Strukturelle Änderungen, zeitliche Entwicklung von Schädigungsparametern und Rissausbreitungsverhalten in geschweißten thermoplastischen Bauteilen
Final Report Abstract
Das stabile Risseinleitungs- und Rissausbreitungsverhalten von bruchmechanischen Prüfkörpern, die aus unterschiedlichen polyolefinen Werkstoffen (PE100, PE80 und PP-Werkstoffen) bestehenden Kunststoffrohren entnommen wurden, wurde auf Basis fließbruchmechanischer Konzepte unter Einbeziehung der Rissausbreitungskinetik umfassend experimentell bewertet. Dabei wurde der Einfluss von Prüfkörperform, Orientierung, Schweißung und Beanspruchungsgeschwindigkeit auf das Risswiderstands(R)-Verhalten dieser Werkstoffe untersucht. Grundsätzlich wurde gefunden, dass Prüfkörperform, Orientierung und Schweißung zwar einen, jedoch unerwartet kleinen Einfluss auf das Rissinitiierungs- und besonders auf das Rissausbreitungsverhalten haben. Ein eindeutiger systematischer Einfluss der Prüfkörperkonfiguration auf das bruchmechanische Verhalten konnte innerhalb der einzelnen Gruppen von R-Kurven nur zwischen den Prüfkörpern, die auf Zug beansprucht wurden (SENT-Prüfkörper), und der Gruppe der auf Biegung beanspruchten Prüfkörper festgestellt werden, nicht jedoch zwischen den einzelnen Biegeprüfkörpern selbst, was in Widerspruch zu Literaturergebnissen steht. Die gefundenen höheren Rissausbreitungswerte für SENT-Prüfkörper sind durch die geringere plastische Verformungsbehinderung begründbar, was sich in der in der Höhe der T- Spannungen widerspiegelt. Die in dieser Studie gegebenen Darstellungen erlauben im Rahmen der mehrparametrigen Bruchmechanik (wie dem J–T "Locus") über die Ermittlung der T-Spannungen für ein konkretes Bauteil die Abschätzung der zugehörigen Kurzzeitbruchzähigkeitskennwerte und damit die direkte Übertragung von Laborkennwerten auf Bauteile, was bisher für Kunststoffe und vergleichbare Materialien nur selten angewendet worden ist. Ein weiterer Ansatz zur Übertragung von Laborkennwerten auf Bauteile besteht in der Berücksichtigung der Rissausbreitungskinetik, wobei deren Einbeziehung eine Abschätzung der Rissausbreitungsgeschwindigkeit und damit (in gewissen Grenzen) auch der Mindestlebensdauer zulässt. Die Rissinitiierungszähigkeit ist werkstoffunabhängig zumeist nicht orientierungssensitiv, während die Rissausbreitungszähigkeit signifikant durch die Orientierung beeinflusst wird mit den höheren Werten bei Rissausbreitung senkrecht zur Extrusionsrichtung. Das bestätigt, dass das stabile Rissausbreitungsverhalten stärker als das stabile Risseinleitungsverhalten durch die Morphologie (in diesem die Orientierung) beeinflusst wird. Weiterhin wurde die Ermittlung von R-Kurven an SENB-Prüfkörpern, die aus PP-Werkstoffen bestehenden Zweischichtrohrabschnitten entnommen wurden, in die Untersuchungen einbezogen. Die Rissausbreitung erfolgte dabei einerseits von der Innen- oder Außenschicht oder von der Mittelschicht in Richtung der jeweiligen Grenzfläche. Dabei zeigte sich, dass die zweite Schicht einen deutlichen Einfluss auf das R-Kurvenverhalten im Vergleich zur Rissausbreitung in Einschichtrohren hat, was auf die Beeinflussung der Querdehnungsbehinderung durch die zweite Schicht erklärt werden kann. Die erhöhte bzw. verringerte plastische Querdehnungsbehinderung findet ihre Widerspieglung im Anstieg der R-Kurven und damit verbunden ebenfalls den R-Kurvenparametern. Dementsprechend nimmt der Widerstand gegen stabile Rissausbreitung entweder ab oder