Temporal variations in drug metabolism and cellular stress modulated by environmental factors as determinants of idiosyncratic liver toxicity
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Idiosynkratische Hepatotoxizität stellt trotz ihres seltenen Auftretens eine erhebliche Komplikation in der Arzneimittelentwicklung und ‐therapie dar. Die zu idiosynkratischen Reaktionen führenden, komplexen chemischen und biologischen Abläufe sind noch weitgehend unklar. Es wird jedoch vermutet, dass Arzneistoff‐unabhängige Risikofaktoren, wie Krankheiten, Entzündungsreaktionen, Co‐Medikation oder Alkohol, eine wichtige Rolle in der Entstehung idiosynkratischer Arzneimittelreaktionen spielen. Als mögliche Mechanismen werden hierbei eine vermehrte Bildung reaktiver Metabolite des Arzneistoffs bzw. eine veränderte zelluläre Stress‐ und Immunantwort diskutiert. Um tiefere Einblicke in die Bedeutung möglicher Arzneistoff‐unabhängiger Risikofaktoren bei der Entstehung idiosynkratischer Lebertoxizität zu erhalten, wurden der Einfluss verschiedener Stressfaktoren (Lipopolysaccharid und Poly I:C zur Simulation einer bakteriellen bzw. viralen Entzündung sowie Buthionin‐Sulfoximin zur Depletion von Glutathion) auf die Toxizität des Modellarzneistoffs Diclofenac (Dcl) im Rattenmodell untersucht. Dabei wurde geprüft, ob eine durch Co‐Applikation von Arzneistoff und Stressfaktor ausgelöste Leberschädigung mit einer vermehrten Bildung reaktiver Metabolite bzw. mit einer Hochregulation co‐stimulatorischer Faktoren (z.B. Zytokine oder Alarmsignale) einhergeht. Während nach Behandlung von Ratten mit Dcl alleine bzw. Dcl mit PIC oder BSO keine Anzeichen für Hepatotoxizität auftraten, führte die kombinatorische Gabe therapeutischer Dosen Dcl über 7 Tage und einer einmaligen Dosis Lipopolysaccharid (LPS) zu einer massiven Leberschädigung, die mit einer erhöhten Aktivität von Serumtransaminasen einherging. Untersuchungen zur Biotransformation von Dcl mittels LC‐MS/MS zeigten jedoch, dass die gesteigerte Toxizität nicht mit einer vermehrten Bildung reaktiver Metabolite und Dcl‐Acylglucuronid‐abhängiger Proteinaddukte assoziiert war. Diese Daten wurden durch Untersuchungen zur Aktivierung des Nrf2/KEAP1 Systems, einem Sensor für elektrophilen / oxidativen Stress unterstützt. Mit Ausnahme einiger weniger Gene (HO‐1, SOD2, HSP90), die auch durch LPS alleine induziert wurden, führte die kombinatorische Behandlung von LPS/Dcl nicht zu einer gesteigerten Expression von Nrf‐2 Zielgenen. Insgesamt zeigen diese Ergebnisse, dass die durch Co‐Administration von Dcl und LPS vermittelte Lebertoxizität nicht im Zusammenhang mit einer vermehrten Bildung reaktiver Dcl Metabolite steht. Dagegen konnten wir zeigen, dass beide Pathogen‐assoziierte Faktoren (LPS und PIC) zur Aktivierung Stress‐induzierter Signalkaskaden, insbesondere des NFκB‐Signalwegs, führen, die durch Dcl zusätzlich verstärkt wird. Die kombinatorischer Gabe von LPS und Dcl verursachte darüber hinaus eine massive Freisetzung pro‐inflammatorischer Zytokine und Alarmsignale (z.B. IL‐1β, TNF‐α, CINC‐1, HMGB1, LTB4). Zusätzlich wurde eine durch LPS verursachte Induktion einiger anti‐oxidativer, zuytoprotektiver Faktoren (SOD2, TXN1, HSPs) durch Dcl unterdrückt. Insgesamt unterstützen die hier erzielten Ergebnisse ein Modell, wonach Dcl durch Unterdrückung einer durch LPS induzierten Hitzeschockantwort den NFκB Signalweg verstärkt