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SFB 689:  Spinphänomene in reduzierten Dimensionen

Fachliche Zuordnung Physik
Förderung Förderung von 2006 bis 2017
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 14086190
 
Erstellungsjahr 2018

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Forschungsgegenstand des Sonderforschungsbereichs 689 waren “Spinphänomene in reduzierten Dimensionen“ und beinhaltete die Charakterisierung, Kontrolle und Manipulation des Spinfreiheitsgrades in niedrig dimensionalen Systemen wie z.B. Kohlenstoffnanoröhren (zylindrische Kohlenstoffröhren), Graphen (einatomige Lagen aus Kohlenstoff), Halbleiterfilme und zweidimensionale Elektronensysteme sowie einzelne Moleküle oder Anordnungen von einzelnen Atomen auf Festkörperoberflächen. Der Spin ist eine quantenmechanische Eigenschaft von Elementarteilchen, wie z.B. Elektronen, und verhält sich wie ein Drehimpuls. Im Falle von Elektronen besitzt der Drehimpuls den Wert ±½ħ, wobei ħ die reduzierte Planck Konstante ist. Das magnetische Moment, das mit diesem Spin verknüpft ist, hat demzufolge nur zwei Einstellmöglichkeiten, parallel oder anti-parallel zu einem äußeren Magnetfeld. Im Rahmen des SFB 689, als auch im weiteren Feld der Spintronik wird versucht neben der elektrischen Elementarladung –e des Elektrons auch dessen Spin für neue Funktionalitäten im Bereich der Elektronik oder des Quantencomputing zu nutzen. Eine wichtige Größe, die den Spin charakterisiert, ist die Spin-Relaxationszeit, welche die Zeit beschreibt in der eine Spinpopulation mit bestimmter Ausrichtung zerfällt. Ein charakteristisches Bauelement, welches den Spin der Elektronen neben ihrer Ladung nutzt, ist der Spintransistor, der vor nahezu 30 Jahren vorgeschlagen wurde, aber immer noch auf seine experimentelle Realisierung wartet. Selbst Moleküle können eine solche Transistorfunktion unter Mitwirkung eines Spins aufweisen. Dies sind nur einige wenige Beispiele der Fragestelllungen mit denen sich das Konsortium beschäftigte. In der Laufzeit des Sonderforschungsbereichs wurden viele wichtige Entdeckungen gemacht und Konzepte entwickelt, die zum Fortschritt des Gebiets an vorderster Front der Wissenschaft beigetragen haben. Ein Beispiel hierfür ist eine neue Theorie auf der Basis von resonanter Streuung zur Spinrelaxation in Graphen, welche mit Experimenten sehr gut übereinstimmt. Wir haben auch demonstriert, dass Kohlenstoffnanoröhren in Kombination mit Supraleitern genutzt werden können um quantenmechanisch verschränkte Elektronen zu erzeugen. Solche Verschränkungen könnten in Kommunikations- und Computing-Techniken Eingang finden. Ein weiteres anschauliches Beispiel ist die atomar aufgelöste Spinstruktur in NiO Einkristallen. Mittels Rasterkraftmikroskopie konnten wir die antiferromagnetische Ausrichtung benachbarter Atome in NiO direkt sichtbar machen. Der „heilige Gral“ auf dem Gebiet der Spintronik besteht in einer effizienten, rein elektrischen Injektion und Detektion von Spins und wurde als eines der zentralen Ziele des SFB identifiziert. In diesen Experimenten werden Spins aus einem ferromagnetischen Injektor in ein nichtmagnetisches Material, wie z.B. ein zweidimensionales Elektronengas in Graphen oder in einer Halbleiter-Heterostruktur, injiziert. Mit einer Art invertiertem Prozess können diese Spins mit einem weiteren ferromagnetischen Kontakt elektrisch detektiert werden. Typische, spinabhängige Widerstandsänderungen betrugen bisher weniger als 1%. Mit ferromagnetischen Halbleitern (die in Regensburg gewachsen wurden) als Injektor und Detektor, einer Spinventil-Geometrie und epitaktischen Grenzflächen konnten wir spinabhängige Widerstandsänderungen von 80% erreichen. Sogar eine Spin-Solarzelle, in der Licht einen Spinstrom erzeugt, konnte realisiert werden. Ein weiterer Effekt, der sowohl theoretisch als auch experimentell ausführlich untersucht wurde, ist der Spin-Halleffekt (SHE). Zum einen konnte erstmals der ac SHE im Experiment nachgewiesen werden, zum anderen parasitäre Spannungen, die den dc SHE verfälschen, durch eine neue Messgeometrie vermieden werden. Ein wichtiger Bestandteil des SFB war die enge Zusammenarbeit zwischen Theorie und Experiment, die zu einem neuen Spintransistor Konzept und zu neuen Erkenntnissen zur persistenten Spinhelix führten. Ab-initio Rechnungen haben sich z.B. bei der Berechnung des SHE als effektives Werkzeug herausgestellt um komplexe quantenmechanische Probleme anzugehen und Resultate zu erzielen, die direkt mit dem Experiment verglichen werden können. Nicht zuletzt hat die im SFB gewonnen Expertise auch dazu geführt, dass wir schnell auf neue Gebiete wie die (Spin-)Physik von 2D-Materialien, z.B. Dichalkogenide, einsteigen konnten. Deshalb konnten wir auch hier mit wissenschaftlichen Ergebnissen an der vorersten Front der Wissenschaft beitragen.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

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