Die Geschichte der Niederlandistik in Deutschland von den Anfängen bis in die 1960er Jahre
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Die Niederlandistik in Deutschland besitzt eine lange Tradition, doch wird sie im vorliegenden Projekt erstmals ausführlich beschrieben. Das Projekt stützt sich auf umfassende Archivforschung, mit Material aus deutschen, niederländischen und belgischen Archiven, das hier zum größten Teil erstmalig präsentiert wird. Ausgangspunkt dieses Projektes war die Annahme, dass die Niederlandistik in Deutschland eine Position zwischen der deutschen Germanistik und der Niederlandistik in Belgien und den Niederlanden einnahm und durch den Einfluss der Paradigmen in der Germanistik, aber auch durch die spezifischen Bedingungen, die eine Auslandsphilologie an die Lehre und Forschung stellt, und durch den Einfluss der politischen Entwicklungen auf das wissenschaftliche System ein eigenes Profil entwickelte. Dabei wurden die Strukturen und die Organisation der Institute und des Lehrkörpers der Niederlandistik analysiert, die Netzwerke der Wissenschaftler skizziert, eine paradigmatisch-inhaltliche Auswertung der Vorlesungsverzeichnisse der niederlandistischen Lehre vollzogen und die Publikationen (Monographien und Artikel) von Niederlandisten und von Germanisten über Themen, die traditionell zur Niederlandistik gehören, im deutschen und niederländischen Sprachraum einer Analyse unterzogen. Die spezifische Profilierung besteht darin, dass die Geschichte der Niederlandistik stark von wissenschaftlichen Einzelpersönlichkeiten geprägt ist: Als Begründer der Niederlandistik in Deutschland ist Johannes Franck zu betrachten. Verantwortlich für diese Einschätzung sind vor allem die von ihm verfassten Grundlagenwerke, die Mittelniederländische Grammatik und das Etymologisch Woordenboek und seine zahllosen kritischen Publikationen in niederländischen und deutschen wissenschaftlichen Zeitschriften, aber auch seine Rolle als Vermittler neuer wissenschaftlicher Methoden zwischen Deutschland und den Niederlanden. Aus der Auswertung der Korrespondenzen und Zeitschriften geht außerdem hervor, dass bis ungefähr 1910 eine enge Zusammenarbeit zwischen Niederlandisten und Germanisten in beiden Ländern, den Niederlanden und Deutschland besteht. Nicht nur veröffentlichen die niederländischen Niederlandisten Artikel oder Rezensionen in deutschen Zeitschriften, sondern auch die Germanisten rezensieren vielfach niederländische Studien. Diese Praxis kommt jedoch danach zum Erliegen. Die Philologien ziehen ihre Grenzen, die Frage, welche Texte zu welchem Sprachgebiet gehören, ist offensichtlich beantwortet. Es gibt einige Ausnahmen in der jüngeren Generation: Theodor Frings, der von 1917-1927 Professor für Niederländisch und Deutsch in Bonn ist, sich aber vor allem der Germanistik widmet, und Jacob Muller in den Niederlanden, ein Schüler von Franck. Durch die Netzwerke, die im Ersten Weltkrieg zwischen Deutschen und Flamen entstanden, wurden nach 1918 zahlreiche flämische Akademiker an deutschen Universitäten zu Lektoren (Münster, Göttingen, Berlin, Kiel) oder Professoren ernannt (Leipzig, später Hamburg), die von einflussreichen Germanisten wie Edward Schröder oder Conrad Borchling unterstützt wurden. Diese Niederlandisten widmeten sich außerhalb der Universität der politischen Propaganda, hatten kaum Kontakt zu den Kollegen aus dem niederländischen Sprachgebiet und fanden keinen Anschluss zu den Forschungen im niederländischen Sprachraum. Jolles (Leipzig) war eine Ausnahme. Die wichtigste Zäsur für die Niederlandistik fand in den Jahren nach 1945 statt: Jolles (Leipzig) verübte Selbstmord, einige Lektoren oder Professoren wurden entlassen (Berlin, Hamburg), andere Stellen neu besetzt (Münster, Köln). Erst Mitte der 1960er Jahre gab es durch die Gründung der Institute für Niederländisch und die Berufung von ordentlichen Professoren einen Neuanfang in Köln und Münster.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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„DFG-Projekt ,Die Geschichte der Niederlandistik in Deutschland von den Anfängen bis in die 1960er Jahre‘ (2010-2013)“, in: Geschichte der Germanistik. Mitteilungen, Nr. 37/38, 2010, S. 139
Jaap Grave
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„Grenzen en mogelijkheden van de geschiedschrijving van de internationale neerlandistiek“, in: Matthias Hüning, Jan Konst & Tanja Holzhey (Hrsg.), Neerlandistiek in Europa. Bijdragen tot de geschiedenis van de universitaire neerlandistiek buiten Nederland en Vlaanderen. Münster/New York/München/Berlin 2010, S. 19-32
Jaap Grave
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„Crisis? What crisis? Discussies over de humaniora“, in: Tijdschrift voor Nederlandse Taal- en Letterkunde, Jg. 127, Nr. 4, 2011, S. 420-427
Jaap Grave
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„Johannes Franck (1854-1914): de eerste hoogleraar Nederlandse taal- en letterkunde in het Duitse taalgebied“, in: Studium. Tijdschrift voor Wetenschaps- en Universiteitsgeschiedenis. Revue d’Histoire des Sciences et des Universités, Jg. 5, Nr. 4, 2012, S. 207-224
aap Grave