Stimmung und proaktives Handeln im Arbeitskontext
Zusammenfassung der Projektergebnisse
In diesem Projekt wurde proaktives Arbeitsverhalten auf der Tagesebene untersucht. Es interessierte insbesondere die Frage, ob die tagesspezifische Stimmung vorhersagen kann, ob jemand am selben Tag bei der Arbeit proaktiv handelt, d.h. über die Anforderungen der eigentlichen Arbeitsaufgaben hinaus Probleme identifiziert und Lösungsansätze verfolgt, um die eigene Arbeitssituation oder die Arbeitssituation anderer zu verbessern. In der zentralen empirischen Untersuchung des Projekts füllten Arbeitende aus unterschiedlichen Berufsgruppen über zwei Arbeitswochen hinweg zweimal täglich Fragebogen aus, die ihnen elektronisch dargeboten wurden. Die Analysen zeigten, dass vor allem die kurz zuvor erlebte Stimmung proaktives Arbeitsverhalten vorhersagt, dass jedoch Stimmung, deren Messung bereits einige Stunden zurückliegt, proaktives Arbeitsverhalten nur unter bestimmten Umständen zu erklären vermag. Zusätzliche Auswertungen zeigten, dass die Steigerung der positiven Stimmung, die schließlich mit einer Steigerung im proaktiven Arbeitsverhalten einhergeht, durch das vorangegangene Erleben, anderen bei der Arbeit etwas Gutes zu tun, vorhergesagt wird. Diese Ergebnisse legen somit den Schluss nahe, dass der Zusammenhang zwischen Stimmung und proaktivem Arbeitsverhalten nicht in einem Vakuum entsteht, sondern dass das dynamische Gefüge von Stimmung und proaktivem Arbeitsverhalten in einem Kontext von anderen arbeitsbezogenen Ereignissen zu sehen ist. In zwei weiteren Untersuchungen wurde der Frage nachgegangen, unter welchen Bedingungen positive Stimmung in der ersten Hälfte des Arbeitstages proaktives Verhalten in der zweiten Hälfte des Arbeitstages vorherzusagen vermag. Es wurde deutlich, dass hier sowohl Merkmale der Arbeitssituation (Zeitdruck) als auch Merkmale der Person (proaktive Persönlichkeit) eine Rolle spielen. Die Analysen ergaben, dass dann wenn der chronische Zeitdruck hoch und der akute Zeitdruck gering ist, positiver Affekt mit proaktivem Arbeitsverhalten zusammenhängt. Darüber hinaus hängt positiver Affekt dann mit späterem proaktiven Arbeitsverhalten zusammen, wenn der/die Mitarbeiter/in generell eine starke Neigung hat, proaktiv zu handeln, also eine proaktive Persönlichkeit besitzt. Insgesamt zeigen die Ergebnisse des Projekts, dass die Zusammenhänge zwischen Stimmung und proaktivem Arbeitsverhalten auf der Tagesebene noch komplexer sind als ursprünglich angenommen. Zwar zeigen sich die vermuteten Zusammenhänge zwischen Stimmung und proaktivem Arbeitsverhalten, wenn sich beides auf den gleichen Zeitraum bezieht. Bei Zeiträumen über mehrere Stunden jedoch scheint der positive Affekt seine „Wirkkraft“ zu verlieren, und es müssen weitere motivierende Faktoren hinzukommen, sodass positiver Affekt tatsächlich in proaktives Arbeitsverhalten übersetzt wird.