertikaler Bodenbewegung insbesondere von natürlicher Bodenunruhe aber auch von Erdbeben. Da auch Raumwellen in der Bodenunruhe auftreten können, wurde der Einfluß letzterer auf H/V in Modellen mit aufsteigender Komplexität theoretisch eingehend untersucht. Ein wesentliches Resultat dieses Projektes sind die analytischen Formeln für einfallende P- und S-Wellen in den verschiedenen Modellen. Sie stehen nun für weitergehende Parameterstudien zur Verfügung, die im Rahmen dieses Projektes in nur eingeschränktem Maße durchgeführt werden konnten. Ein Sonderfall ist das Modell "Layer with Fixed Bottom (LFB)", in dem sich Raumwellen nur in Form von Kanalwellen ausbreiten können. Es mußten besondere Vorkehrungen getroffen werden, um ein frequenzabhängiges H/V für einfallende Raumwellen zu erhalten, das mit dem H/V aus Rayleighwellen verglichen wurde. Dieses Modell ist geeignet, um weitere grundlegende theoretische Zusammenhänge zu erkunden. Es zeigte sich, daß beim ganz einfachen Halbraummodell, das für die Elliptizität aus Rayleighwellen bekanntlich keine Besonderheiten aufweist (nur eine Abhängigkeit vom Poissonverhältnis), durch Hinzunahme von Raumwellen eine Frequenzabhängigkeit entsteht und in Kombination mit dem Einfallswinkel weitere Besonderheiten auftreten. Interessant ist das Auftreten einer Singularität bei einfallenden P-Wellen im Halbraum für negative Poissonverhältnisse. Generell läßt sich sagen, daß die S-Wellen im Halbraum zu wesentlich komplexeren Erscheinungen führen als die P-Wellen, was mit dem Auftreten eines kritischen Winkels bei den S-Wellen zusammenhängt. Dieses gilt in noch stärkerem Maße für das Einschichtmodell (LOH). Das Poissonverhältnis der Schicht ist in jedem Falle ein wichtiger Parameter aber auch der Einfallswinkel der Raumwellen. Die Parameterstudien zeigen, daß beim LOH-Modell H/V aus P-, SV- und SH-Wellen gleichermaßen ein Maximum bei der SH-Schichtresonanz aufweisen. Im Falle von P- und SV-Wellen treten Nebenmaxima auf, deren Amplitude teilweise größer als die des Hauptmaximums ist. Für Rayleighwellen tritt das Maximum bekanntlich nur für starken Impedanzkontrast an dieser Stelle auf. Die Rechnungen dieses Projekts haben aber gezeigt, daß durch Kombination von Rayleighwellen und Raumwellen eine Nivellierung der Singularität erfolgt, so daß in bestimmten Fällen auch für schwache Impedanzkontraste ein Maximum in der Nähe der Scherwellenresonanz zu erwarten ist. Das ist ein wichtiges Ergebnis, das in Zukunft weiter untersucht werden muß. Nach dem bisherigen Kenntnisstand muß man davon ausgehen, daß das ähnliche Verhalten von H/V aus Rayleigh- und Raumwellen bezüglich des Maximums wesentlich tiefergehende analytische Ursachen hat und nicht durch die Konzeption des Raumwelleneinfalls mit komplexen Winkeln erklärt werden kann. Offensichtlich liegt es an der Struktur der Bewegungsgleichung des elastischen Kontinuums, aus der alle diese Wellenarten aus unterschiedlichen Randwertproblemen folgen. Die Hinzunahme von Lovewellen brachte für ein sehr einfaches Modell keine auffällige Modifikation. Die Ergebnisse dieses Projektes sind bedeutungsvoll für die Interpretation von H/V-Messungen. Überraschend war die außerordentliche Vielfalt der Erscheinungen für H/V aus Raumwellen, das Auftreten einer Frequenzabhängigkeit auch im simplen Modell des Halbraums und einer Singularität für negative Poissonverhältnisse und die mögliche Anwendbarkeit der H/V-Methode auch für schwächere Impedanzkontraste.