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Simulation stark korrelierter Quantenplasmen unter Berücksichtigung der dynamischen Abschirmung

Antragsteller Dr. Patrick Ludwig
Fachliche Zuordnung Optik, Quantenoptik und Physik der Atome, Moleküle und Plasmen
Förderung Förderung von 2009 bis 2014
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 125319492
 
Erstellungsjahr 2013

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Die Beschreibung von nicht-idealen Vielkomponentenplasmen im Nichtgleichgewicht stellt - selbst bei Vernachlässigung von Quanteneffekten - ein theoretisch äußerst herausforderndes Problem dar. Die theoretischen Grundlage für großskalige Multiskalensimulation zur Untersuchung des dynamischen Korrelationsverhaltens eines makroskopischen dichten Quantenplasmas wurde gelegt. In dieser grundlegenden Arbeit wird der von uns vorgeschlagene rigorose Multiskalenansatz (“Dynamical Screening Approach”) für stark korrelierte Zweikomponenten-Quantenplasmen im Nichtgleichgewicht ausführlich vorgestellt, der die explizite Berücksichtigung von Elektronströmungseffekten ermöglicht. Der Erfolg dieses Ansatzes hängt dabei maßgeblich von der Qualität des verwendeten (Wake-)Potentials ab. In einem zweiten Schritt wurde die Entwicklung eines leistungsfähigen Codes zur hochpräzisen Berechnung des klassischen Wakepotentials vorangetrieben. Um eine hohe Qualität der Wakepotentiale zu gewährleisten, wurden unterschiedliche Implementierungen realisiert und getestet. Bereits ein relativ geringe Plasmaströmung führt zu starken Abweichungen vom statisch abgeschirmten Coulomb-Potential und ruft die Bildung von ausgeprägten oszillierenden Wakestrukturen in Strömungsrichtung hervor. Das dynamisch abgeschirmte Potential in Linear-Response-Näherung wurde für den klassischen Grenzfall ausführlich untersucht und mit den selbstkonsistenten, nicht-linearen 3D PIC-Simulationen von W. Miloch und I. Hutchinson ausgiebig verglichen. Dabei zeigt sich mit und ohne Berücksichtigung von Stößen eine exzellente Übereinstimmung. Die Vergleichsrechnungen mit W. Miloch wurden in einer umfangreichen Vergleichsarbeit publiziert. In einem weiteren Schritt wurde ein Langevin-Dynamik-Code zur Vielteilchensimulation implementiert und dabei umfangreiche Testrechnungen durchgeführt. Bei diesen ersten Multiskalenrechnungen fanden die klassischen Wakepotentiale Anwendung, die zuvor mit sehr hoher numerische Genauigkeit berechnet wurden. Die Simulationen haben es uns ermöglicht, die kollektive Teilchendynamik sowie die spontane Strukturbildung unter dem Einfluss eines strömenden Plasmahintergrunds zu studieren (“proof of concept”). Ausgehend von einem isotropen Yukawa-Potential konnte gezeigt werden, dass bereits das Einsetzen von Wakeeffekten bei geringen Strömungsgeschwindigkeiten einen drastischen Einfluss auf das kollektive Vielteilchenverhalten ausübt. Als klassisches Referenzsystem boten sich Komplexe (“Staubige”) Plasmen an, zu denen experimentelle Daten vorliegen. In unseren Multiskalensimulationen konnten die aus den Experimenten bekannten Grenzfällen reproduziert werden - inklusive der attraktiven Wechselwirkung gleich geladener Plasmakomponenten. Bei diesen Simulationen konnte insbesondere nachgewiesen werden, dass bereits eine moderate Plasmaströmung strukturelle Instabilitäten und damit verbunden Strukturveränderungen sowie Phasenübergänge auslösen kann. Da Quanteneffekte moderat entarteter Elektronen im Allgemeinen eine Korrekur des klassischen Verhaltens darstellen, sind in einem Quantensystem qualitativ ähnliche (Wake-)Effekte zu erwarten. In Anbetracht der Tatsache, dass Strömungseffekte bei der Beschreibung von hochenergetischen dichten Quantenplasmen (mittels DFT, Quanten-Monte-Carlo, etc.) fast ausnahmslos vernachlässigt werden, wird die Bedeutung der vorliegenden Arbeit in Hinblick auf die dynamische Behandlung von Paarkorrelationen offenkundig. Im Rahmen dieses Projekts wurden in Zusammenarbeit mit J. Dufty die theoretischen Grundlagen für die numerische Berechnung des dynamisch abgeschirmten Ionenpotentials für ein entartetes Elektronengas ausgearbeitet. Die numerische Auswertung und Validierung der Rechnungen musste über den Projektzeitraum hinaus verschoben werden. Dennoch konnten auf Basis der Codeentwicklung und der substantiellen theoretischen Fortschritte bei der Entwicklung des Multiskalenansatzes die zentralen Ziele erreicht werden und eine solide Grundlage für die konkrete Anwendung auf dichte Quantenplasmen gelegt werden.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • Dynamics of Strongly Correlated Ions in a Partially Ionized Quantum Plasma, J. Phys. Conf. Series 220, 012003 (2010)
    P. Ludwig, M. Bonitz, H. Kählert, and J.W. Dufty
  • Introduction to Complex Plasmas, Springer Series: Atomic, Optical, and Plasma Physics, Springer, Berlin (2010) ISBN: 978-3-642-10591-3
    M. Bonitz, N. Horing, and P. Ludwig (Eds.)
  • Tuning Correlations in Multi-Component Plasmas, Plasma Phys. Control. Fusion 52, 124013 (2010)
    P. Ludwig, H. Thomsen, K. Balzer, A. Filinov, and M. Bonitz
  • Ion-Streaming Induced Order Transition in 3D Dust Clusters, Plasma Phys. Control. Fusion 54, 045011 (2012)
    P. Ludwig, H. Kählert, and M. Bonitz
  • On the Wake Structure in Streaming Complex Plasmas, New Journal of Physics 14, 053016 (2012)
    P. Ludwig, W.J. Miloch, H. Kählert, and M. Bonitz
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1088/1367-2630/14/5/053016)
  • Wake formation and Wake Field Effects in Complex Plasmas, Contrib. Plasma Phys. 52, No. 10, 804 (2012)
    D. Block, J. Carstensen, P. Ludwig, W.J. Miloch, F. Greiner, A. Piel, M. Bonitz, and A. Melzer
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1002/ctpp.201200030)
 
 

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