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"Ästhetische Komplizenschaft"? Die rechtsextreme Symbolik der NPD in der politischen Fernsehberichterstattung

Fachliche Zuordnung Publizistik und Kommunikationswissenschaft
Förderung Förderung von 2008 bis 2011
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 84006307
 
Erstellungsjahr 2012

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Das Forschungsprojekt hat die Darstellung der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD) in der politischen Berichterstattung des öffentlich-rechtlichen Fernsehens untersucht; im Fokus stand dabei die in der Berichterstattung vorkommende rechtsextreme Symbolik. Anlass war die These von der sogenannten „ästhetischen Komplizenschaft“ (Weiß 2004) des Journalismus – diese bestehe darin, dass Journalisten in nicht-intendierter Weise die Bemühungen der NPD um öffentliche Aufmerksamkeit und strategische Selbstdarstellung begünstigen. Mittels einer Inhaltsanalyse (Vollerhebung) der politischen Berichterstattung der öffentlichrechtlichen Fernsehsender vom 01. August 2004 bis 31. Juli 2008 wurde zunächst die Art und Weise journalistischer Symbolverwendung für jeden einzelnen der untersuchungsrelevanten 321 Beiträge sequenzgenau erhoben und in einem komplexen quantitativ-qualitativen Verfahren analysiert. Anschließend ist unter den Journalisten der untersuchten Beiträge eine Onlinebefragung durchgeführt worden, um die Problematik des Umgangs mit rechtsextremer Symbolik zu ergründen. Die Beteiligung der Journalisten an der Befragung war allerdings gering (Rücklaufquote 17,4%), so dass keine empirisch belastbaren Aussagen generiert werden konnten. Auf der Basis dieser empirischen Untersuchungen ist schließlich ein Seminarkonzept „Strategien zum Umgang mit rechtsextremer Symbolik“ für journalistische Weiterbildungen konzipiert und geplant worden, das allerdings wegen völligen Desinteresses seitens der 138 angefragten Journalisten wieder abgesagt werden musste. Um eine differenzierte Einschätzung der Art und Weise journalistischer Symbolverwendung zu gewinnen, wurde ein komplexes mehrmethodisches inhaltsanalytisches Verfahren entwickelt, das qualitative wie quantitative Analyseschritte miteinander verknüpfte. Die zentrale theoretische Prämisse der Studie lautet, dass ein Symbol immer nur innerhalb seines bedeutungszuweisenden Kontexts identifiziert und gedeutet werden kann. Auf Grundlage der semantischen Verdichtung sämtlicher 3364 Sequenz- resp. Kontextbeschreibungen aus allen 321 Beiträgen konnten 77 unterschiedliche Kontexte identifiziert werden. Die Symbolverwendung ist je nach Kontext, in dem sie stattfindet, in ganz unterschiedlicher Weise ausgeprägt. Fernsehbeiträge lassen sich in der überwiegenden Mehrheit daher nicht pauschal auf eine einzige Symbolverwendung reduzieren, sondern bestehen aus mehreren Kontexten mit je unterschiedlicher Symbolverwendung. Das hat Folgen für die Betrachtung der Symbolverwendung: Aussagen zur journalistischen Symbolverwendung sollten nicht generalisierend über einen gesamten Beitrag getätigt werden, sondern die Vielfalt der Kontexte berücksichtigen. Aufgrund dieser Vielfalt ist in der Regel davon auszugehen, dass Beiträge nicht stereotyp berichten. Festzuhalten ist aber auch, dass einige Kontexte eine vergleichsweise höhere Wahrscheinlichkeit für eine bestimmte, die strategische Selbstdarstellung der NPD begünstigende bzw. stereotype Symbolverwendung aufweisen – dazu zählt etwa der Kontext rechtsextremer Demonstrationen. Je nachdem, wie häufig oder wiederholt derartige Kontexte innerhalb eines Beitrags thematisiert werden, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass für den Beitrag insgesamt eine eher stereotype Symbolverwendung zu verzeichnen ist. Als Fazit ist dennoch festzuhalten, dass die These der ‚Ästhetischen Komplizenschaft‘ zumindest in dieser Pauschalität nicht aufrechtzuerhalten ist.

 
 

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