Kulturelles Erbe zwischen Souveränität indigener Gruppen, Staat und internationalen Organisationen am Beispiel Indonesiens
Final Report Abstract
Das Forschungsprojekt stellt zweifellos die profundeste Studie zur nationalen und regionalen Organisation einer Indigenen-Bewegung am Beispiel der indonesischen AMAN (Aliansi Masyarakat Adat Nusantara) und ihrer vielfältigen Vernetzungen dar und kann entsprechende Resultate vorlegen: 1) Es konnte gezeigt werden, dass AMAN als nationale Organisation ganz wesentlich von der UN-Erklärung über Rechte indigener Völker und die UNESCO-Konvention betreffend den Schutz des Ausdrucks kultureller Vielfalt geprägt ist. Die wichtigsten Akteure greifen auf die Konzepte und Ziele dieser Übereinkommen zurück und haben sie auf indonesische Verhältnisse umformuliert und angewendet. Die nationale Organisation ist zentral für die Kommunikation mit regionalen Vertretern und deren Weiterbildung bezüglich der AMAN policies betreffend der Rolle und Ziele der masyarakat adat-Bewegung; dazu führt das nationale Büro Seminare, nationale Kongresse und Zwischentagungen durch. In politisch-organisatorischer Hinsicht hat sich AMAN zu einer kontrastierenden Parallelorganisation zum Staat entwickelt, die inzwischen auch über ein beachtliches Lobby-Potenzial verfügt; die wichtigsten Akteure haben teilweise auch Staatsämter inne und sind überdies, wenn teilweise auch nur lose, mit politischen Parteien verbandelt. 2) Eine wichtige Rolle bei der Implementierung internationaler Postulate und policies spielen NGOs nicht nur als Institutionen, sondern ebenfalls als Orte von initiativen Akteuren, die organisationsübergreifend informelle Netzwerke bilden. Diese Institutionen wie auch die individuellen Akteure sind gatekeeper und broker zugleich. Sie bilden die Schaltstelle in der Vermittlung von internationalen policies, der Vermittlung von Wissen darüber und in der Umsetzung sowie im Zugang zu internationalen Fördermitteln für die Umsetzung von Programmen vor Ort. 3) Die lokalen Gruppen – untersucht an Beispielfällen aus den Nord-Molukken, Sulawesi und Sumatra – interpretieren die nationalen AMAN-Vorgaben gemäß ihrer eigenen Situation und ihren jeweiligen Agenden und setzen sie entsprechend um. Die drei Lokalstudien zeigten ganz unterschiedliche Problemlagen und Ziele der wichtigsten Akteure vor Ort, sodass – zusammengefasst – AMAN als Schirm für eine Vielzahl von Anliegen dient, gleichzeitig jedoch auch einen gemeinsamen Rückhalt bietet. Gerade diese Flexibilität von AMAN als Organisation ist auch dafür (mit-)verantwortlich, dass in den vergangenen Jahren die Mitgliedszahlen frappant angestiegen sind (auf über 2.000 Gruppen). AMAN stimuliert dadurch – ethnologisch ausgedrückt – Ethnogenese. 4) Den Kern der AMAN-Bewegung bildet adat, traditionsbezogene Kultur mit ihren besonderen Normen und Regeln, wie sie für jede Gemeinschaft als charakteristisch dargestellt wird. Unter Berufung auf eine kulturspezifische Vergangenheit formuliert und gestaltet jede dieser Gemeinschaften ihre kulturelle Besonderheit; sie leiten daraus Sonderrechte ab und stellen darauf aufbauend Forderungen an den Staat. „Kultur“ wurde damit in der ehemals von Königtümern und Sultanaten geprägten Republik Indonesien zu einem selbstgeschaffenen flexiblen Instrument, das allen, die dieses Instrument verwenden, Neupositionierungen und staatliche Anerkennung verspricht. Dies trifft in ganz besonderem Maße auch für jene Gruppen von Menschen zu, die sich in ihrer Abstammung auf Königshäuser/Sultanate berufen und ihre Anerkennung vom Staat reklamieren, nicht zuletzt deshalb, weil der Staat, trotz seiner republikanischen Verfassung, sich in seiner Außendarstellung gerade der höfischen Traditionen Indonesiens rühmt.
Publications
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Adat and Indigeneity in Indonesia. Culture and Entitlements between Heteronomy and Self-Ascription. Göttingen Studies in Cultural Property, vol. 7, Göttingen: Universitätsverlag
Hauser-Schäublin, Brigitta (ed.)
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Adat as a Means of Unification and its Contestation. The Case of North Halmahera. In: Hauser-Schäublin, B. (ed.), Adat and Indigeneity in Indonesia. Culture and Entitlements between Heteronomy and Self-Ascription. Göttingen Studies in Cultural Property, vol. 7; 99-114, Göttingen: Universitätsverlag
Müller, Serena
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Becoming Aristocrats: Keraton in the Politics of Adat. In: Hauser-Schäublin (ed.) 2013: Adat and Indigeneity in Indonesia: Culture and Entitlements between Heteronomy and Self-Ascription. Göttingen Studies in Cultural Property, vol. 7; 167-184, Göttingen: Universitätsverlag
Thufail, Fadjar I.
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How Indigenous are the Balinese? From National Marginalisation to Provincial Domination. In: Hauser-Schäublin, B. (ed.): Adat and Indigeneity in Indonesia. Culture and Entitlements between Heteronomy and Self-ascription. Göttingen Studies in Cultural Property, vol. 7; 133-148, Göttingen: Universitätsverlag
Hauser-Schäublin, Brigitta
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Mobilities of Indigeneity. Intermediary NGOs and Indigenous Peoples in Indonesia“. In: Hauser-Schäublin, B. (ed.): Adat and Indigeneity in Indonesia: Culture and Entitlements between Heteronomy and Self-Ascription. Göttingen Studies in Cultural Property, vol. 7; 115-131, Göttingen: Universitätsverlag
Sanmukri, Miriam Harjati
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An Account of Indigeneity: Court Festival and the Aristocratic Self. In: Groth, S., R. F. Bendix & A. Spiller (ed.), Kultur als Eigentum: Instrumente, Querschnitte und Fallstudien. Göttingen Studies in Cultural Property, vol. 9; 295-313. Göttingen: Universitätsverlag
Thufail, Fadjar I.
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Kultur als Medium indigener Selbstbestimmung. In: Groth, S., R. F. Bendix & A. Spiller (ed.), Kultur als Eigentum: Instrumente, Querschnitte und Fallstudien. Göttingen Studies in Cultural Property, vol. 9; 119-138. Göttingen: Universitätsverlag
Müller, S. & M. H. Sanmukri