Modellierung und Simulation des instationären, mehrdimensionalen Mehrkomponenten-Gastransports in porösen Medien
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Das geförderte Vorhaben konzentrierte sich auf die Entwicklung mathematisch-physikalischer Modelle zur Beschreibung des Mehrkomponenten-Gastransports in meso- und mikroporösen Medien unter anisobaren und instationären Randbedingungen. Zusätzlich wurde der mit der Gasbewegung gekoppelte Wärmetransport berücksichtigt. Die Basis der Modellierung bilden die für jede Gasgemisch-Komponente spezifisch formulierten und miteinander gekoppelten fluiddynamischen Erhaltungsgleichungen für Masse und Impuls. Durch Erweiterung um effektive Wandreibungsterme konnte daraus zunächst ein Modell abgeleitet werden, welches die Beschreibung des makroskaligen Gastransports in homogenen porösen Bereichen unabhängig von der Porengröße erlaubt. Damit können die Mehrkomponenten- Diffusion und die komponentenspezifische Wandreibung in Mikroporen simultan abgebildet werden. Dies stellt einen wesentlichen Fortschritt gegenüber den häufig verwendeten Konvektions-Diffusions-Gleichungen dar. Gegenüber den ebenfalls oft angewandten erweiterten Maxwell-Stefan-Diffusionsgleichungen besteht der Fortschritt in der besseren Abbildung dynamischer Effekte, da insbesondere die Massenträgheit und sowie der konvektive Impulstransport in den erarbeiteten Modellen abgebildet werden. Die Anwendung komponentenspezifischer Gleitrandbedingungen ermöglicht darüber hinaus die direkte numerische Simulation des Gastransports in volumetrisch aufgelöst dargestellten, mesoskaligen Porennetzwerken. Im Gegensatz zur Verwendung effektiver, querschnittsbezogener Wandreibungsterme entfällt hierdurch die ansonsten notwendige Modellparametrierung. Es ist so möglich, die Gasbewegung in porösen Regel- oder Zufallsstrukturen zu untersuchen. Letztere wurden im Rahmen dieses Forschungsvorhabens mit Hilfe eines kommerziellen Strukturgenerators virtuell erzeugt und umfassend charakterisiert. Der instationäre Wärmetransport wird in Form einer die Gasphase und die Feststoffmatrix umfassenden Energiebilanz berücksichtigt. Basierend auf der Annahme eines lokalen thermodynamischen Gleichgewichts ist sie eine Funktion der lokalen, komponentenspezifischen Geschwindigkeiten sowie des lokalen Feststoffvolumenanteils. Das derart erweiterte Modell stellt eine konsistente Erweiterung des isothermen Mehrkomponenten-Gastransportmodells dar. Die miteinander gekoppelten, partiellen Differenzialgleichungen zur Beschreibung des Stoffund Wärmetransports wurden unter Verwendung benutzerdefinierter Unterprogramme in ein kommerzielles Strömungssimulationsprogramm implementiert. Dadurch konnte erreicht werden, Finite-Volumen-Gitter, die mit einer Vielzahl von kommerziell sowie frei erhältlichen Programmen erstellt werden können, zur numerischen Darstellung der zu untersuchenden Strömungsgebiete nutzbar zu machen. Dadurch ist es möglich, die instationären Stoff- und Wärmetransportvorgänge sowohl in komplex aufgebauten Gesamtapparaten als auch in unstrukturierten Porennetzwerken nahezu ohne Einschränkung bezüglich der geometrischen Form mehrdimensional abzubilden und zu berechnen. Die Überprüfung der Modelle erfolgte weitgehend anhand von Vergleichen mit experimentell gewonnenen Ergebnissen aus der Literatur. Das Gastransportmodell wurde so anhand eines transienten Diffusionsvorgangs in einem ternären Gasgemisch validiert. Weiter erfolgte die Validierung der Energiegleichung anhand der Untersuchung des Wärmeübergangs an ein zwischen zwei gekühlten Wänden strömendes Gasgemisch. Die darüber hinaus durchgeführten Berechnungen des mikroskopischen Bewegungsverhaltens von Gasgemischen in Porenstrukturen generieren zum einen detaillierte Kenntnisse zu den messtechnisch kaum erfassbaren, mikroskaligen Bewegungsfluktuationen in Porennetzwerken unter Nicht-Kontinuumsbedingungen. Zum anderen konnte gezeigt werden, dass sich aus den berechneten Geschwindigkeitsfeldern zusätzlich die in den effektiven, makroskopischen Wandreibungstermen enthaltenen Strukturparameter ableiten lassen. Das im Rahmen dieses Projektes entwickelte mathematisch-physikalische Simulationsmodell, das in das kommerzielles Strömungssimulationsprogramm FLUENT eingebunden wurde, kann als Auslegungshilfe