Fußballenthusiasmus: Die Anfänge des Fußballs in Lateinamerika als transnationales Phänomen - Argentinien, Brasilien und Uruguay im Vergleich, 1867-1930
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Das von der DFG geförderte Teilprojekt „Fußballenthusiasmus: Die Anfänge des Fußballs in Lateinamerika als transnationales Phänomen - Argentinien, Brasilien und Uruguay im Vergleich, 1867-1930" beschäftigte sich mit der Entstehung transnationaler Öffentlichkeiten und Identitätskonstruktionen im Rahmen der globalen Verbreitung des modernen Fußballs. Über die Auswertung der neuen Sportmedien sollten verschiedene Akteursgruppen identifiziert werden, die sich über den Fußball zum einen stärker in globale Zusammenhänge eingebettet wahrnahmen, zum anderen den globalisierten Fußball für stärkere Abgrenzungen nutzten. Für Argentinien, Uruguay und Brasilien wurde herausgearbeitet, welche Rolle die Aneignung des Fußballs für Projekte nationaler Erneuerung und Moralisierung, zur Verhandlung „rassischer Identitäten" und regionaler Überlegenheiten spielte. Auch wenn es in erster Linie nationale Vorhaben waren, konnten sie erst vor dem Hintergrund eines transnationalen Austauschs von Ideen, Körperbildern und der Interaktion von Sportlern einen Sinn ergeben. Fußballanhänger und Rezipienten einer transnational agierenden Presse nahmen an einem über nationale Grenzen hinausgehenden Dialog teil. Der transnationale Sport bot vor allem durch die sinnstiftende Funktion der Sportpresse einem urbanen Massenpublikum eine neue kulturelle Ausdrucksform, über die es auch Forderungen stellen oder Missstände benennen konnte. Zugleich bot er Eliten Zugang zu sozialen Gruppen, um diese zu in einem breiter angelegten Nationalisierungsprojekt zu erziehen - in dieser Hinsicht wurden mit dem Fußball Werte verbunden, die man mit einem zivilisierten Europa in Verbindung brachte. Im Fußball und seinen vielfältigen Aneignungen drückten sich urbane gesellschaftliche Veränderungen und Ausdifferenzierungen aus. Zugleich war er eine Möglichkeit, mit den sich wandelnden Beziehungen zwischen sozialen Gruppen im urbanen Raum umzugehen. Von einem unidirektionalen Transfer und einem einseitigen „Kulturimperialismus" kann nicht gesprochen werden.