Untersuchungen zur Struktur der Stabilisationsschichten in kolloidalen Arzneistoffträgersystemen mittels neuartiger Computersimulationen sowie Röntgen- und Neutronen-Kleinwinkelstreuung
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Die verwendete XPPSA Methode ist besonders für die Simulation von Kleinwinkeldiffraktogrammen von kristallinen Nanopartikeln geeignet, welche Braggpeaks innerhalb des Kleinwinkelbereiches zeigen. Insbesondere ist sie für Suspensionen von sehr dünnen plättchenförmigen Nanokristallen geeignet, die aufgrund ihrer geringen Anzahl von Einheitszellen stark verbreiterte Braggreflexe aufweisen. Mit Hilfe der XPPSA Methode kann dabei die Dickenverteilung der Plättchen sowie die Dicke und die Streukontraste einer die Kristalle umgebenden Stabilisatorschicht bestimmt werden. Konkret konnte durch Kombination von Röntgen- und Neutronenkleinwinkelstreuung (SAXS bzw. SANS) mit einer verbesserten Variante der XPPSA Methode anhand von DOPC oder Sojabohnenlecithin (S100) stabiliserten niedrig konzentrierten Tripalmitinsuspensionen gezeigt werden, daß die Phospholipidmoleküle die plättchenförmigen Tripalmitinkristalle an deren Grenzfläche zum wässrigen Dispersionsmedium mit einer ca. 12 Å dicken Schicht gechlossen überdecken. Die dem Wasser zugewandten Kopfgruppen der Phospholipidmoleküle sind dabei gegenüber der Oberfläche flach angeordnet und sind von Wassermolekülen umgeben. Die dem Tripalmitin zugewandten Azylketten sind entweder ebenfalls unter einem flachen Winkel zur Oberfläche geneigt oder aufgrund deren ungesättigter Fettsäuren abgeknickt. Es zeigte sich, daß für die Untersuchung der strukturellen Anordnung der Phospholipidmoleküle in der Stabilisatorschicht sowohl SAXS als auch SANS Daten nötig sind, um über die gefitteten Elektronen- und Neutronenstreulängendichten sowie Dicken der Stabilisatorschicht Modelle auf sinnvolle Art und Weise testen zu können. Dabei waren die SANS Daten essenziell um eine belastbare Abschätzung der Schichtdicke der Kopfgruppenregion zu bestimmen. Eine Auswertung alleine mit den SAXS Daten führt wie eine vorangegangene SAXS-Studie zeigt zu zu großen Werten für die Schichtdicke der Kopfgruppenregion. Volumetrische Abschätzungen für die Dicke der Stabilisatorschicht stimmen gut mit den mittes der XPPSA-Methode bestimmten 12 Å überein. Bislang konnten noch nicht, auf Basis der vorliegenden SAXS und SANS Daten, die Anordnung von gesättigten Phospholipidmolekülen wie DMPC, DPPC oder DSPC in der Stabilisatorschicht von Tripalmitinsuspensionen sicher geklärt werden, da deren Streukurven trotz zahlreicher Strukturvorschläge bislang noch nicht reproduziert werden konnten. Neben den niedrig konzentrierten Tripalmitinsuspensionen konnten auch die SAXS und SANS Streukurven für Tripalmitinsuspensionen mit höheren Konzentrationen, bei welchen die Streukurven durch die Bildung von Stapeln aus einzelnen Plättchen durch ein zusätzliches Interferenzmuster moduliert werden, gut durch die Simulationsmethode simultan reproduziert werden. Außer der Untersuchung zur Adsorption von Stabilisatormolekülen könnte die XPPSA Methode in Zukunft auch für Untersuchungen zum Adsorptionsverhalten von anderen bioaktiven Molekülen wie Peptiden, Proteinen und Polyeleku a trolyten an den fest-flüssig Grenzflächen von kristallinen Lipidnanopartikeln verwendet werden. Die komplizierten SAXS und SANS Streukurven von mit DNA versetzten und zuvor kationisch oberflächenmodifizierten Tripalmitinsuspensionen konnten bereits mit der XPPSA Methode qualitativ gut reproduziert werden wobei die Vergrößerung der Stabilisatorschicht erste Hinweise auf eine Kondensation der DNA zwischen den Partikeln lieferte. Für die durchgeführten Untersuchungen waren zahlreiche Erweiterung und Verbesserung an der ursprünglichen XPPSA Methode notwendig. Die Erweiterung der Methode auf Neutronenstreuung, eine verbesserte Pulvermittelung, die Berechnung der Streuintensitäten auf einer absoluten Skala und eine um mehrere Größenordnungen verbesserte Rechengeschwindigkeit sind als die wichtigsten Verbesserungen zu nennen. Die Erhöhung der Rechenleistung ist aufgrund einer effizienteren Berechnung der Streukurven, der Möglichkeit die Elektronen- und Neutronenstreulängendichten der Stabilisatorschicht und des Dispersionsmediums nach den Simulationen fitten zu können sowie der Parallelisierung des Programmcodes und dem damit verbundenen Einsatz von Computerclustern gelungen.