Digitalisierung des Nachlasses von Konrad Zuse - Bereitstellung im Internet und inhaltliche Auswertung
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Die Veröffentlichung der Dokumente im Konrad Zuse Internet Archive ist erfolgreich vollzogen worden. Durch die Publikation im Internet und der damit verbundenen öffentlichen Verfügbarkeit der Digitalisate und Metadaten ist ein wichtiger Schritt in der Ermöglichung von Forschungsarbeiten zu Konrad Zuse auf Grundlage seines Nachlasses erreicht worden. Dem Nachlassbestand Konrad Zuse kommt eine für die Forschung überregional besondere Bedeutung zu und seine digitale Verfügbarkeit lässt eine Stimulierung und Stärkung wissenschaftlicher Forschung zur Computer- und Informatikgeschichte und zu Konrad Zuse weltweit und im Speziellen in Deutschland erwarten. Mit der Verknüpfung der Katalogisate der Nachlasseinheiten mit den gescannten Dokumenten wird eine Forschungsressource geschaffen, die künftige Forschungen zu Zuse erst ermöglicht. Erstmals ist es nun möglich, die frühen Zuse-Rechenmaschinen in ihrer Bau- und Funktionsweise wissenschaftlich zu untersuchen. Es wurden zusätzliche Nebenprojekte wie z.B. ein Panorama des Nachbaus der ersten und wichtigsten Rechenmaschine von Konrad Zuse realisiert. Dieses 360°-Objektpanorama ermöglicht den direkten Vergleich der Pläne aus dem Nachlass mit der realisierten Rechenmaschine. Eine noch tiefergehende inhaltliche Auswertung des Bestands ist aufgrund des Umfangs des Materials und der bereits in unserem letzten Sachstandsbericht genannten Schwierigkeiten als langwierig einzuschätzen und würde höchstwahrscheinlich mehrere Jahre in Anspruch nehmen. Problematisch bei der Untersuchung der Dokumente war, dass zum Teil mehrfache Ausfertigungen von Werken vorliegen und eklatante Unterschiede zwischen Originalen und Kopien gegeben sind (Korrekturen, Überarbeitungen, Ausradierungen, Streichungen, Verwerfungen, veränderte Zuordnungen und Bezeichnungen). Dadurch ist es zum Teil unklar, welche technischen Pläne die Grundlage der Realisierung einer Rechenmaschine gewesen sind. Auch dadurch, dass häufig mehrere Mitarbeiter an einem Dokument gearbeitet haben (erkennbar an Unterschriften, Stempeln und Handschriften), sind uneinheitliche Arbeitspraktiken und ungenügend dokumentierte Abkürzungen, Bezeichnungen und Semantiken gegeben. Es bestehen auch Uneindeutigkeiten wie zum Beispiel durch die doppelte Vergabe von Bezeichnungen wie Bauteilnummern, die die Nachvollziehbarkeit erheblich erschweren. Als ein besonderes Problem hat sich im Laufe des Projekts herausgestellt, dass Zuse viele seiner Schriften erst viele Jahre später datiert hat, was zu einer wissenschafts- und technikhistorisch schwierigen Einordnung führt. Darüber hinaus hat Konrad Zuse kaum etwas zu der Funktionsweise seiner Maschinen dokumentiert und auch seine Mitarbeiter haben sich, wenn überhaupt, nur auf einzelne Teile oder Aspekte von Maschinen bezogen. Jedoch sind viele Dokumente aus Zuses Nachlass bei genauerer und vergleichender Analyse äußerst interessant und machen es möglich, die fragmentarischen und verteilten Informationen zu verknüpfen, um so zum Beispiel das Gesamtkonzept einer Maschine zu verstehen. Besonders die Unterlagen zu Zuses erster Rechenmaschine, der sogenannten Z1, sind für die Forschung besonders wichtig, da seine folgenden Maschinen stark auf den Strukturen der Z1 aufbauten und ähnliche abstrakte logische Schaltungen besaßen. Es ist im Rahmen des Projekts bereits gelungen, fast die gesamten Schaltungen der Z1 zu durchdringen, was zuvor noch niemand in Gänze gelungen ist. Dies umfasst unter anderem die logischen Beziehungen der Blöcke und einzelner Bauteile untereinander. Insbesondere das Herzstück der Rechenmaschine, die sogenannte Mikroprogramm-Einheit, welche die gesamte Maschine intern steuert, ist von besonderer Bedeutung. Die GMD hat in den 1980er Jahren nur einen kleinen Teil, nämlich nur ca. 10% des Nachlasses, erfasst. Die nun mehr als 14.000 im neuen Konrad Zuse Internet Archive verfügbaren Manuskriptseiten geben den Anschein, dass in ihnen bei tieferer Analyse noch sehr interessante Informationen zum Werk und zur Arbeitsmethodik von Zuse zu finden sind. Vor allem die gemeinsame und vergleichende Untersuchung der technischen Pläne und der Manuskripte ließe neue Erkenntnisse erwarten. Es erscheint demnach sehr lohnenswert, die inhaltliche Analyse der Nachlassdokumente fortzusetzen und zu vertiefen. Nach Erarbeitung konkreter Forschungsergebnisse bietet es sich an, diese aufgebaute Expertise zu nutzen und die Forschungsarbeit weiterzuführen. So könnte nach eingehender Untersuchung des vorliegenden Dokumentenmaterials eine umfangreiche Publikation herausgegeben werden, in der beispielsweise die Funktionen der Z1, vor allem die internen Befehlsstrukturen und Steuerungen, umfassend beschrieben werden.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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100 Jahre Konrad Zuse. Einblicke in den Nachlass. München 2010
Füßl, Wilhelm
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Kurz berichtet: Konrad Zuse, in: ARCHIV-info 11, 2010, H. 1, S. 6-7
Füßl, Wilhelm
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Zuse und Turing: Der Draht des Mephistopheles, 21.12.2011, in: Telepolis
Rojas, Raúl
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Sonderausstellung und Symposium „100 Jahre Konrad Zuse“, in: Archive in Bayern 7, 2012, S. 508-510
Füßl, Wilhelm
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The Konrad Zuse Internet Archive Project, Making the History of Computing Relevant, in: IFIP Advances in Information and Communication Technology Volume 416, 2013, S. 89-95
Röder, Julian / Rojas, Raúl / Nguyen, Hai
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Die Prozessorarchitektur der Rechenmaschine Z1, in: Informatik-Spektrum, August 2014, Volume 37, Issue 4, S. 341-347
Röder, Julian / Rojas, Raúl / Nguyen, Hai
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Konrad Zuse und der bedingte Sprung, in: Informatik-Spektrum, Februar 2014, Volume 37, Issue 1, S. 50-53
Rojas, Raúl