für Apparate der chemischen und thermischen Verfahrenstechnik, der Energietechnik sowie für spezielle Anwendungen, beispielsweise im Bereich der Abgassensorik, genutzt werden. Die Anzahl kosten- und zeitintensiver experimenteller Untersuchungen, die zur Charakterisierung und Auslegung solcher Apparate benötigt werden, kann damit deutlich reduziert werden. Bei Betrachtung von Prozessen der chemischen Reaktionstechnik erlaubt die offene Programmstruktur weiterhin die direkte Kopplung des Gas- und Wärmetransportmodells mit mathematischen Modellen der Reaktionskinetik. Dadurch können sowohl der Reaktionsablauf als auch die Wechselwirkungen mit dem Gastransport räumlich aufgelöst abgebildet werden. Zusätzlich ermöglicht die eingeführte Energiegleichung auch die Berücksichtigung der Wärmetönung chemischer Reaktionen, z.B. zur Lokalisierung von "Hot-Spots" bzw. von Zonen mit unzureichender Wärmezufuhr. Numerische Simulationen ermöglichen in der Regel einfache Änderungen von Geometrie, Rand- und Betriebsbedingungen. Im Vergleich dazu sind experimentelle Untersuchungen und insbesondere die mit Geometrieänderungen verbundenen Umbauten oder gar Neukonstruktionen langwierig und mitunter sehr teuer. Somit eröffnet die numerische Berechnung die Möglichkeit, eine sehr große Zahl unterschiedlicher Prozessführungen schon frühzeitig im Entwicklungsprozess zu bewerten. Dadurch können Optimierungspotenziale erkannt, quantifiziert und bei der anschließenden Prototypenentwicklung umgesetzt werden. Offene Fragen bestehen bezüglich der Bestimmung der anpassbaren Modellparameter im Zusammenhang mit der makroskaligen Modellierung. Es ist noch nicht hinreichend geklärt, inwiefern diese geometrisch begründeten Strukturparameter auch von den Betriebsbedingungen wie Druck, Temperatur und Stoffdurchsatz abhängig sind. Dies ist jedoch ein generelles Problem aller makroskopischen Stofftransportmodelle bei Anwendung auf poröse Medien. Schwierigkeiten bei der Parameteranpassung treten insbesondere dann auf, wenn der untersuchte Gegenstand oder Apparat sowohl poröse als auch nicht poröse Bereiche bzw. mehrere, unterschiedlich strukturierte poröse Bereiche aufweist. Messbare globale Prozessgrößen können in solchen Fällen nicht eindeutig den Eigenschaften einer einzelnen porösen Zone zugeordnet werden. Hier sind begleitende, gezielt durchgeführte experimentelle Untersuchungen der eingesetzten porösen Materialien von essentieller Wichtigkeit. Die Verwendung des Modells zur Charakterisierung der Gasbewegung in mikrostrukturierten Porennetzwerken mittels direkter numerischer Simulation besitzt Grundlagencharakter. Auf dieser Größenskala sind Untersuchungen auf experimentellem Weg wegen fehlender optischer Zugänglichkeit in aller Regel nicht möglich. Das Potenzial der numerischen Untersuchungsmethode, diese Lücke zu schließen, wurde anhand virtuell erzeugter Zufallsgeometrien aufgezeigt. Die Aufgabe zukünftiger Grundlagenuntersuchungen besteht in der Erarbeitung geeigneter Methoden zur digitalen und für die Finite-Volumen-Gitter verwertbaren Abbildung realer Porenstrukturen.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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Fully coupled modeling of transient, non-isothermal and multi-component gas flow and diffusion in complex fluid domains. Proc. of 18th Intl. Congress of Chemical and Process Engineering, CHISA Prag, 2008
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Modellierung und Simulation von Stoff- und Wärmetransport in Abgassensoren basierend auf dem Euler-Euler-Ansatz. ProcessNet „CFD“, Bad Dürkheim, 2009
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Impuls-, wärme- und Stoffaustausch in Abgassensoren bei motorischen Betriebsbedingungen. Chem. Ing. Tech. 82, 2010
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Numerische Berechnung der Signalentstehung in Lambdasonden mit einem fluiddynamischen Ansatz. ProcessNet, Wärme und Stoffübertragung, Hamburg, 2010
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Numerische Untersuchungen des Stofftransports und der Signalentstehung in Lambdasonden, Logos Verlag Berlin, 2010
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Numerische Simulation von Mehrkomponenten-Diffusion mit Gleitströmung in mikroporösen Medien. Chem. Ing. Tech. 83, 2011