GaAs-Nanonadeln: Quantenchemische Untersuchungen zur Stabilität und zum Mechanismus des katalysatorgestützten VLS (vapour-liquid-solid)-Wachstums
Experimentelle Physik der kondensierten Materie
Physikalische Chemie von Festkörpern und Oberflächen, Materialcharakterisierung
Theoretische Physik der kondensierten Materie
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Um mit der katalysatorgestützen VLS(vapour-liquid-solid)-Technologie Nanonadeln mit einheitlicher Struktur und Morphologie zu züchten, sind Kenntnisse zur Stabilität und den elementaren Schritten des Wachstumsmechanismus in Abhängigkeit von den Wachstumsbedingungen erforderlich. Beiträge hierzu konnten im abgeschlossenen Projekt für die Züchtung von GaAs-Nanonadeln unter Verwendung von Gold als Katalysator und den Precursormolekülen AsX3, GaX3 (X=H oder CH3) geliefert werden. Über den bisherigen Kenntnisstand hinausgehend konnten Ergebnisse zur Stabilität von GaAs-Nanonadeln unter Einbeziehung der unter den jeweiligen Wachstumsbedingungen stabilsten Seitenwandoberflächen erhalten werden. Um zu diesen Ergebnissen zu kommen, waren umfangreiche thermodynamische Stabilitätsuntersuchungen zu Rekonstruktionsmustern bzw. Facettierungen aller als Nadelseitenwände in Frage kommender Oberflächen notwendig. Dabei wurden neue Erkenntnisse zur Facettierung der Zinkblende (112)A/B-Oberflächen mit Beteiligung von (124)A/B Facetten sowie über stabile Rekonstruktionsmuster von Wurtzit (1100)- und (1120)-Oberflächen gewonnen. Als Vorarbeit für Untersuchungen zu den Wachstumsmechanismen wurden außerdem Stabilitätsuntersuchungen von Rekonstruktionsmustern der polaren Wurtzit (0001)A/B Oberflächen (Nadeldeckflächen) durchgeführt. Dafür musste ein spezielles Verfahren entwickelt werden, das es ermöglicht, absolute Oberflächenenergien dieser beiden polaren Oberflächen zu berechnen, da andere bekannte Verfahren aus Gründen der an diesen Oberflächen vorliegenden speziellen Symmetrie nicht anwendbar waren. Unter stark As-reichen Bedingungen wachsen Nadeln mit ausschließlich ZB-Struktur. Bevorzugte Nadelquerschnittsformen (erhalten über Wulff-Konstruktionen) sind gleichseitige Sechsecke mit (110)-Seitenwänden und nichtgleichseitige Neunecke mit sechs (110)- und drei (112)B-Seitenwänden. Unter weniger As-reichen Bedingungen wachsen dünne Nadeln mit WZ-Struktur und dicke Nadeln mit ZB-Struktur. Der kritische Durchmesser für den Strukturwechsel verschiebt sich mit zunehmender Ga- Anreicherung leicht zu größeren Werten und liegt zwischen 6.8 und 7.0 nm. Die bevorzugten Querschnittsformen für dünne WZ-Nanonadeln sind nichtgleichseitige Zwölfecke mit (1100)- und (1120)-Seitenwänden und gleichseitige Sechsecke mit (1100)-Seitenwänden. Die dickeren ZB-Nanonadeln unter diesen Wachstumsbedingungen haben bevorzugt eine neuneckige Querschnittsform mit (110)- und (112)A-Seitenwänden oder eine sechseckige Querschnittsform mit (110)-Seitenwänden. Geschwindigkeitslimitierend bezüglich der rein chemischen Schritte des VLS-Wachstums ist die Entfernung der Restgruppen aus den Precursormolekülen (Wasserstoff oder Alkylgruppen je nach gewählten Precursormolekülen). Um entscheiden zu können, ob Gold als Katalysator im Sinne einer chemischen Katalyse wirksam ist, wurden die entsprechenden Restgruppenentfernungen (Reaktionsenergien, Aktivierungsbarrieren) in der Gasphase, an der Goldoberfläche und an GaAs-Oberflächen, die als Substratunterlage, als Nadeldeckfläche oder als Nadelseitenwände in Frage kommen, untersucht. Sehr hoher Rechenzeitaufwand bei der Berechnung von Aktivierungsbarrieren und eine Überforderung der verwendeten NEB-Methode für einen Teil der sehr komplexen Reaktionen führten dazu, dass nur ein Teil des Arbeitsprogrammes zu den Reaktionsmechanismen im Rahmen der Projektlaufzeit abgearbeitet werden konnte. Untersucht wurden die Gasphasenreaktionen, die relevanten Adsorptions- und Desorptionsreaktionen an der Goldoberfläche sowie Initialkeimbildungsreaktionen für Gaund As-Abscheidung an den unter As-reichen Bedingungen stabilsten GaAs(111)A/B- und GaAs(110)-Oberflächenstrukturen. Aus den bisherigen Ergebnissen lassen sich folgende Schlussfolgerungen ziehen: Eine vollständige Restgruppenentfernung in der Gasphase ist nicht möglich. Bei Verwendung von GaX3 und AsX3 (X=H, CH3) als Precursormoleküle kann in der Gasphase nur eine Restgruppe entfernt werden. Die Entfernung der übrigen beiden Restgruppen erfolgt aus adsorbierten GaX2- bzw. AsX2-Spezies an den entsprechenden Oberflächen. Eine Initialkeimbildung ist nur an der GaAs(111)B- Oberfläche in Form von Ga-Abscheidung möglich, nicht aber in Form einer As-Abscheidung an der GaAs(111)A-Oberfläche. Das bestätigt experimentelle Befunde, dass GaAs-Nadeln in [111]B-Richtung wachsen. As-Abscheidung kann erst auf einer abgeschiedenen Ga-Schicht erfolgen (noch nicht vollständig untersucht). Werden GaH3 und AsH3 als Precursor verwendet, wirkt Gold eindeutig als chemischer Katalysator. Die Entfernung der Restgruppen an der Goldoberfläche erfolgt in einem zweistufigen Prozess. Die höhere Barriere von 0.59 eV (für Ga) bzw. 0.45 eV (für As) tritt im zweiten Teilschritt auf. Für die Vergleichsreaktionen an den GaAs-Oberflächen liegen bisher nur vollständige Daten für die GaAs(111)B-Oberfläche vor. Hier erfolgt die Restgruppendesorption für die initiale Ga-Abscheidung in einem einstufigen Prozess, der mit 1.86 eV im Vergleich zu Gold eine mehr als dreimal so hohe Aktivierungsbarriere aufweist. Arsen kann erst in einem Folgeschritt an einem im Initialschritt gebildeten reaktiven Zentrum abgeschieden werden. Bei der Verwendung methylierter Precursorspezies werden wesentlich höhere Barrieren für die Restgruppenentfernung an der Goldoberfläche gefunden. Wiederum liegen zweistufige Prozesse vor mit den höhere Barrieren für den zweiten Teilschritt 2.85 eV (für Ga) und 3.23 (für As). Die Daten für die GaAs-Oberfläche liegen noch nicht komplett vor, so dass die katalytische Wirksamkeit von Gold im Falle der methylierten Precursorspezies noch nicht beurteilt werden kann.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
- Reconstructions and surface facets of the GaAs(112)A and (112)B surfaces: First-principles DFT supercell calculations, Surf. Sci. 608 (2013) 204-211
A. Jenichen, C. Engler
(Siehe online unter https://doi.org/10.1016/j.susc.2012.10.011)