zu; ob eine Zuoder Abnahme im Vergleich zu Einschichtsystemen beobachtet wird, hängt nur vom Verhältnis der Widerstände der beiden Schichten gegen plastische Verformung ab. Ein vergleichbares Ergebnis wurde in der Literatur ausgehend von Konzepten der Linear-Elastischen Bruchmechanik durch numerische Simulationen auf Basis der Finite Elemente Methode gefunden, nur das hierbei die Zuoder Abnahme des Spannungsintensitätsfaktors mit dem Steifigkeitsverhältnis der Schichten korreliert. Zur Verdeutlichung der zähigkeitserhöhenden oder -vermindernden Wirkung einer zweiten Schicht mit einem von der Schicht, in der der Rissausbreitungsprozess stattfindet, abweichendem mechanischen Eigenschaftsprofil wurden R-Kurvenverhältnisse eingeführt, die zeigten, dass die Asymmetrie der mechanischen Eigenschaften der unterschiedlichen Schichten unmittelbar in einer asymmetrischen Beeinflussung des stabilen Risseinleitungs- und -ausbreitungsverhaltens reflektiert wird. Außerdem wurden Untersuchungen zu den ort- und zeitsaufgelösten mechanischen Eigenschaften (Mikroeindringversuch und Laserextensometrie) und zum Kurzzeitbruchverhalten an Prüfkörpern durchgeführt, die mittels Heizelementstumpfschweißens verbundenen Rohrabschnitten entnommen wurden. Die innerhalb der Schweißnaht vom sonstigen Rohr abweichende Orientierung senkrecht zur Extrusionsrichtung konnte durchlichtmikroskopisch an Dünnschnitten unter Verwendung polarisierten Lichts detektiert werden. DSC-Analysen ergaben bei optimierten Schweißbedingungen einen in der Schweißnaht im Vergleich zum Grundwerkstoff höheren Kristallinitätsgrad, der die Ursache der eindeutigen Erhöhung des Eindringmoduls und der Martenshärte im Bereich der Schweißnaht ist. Während eine Verringerung des Schweißdrucks bzw. eine Erhöhung der Schweißtemperatur keine Auswirkungen auf den Steifigkeitsverlauf über die Schweißnaht im Vergleich zu den optimierten Schweißbedingungen haben, ist bei höherem Druck und geringerer Temperatur ein deutlicher Effekt zu erkennen. Ein höherer Druck resultiert, bedingt durch verstärkte Fließprozesse, in einer weniger breiten Steifigkeitsüberhöhung. Eine verringerte Temperatur führt dazu, dass die Schweißnaht mittels Mikroeindringversuchen nicht mehr detektierbar ist. Die in der Schweißnaht gefundene lokale Erhöhung der Werkstoffsteifigkeit korrespondiert mit einer lokalen, jedoch nicht durch die Schweißbedingungen beeinflussten Dehnungsbehinderung während der Zugbeanspruchung. Die sich an künstlichen Defekten während der Beanspruchung entwickelnden ausgeprägten Dehnungsüberhöhungen überdecken Effekte der Schweißnaht vollständig und sind somit, anders als die Schweißnaht, als kritisch für die Bruchsicherheit zu werten. In Überstimmung mit den Ergebnissen des Mikroeindringversuchs ergibt auch der Widerstand gegen stabile Rissausbreitung aus den bruchmechanischen Untersuchungen, dass ein niedrigerer Schweißdruck bzw. eine höhere Schweißdruck keinen oder einen positiven Effekt auf das mechanische und bruchmechanische Eigenschaftsprofil haben, während ein höherer Druck bzw. eine niedrigere Temperatur zu einer Verschlechterung der Performanz der Schweißverbindung führen.
Publications
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(See online at https://doi.org/10.4028/www.scientific.net/KEM.488-489.158) - Crack propagation in a welded polyolefin pipe. International Journal of Structural Integrity 3 (2012) 148-157
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