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Mikroskopische Beschreibung von Gitterkorrekturen für Wenig-Exziton-Systeme und ihre Bedeutung für Exziton-Kondensation

Antragsteller Dr. Andreas Alvermann
Fachliche Zuordnung Theoretische Physik der kondensierten Materie
Förderung Förderung von 2009 bis 2012
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 147601118
 
Erstellungsjahr 2012

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Exzitonen gehören als gebundene Elektron-Loch-Paare zu den Elementaranregungen von Halbleitern. Solange ihr Radius wesentlich größer als der mittlere Abstand der Atome im Halbleiter ist kann die Kristallgitterstruktur im Rahmen einer Kontinuumsnäherung vernachlässigt werden. In diesem Fall werden Exzitonen durch die Mott-Wannier-Theorie in völliger Analogie zum Wasserstoffatom beschrieben. Im abgeschlossenen Projekt wurden Exzitonen untersucht, deren Radius nur wenig größer als die Gitterkonstante ist. Solche Exzitonen, wie sie etwa im Kupferoxydul Cu2O realisiert sind, zeigen deutliche Abweichungen zu den Vorhersagen der Mott-Wannier-Theorie. So sind für das Kupferoxydul die experimentell gemessene Exzitonbindungsenergie und Exzitonmasse um 50% größer als der theoretische Wert, und auch das Exziton-Spektrum zeigt charakteristische Abweichungen vom entarteten wasserstoffähnlichem Spektrum. Das zentrale Ergebnis des Projekts ist die geschlossene Erklärung dieses Verhalten aus einer mikroskopischen Berechnung der Exzitonzustände in einem Gittermodell. Das Projekt weicht von früheren Untersuchungen darin ab, daß es Gitterkorrekturen nicht nur zum Coulomb-Potential berücksichtigt, sondern die Kontinuumsnäherung der Mott-Wannier-Theorie vollständig aufgibt. Bereits in einem einfachen Gittermodell mit nur zwei freien Parametern lassen sich die wesentlichen Eigenschaften der Exzitonen modellieren. Verbessert man das Gittermodell durch Verwendung einer realistischen Bandstruktur, werden alle beobachteten Exzitoneigenschaften quantitativ korrekt beschrieben. Diese Modellierung gewinnt Erklärungskraft daraus, daß nur ein einziger freier Parameter verwendet wird um verschiedene Eigenschaften korrekt zu erhalten. Hier zeigt sich insbesondere, daß sich die Werte für die Exzitonmasse, Exzitonbindungsenergie, und der Verschiebung der angeregten Zustände im Spektrum nicht zufällig ergeben sondern ihr Zusammenhang zwingend aus der Bandstruktur folgt. Wesentlich für die Modellierung ist die Nichtparabolizität der Valenzbänder, die zwanglos das unterschiedliche Verhalten der benachbarten gelben und grünen Exziton-Reihe erklärt: Die stark nichtparabolische Dispersion des für gelbe Exzitonen relevanten Valenzbandes führt zu den beobachteten großen Abweichungen von der Mott-Wannier-Theorie, die Dispersion für grüne Exzitonen ist hinreichend parabolisch, so daß die Mott-Wannier-Theorie gültig bleibt. Dieser Unterschied, der in Kontinuumsnäherung nicht erklärt werden kann, löst das Problem der historisch widersprüchlichen Zuordnung der optischen Absorptionslinien zu den zwei Exziton-Reihen. Diese Ergebnisse für das Kupferoxydul belegen die Ausgangshypothese des Projekts: Die Existenz der Gitterstruktur muß ernst genommen werden; die nichtparabolische Dispersion liefert nicht nur kleine Korrekturen zur Kontinuumsnäherung der Mott-Wannier-Theorie, sondern ist wesentlich für das Verständnis der experimentellen Daten; eine konsistente Erklärung der beobachteten Eigenschaften ist durch mikroskopische Berechnungen der Exzitonenzustände in Gittermodellen möglich. Das zweite Ergebnis dieses Projekts ist die Entwicklung effizienter Methoden zur Berechnung von (Exziton)-Zuständen in Gittermodellen, die den numerischen Aufwand im Vergleich zu einfacheren Herangehensweisen deutlich reduzieren. So wird die Behandlung auch komplexerer Systeme, etwa von Biexzitonen, möglich. Da die Methoden überdies allgemein anwendbar sind ergeben sich Perspektiven für weitergehende Forschungen auch an nicht-exzitonischen Wenig-Teilchen-Systemen.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

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