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Lokale Vernetzungen in Kleinstädten des östlichen Europas

Fachliche Zuordnung Humangeographie
Förderung Förderung von 2006 bis 2011
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 13923142
 
Erstellungsjahr 2011

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Unter den Rahmenbedingungen von demographischer Schrumpfung und Globalisierung, sowie den Nachwirkungen der Transformation, ist die Stellung vieler Kleinstädte im östlichen Europa als Standorte industrieller Produktion („verlängerte Werkbänke“) bedroht. Auch ihre Funktion als zentrale Orte im ländlichen Raum ist durch die zunehmende Konkurrenz größerer Städte und die Schließung öffentlicher Einrichtungen („Rückzug des Staates aus der Fläche“) häufig gefährdet. Wie können Kleinstädte auf diese Herausforderungen reagieren, welche Möglichkeiten haben sie, ihre Situation aus eigener Kraft zu verbessern? Die Entwicklung von Kleinstädten in der Forschung bisher vorwiegend als extern determinierter Prozess interpretiert worden. Diese verkürzte Sicht auf kleinstädtische Entwicklungen wird im Projekt durch eine Binnenperspektive ergänzt: Lokale Vernetzungen (‚relational assets‘) in Form von Sozialem Kapital und Formen von Local Governance rücken als selbst produzierte Ressourcen in das Blickfeld. In einer ersten Projektphase wurden zu diesem Zweck acht Kleinstädte in Ostdeutschland, Polen und den baltischen Staaten untersucht und im zweiten Projektteil 20 Kleinstädte hinsichtlich der Umsetzung endogen basierter Entwicklungsansätze. In den untersuchten Kleinstädten ist ein insgesamt signifikantes Potential Sozialen Kapitals vorhanden, das höher ist, als es internationale Studien zu Transformationsländern erwarten lassen. Kleinstädte scheinen mit ihrer Dominanz von Face-to-Face Kontakten und ihrer „Überschaubarkeit“ günstige Rahmenbedingungen für die Ausbildung von Sozialem Kapital zu bieten. Das Soziale Kapital schlägt sich in bürgerschaftlichem Engagement in Vereinen, Organisationen und in informellen, zweckgebundenen Netzwerken nieder. Emotionale Ortsbindung, Wohnzufriedenheit und Einbindung in Verwandtschafts- und Freundschaftsbeziehungen sind in den Untersuchungsstädten ebenfalls deutlich ausgeprägt. Die Zusammenarbeit zwischen Bürgerschaft und städtischen Entscheidungsträgern wird jedoch z. T. durch mangelndes Vertrauen in staatliche Behörden und ein fehlendes Interesse an partnerschaftlichen Kooperationsformen sowohl von Seiten der Bevölkerung als auch von Seiten der lokalen Eliten behindert. Hier herrscht zum Teil noch ein technokratisches Verständnis von lokalen Policy-Prozessen vor. Unter diesen Rahmenbedingungen gelingt die Einbeziehung zivilgesellschaftlicher Akteure in Local Governance-Prozesse vor allem, wenn es um Probleme geht die sich sichtbar auf ihre aktuelle Lebenssituation der Bürger auswirken. Geeignete Inhalte von Partizipation sind also überschaubare, leicht lösbare Probleme, von welchen die Bürger direkt betroffen sind. Da häufig keine „kritische Masse“ vorhanden ist, um von außen initiierte, komplexe Partizipationsstrukturen weiterzuführen, sind einfache Strukturen der Beteiligung in Kleinstädten oft geeigneter. In den untersuchten Kleinstädten wurden vor allem die folgenden lokal basiertern Entwicklungsziele angestrebt: das Schaffen eines familienfreundlichen Umfelds, die Stärkung des Tourismus, die Förderung lokaler Kultur, die Entwicklung der Kleinstadt zur “Öko-Stadt”, die Entwicklung einer unternehmensorientierten Verwaltung und die Förderung von kleinen und mittelständischen Unternehmen. Insgesamt lässt sich feststellen, dass der Umgang mit zivilgesellschaftlichen und privatwirtschaftlichen Akteuren in den untersuchten Ländern recht unterschiedlich ist. In den estnischen und lettischen Städten sind es vor allem die privatwirtschaftlichen Akteure, die von den Stadtverwaltungen als wichtige endogene Ressource gesehen und somit besonders unterstützt werden. In Polen und Sachsen hingegen sind zivilgesellschaftliche Gruppierungen zu einem wichtigen Kooperationspartner für die Stadtverwaltungen geworden. Begünstigt wird die Umsetzung von neuen Stadtentwicklungsansätzen in einer Kleinstadt nach unseren Untersuchungsergebnissen vor allem durch die folgenden Faktoren: (1) das vorhanden sein von entwicklungsfähigen, lokalen Ressourcen und Potentiale („Alleinstellungsmerkmale“), (2) lokale Schlüsselakteure, die die Prozesse vorantreiben (3) lokale Vernetzungen und ein hoher Bestand an Sozialem Kapital,(4) externe Vernetzung, die neue Ideen in die Kleinstadt bringen.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • (2007). Kleinstädte im Abseits? Zur Entwicklung mitteldeutscher Kleinstädte nach 1990. In: Geographische Rundschau, vol. 59, Heft 6, S. 34-43
    Burdack, J.
  • (2007). Small Towns and Social Capital in the Polish Countryside. In: Akademia Pomorska w Słupsku (Hrsg.): Podstawy i perspektywy rozwoju małych miast. Słupsk, S. 227-234
    Borsig, A
  • (2007). Sozialkapital und ehrenamtliches Engagement in polnischen Kleinstädten. In: Sozialwissenschaftliches Journal, Jahrgang II, Heft 3, S. 43-62
    Borsig, A.
  • (2007). The Development of Small Towns in Central Europe and the Baltic States. In: Ģeogrāfiski Raksti, XIII, S. 35-45
    Burdack, J.; Knappe, E.
  • (2007). Überleben in der Schrumpfung - Strategien polnischer Kleinstädte. In: Deutsches Polen-Institut (Hrsg.): Jahrbuch Polen 2007 - Stadt. Wiesbaden, S. 70-81
    Borsig, A.
  • (2010). Rural Small Towns in Eastern Europe: Local Networks and Perspectives of Development. Beiträge zur Regionalen Geographie 64, Leipzig
    Borsig, A.; Burdack, J.; Knappe, E.
 
 

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