Detailseite
Projekt Druckansicht

Temporal variations in drug metabolism and cellular stress modulated by environmental factors as determinants of idiosyncratic liver toxicity

Fachliche Zuordnung Pharmakologie
Förderung Förderung von 2009 bis 2013
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 114278323
 
Erstellungsjahr 2014

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Idiosynkratische Hepatotoxizität stellt trotz ihres seltenen Auftretens eine erhebliche Komplikation in der Arzneimittelentwicklung und ‐therapie dar. Die zu idiosynkratischen Reaktionen führenden, komplexen chemischen und biologischen Abläufe sind noch weitgehend unklar. Es wird jedoch vermutet, dass Arzneistoff‐unabhängige Risikofaktoren, wie Krankheiten, Entzündungsreaktionen, Co‐Medikation oder Alkohol, eine wichtige Rolle in der Entstehung idiosynkratischer Arzneimittelreaktionen spielen. Als mögliche Mechanismen werden hierbei eine vermehrte Bildung reaktiver Metabolite des Arzneistoffs bzw. eine veränderte zelluläre Stress‐ und Immunantwort diskutiert. Um tiefere Einblicke in die Bedeutung möglicher Arzneistoff‐unabhängiger Risikofaktoren bei der Entstehung idiosynkratischer Lebertoxizität zu erhalten, wurden der Einfluss verschiedener Stressfaktoren (Lipopolysaccharid und Poly I:C zur Simulation einer bakteriellen bzw. viralen Entzündung sowie Buthionin‐Sulfoximin zur Depletion von Glutathion) auf die Toxizität des Modellarzneistoffs Diclofenac (Dcl) im Rattenmodell untersucht. Dabei wurde geprüft, ob eine durch Co‐Applikation von Arzneistoff und Stressfaktor ausgelöste Leberschädigung mit einer vermehrten Bildung reaktiver Metabolite bzw. mit einer Hochregulation co‐stimulatorischer Faktoren (z.B. Zytokine oder Alarmsignale) einhergeht. Während nach Behandlung von Ratten mit Dcl alleine bzw. Dcl mit PIC oder BSO keine Anzeichen für Hepatotoxizität auftraten, führte die kombinatorische Gabe therapeutischer Dosen Dcl über 7 Tage und einer einmaligen Dosis Lipopolysaccharid (LPS) zu einer massiven Leberschädigung, die mit einer erhöhten Aktivität von Serumtransaminasen einherging. Untersuchungen zur Biotransformation von Dcl mittels LC‐MS/MS zeigten jedoch, dass die gesteigerte Toxizität nicht mit einer vermehrten Bildung reaktiver Metabolite und Dcl‐Acylglucuronid‐abhängiger Proteinaddukte assoziiert war. Diese Daten wurden durch Untersuchungen zur Aktivierung des Nrf2/KEAP1 Systems, einem Sensor für elektrophilen / oxidativen Stress unterstützt. Mit Ausnahme einiger weniger Gene (HO‐1, SOD2, HSP90), die auch durch LPS alleine induziert wurden, führte die kombinatorische Behandlung von LPS/Dcl nicht zu einer gesteigerten Expression von Nrf‐2 Zielgenen. Insgesamt zeigen diese Ergebnisse, dass die durch Co‐Administration von Dcl und LPS vermittelte Lebertoxizität nicht im Zusammenhang mit einer vermehrten Bildung reaktiver Dcl Metabolite steht. Dagegen konnten wir zeigen, dass beide Pathogen‐assoziierte Faktoren (LPS und PIC) zur Aktivierung Stress‐induzierter Signalkaskaden, insbesondere des NFκB‐Signalwegs, führen, die durch Dcl zusätzlich verstärkt wird. Die kombinatorischer Gabe von LPS und Dcl verursachte darüber hinaus eine massive Freisetzung pro‐inflammatorischer Zytokine und Alarmsignale (z.B. IL‐1β, TNF‐α, CINC‐1, HMGB1, LTB4). Zusätzlich wurde eine durch LPS verursachte Induktion einiger anti‐oxidativer, zuytoprotektiver Faktoren (SOD2, TXN1, HSPs) durch Dcl unterdrückt. Insgesamt unterstützen die hier erzielten Ergebnisse ein Modell, wonach Dcl durch Unterdrückung einer durch LPS induzierten Hitzeschockantwort den NFκB Signalweg verstärkt und dadurch die leberschädigende Wirkung von LPS potenziert. Während dieser Mechanismus zumindest teilweise auf der pharmakologischen Wirkung von Dcl beruht, konnten wir mit Hilfe eines proteinmassenspektrometrischen Suchansatzes auch mögliche off‐Target Effekte identifizieren, die darauf hinweisen, dass Dcl selbst im therapeutisch relevanten Dosisbereich latenten mitochondrialen Stress verursacht und dadurch die Leber gegenüber Arzneimittel‐unabhängigen Faktoren sensibilisiert. Zusammenfassend zeigen die im Projekt erzielten Ergebnisse, dass die kombinatorische Gabe einer mehrmaligen, therapeutischen Dosis Dcl und einer einmaligen Dosis LPS als Arzneistoff‐unabhängigem Stressfaktor im Rattenmodell massive Leberschäden entsprechend dem Bild einer idiosynkratischen Arznemittelreaktion verursacht. Obwohl reaktiven Metaboliten eine bedeutende Rolle bei der Entstehung idiosynkratischer Arzneimittelreaktionen zugesprochen wird, zeigen unsere Daten, dass die gesteigerte Toxizität in unserem Arzneimittel/Stressfaktor‐Modell nicht mit der vermehrten Bildung reaktiver Metabolite bzw. Hemmung deren Entgiftung assoziiert ist. Dagegen scheint die durch Dcl verursachte Potenzierung der toxischen Wirkung des Arzneimittel‐unabhängigen Faktors im Zusammenhang zu stehen mit latentem mitochondrialem Stress, einer Hemmung protektiver Faktoren und damit verbundenen Induktion pro‐inflammatorischer Mediatoren.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

Zusatzinformationen

Textvergrößerung und Kontrastanpassung