und dadurch die leberschädigende Wirkung von LPS potenziert. Während dieser Mechanismus zumindest teilweise auf der pharmakologischen Wirkung von Dcl beruht, konnten wir mit Hilfe eines proteinmassenspektrometrischen Suchansatzes auch mögliche off‐Target Effekte identifizieren, die darauf hinweisen, dass Dcl selbst im therapeutisch relevanten Dosisbereich latenten mitochondrialen Stress verursacht und dadurch die Leber gegenüber Arzneimittel‐unabhängigen Faktoren sensibilisiert. Zusammenfassend zeigen die im Projekt erzielten Ergebnisse, dass die kombinatorische Gabe einer mehrmaligen, therapeutischen Dosis Dcl und einer einmaligen Dosis LPS als Arzneistoff‐unabhängigem Stressfaktor im Rattenmodell massive Leberschäden entsprechend dem Bild einer idiosynkratischen Arznemittelreaktion verursacht. Obwohl reaktiven Metaboliten eine bedeutende Rolle bei der Entstehung idiosynkratischer Arzneimittelreaktionen zugesprochen wird, zeigen unsere Daten, dass die gesteigerte Toxizität in unserem Arzneimittel/Stressfaktor‐Modell nicht mit der vermehrten Bildung reaktiver Metabolite bzw. Hemmung deren Entgiftung assoziiert ist. Dagegen scheint die durch Dcl verursachte Potenzierung der toxischen Wirkung des Arzneimittel‐unabhängigen Faktors im Zusammenhang zu stehen mit latentem mitochondrialem Stress, einer Hemmung protektiver Faktoren und damit verbundenen Induktion pro‐inflammatorischer Mediatoren.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
- Environmental factors as determinants of idiosyncratic liver toxicity? ‐ Influence of LPS, poly I:C or glutathione depletion on drug metabolism and liver responses to diclofenac. 77. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Experimentelle und Klinische Pharmakologie und Toxikologie, Frankfurt, 2011
Ramm, S. and Mally, A.
- Environmental factors as determinants of idiosyncratic liver toxicity? ‐ Influence of LPS, poly I:C or glutathione depletion on drug metabolism and liver responses to diclofenac. 77. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Experimentelle und Klinische Pharmakologie und Toxikologie, Frankfurt, 2011. Naunyn‐Schmiedeberg´s Arch Pharmacol (2011) Vol. 383 (Suppl 1): 1–112
Ramm, S. and Mally, A.
- Drug‐independent stress factors as determinants of idiosyncratic liver toxicity? Society of Toxicology 51th Annual Meeting, San Francisco, 2012. The Toxicologist, Supplement to Toxicological Science (2012) Vol. 126
Ramm, S. and Mally, A.
- (2013). Role of drug‐independent stress factors in liver injury associated with diclofenac intake. Toxicology 312, 83‐96
S. Ramm and A. Mally
(Siehe online unter https://doi.org/10.1016/j.tox.2013.08.002) - Application of proteomics methods to assess potential biomarker for drug‐induced idiosyncratic liver toxicity in a rat model of LPS/Diclofenac co‐administration (Poster) Society of Toxicology 53th Annual Meeting, Phoenix, 2014. The Toxicologist, Supplement to Toxicological Science (2014) Vol. 128
Ramm, S., Morissey, B., Rooney, C., Pennington, S. and Mally, A.
- Application of a discovery to targeted LC–MS proteomics approach to identify deregulated proteins associated with idiosyncratic liver toxicity in a rat model of LPS/diclofenac co-administration. Toxicology, Volume 331, 4 May 2015, Pages 100-111
S. Ramm, B. Morissey, B. Hernandez, C. Rooney, S. Pennington and A. Mally
(Siehe online unter https://doi.org/10.1016/j.tox.2015.03.004)