Modellierung und Simulation des mechanischen Verhaltens von Kohlenstoff-Rovings
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Das Ziel des Vorhabens lag in der Entwicklung einer Methode zur Simulation des Verformungsverhaltens von Kohlenstoffrovings im textilen Verarbeitungsprozess. Dazu wurde ein mikromechanischer Ansatz gewählt, der auf Basis des Werkstoffverhaltens der Einzelfilamente und seiner physikalischen Interaktionen wie Faser-Faser-Haftung und -Reibung das Verformungsverhalten makroskopisch beschreibt. Das Modell wurde in ein Finite Elemente (FE) System überführt, um ausgewählte Bereiche eines Rovings am Beispiel des Tailored Fibre Placement (TFP) Prozesses zu berechnen. Für Ausgangsdaten der Simulation und zum Abgleich der Ergebnisse mit dem realen Verhalten wurden unterschiedliche Kohlenstoffrovings hinsichtlich ihres geometrischen Aufbaus im Ausgangszustand als auch im deformierten Zustand sowie das mechanische Verhalten für Zug, Schub und Biegung analysiert. Parallel zum FE-Modell wurde ein Partikel-basiertes Berechnungsverfahren entwickelt, mit dem Ziel der Simulation des Verhaltens eines vollständigen Rovings in deutlich verkürzter Rechenzeit. Das entwickelte FE-Modell ermöglicht die Bewertung unterschiedlicher Fertigungsparameter wie Ablegeradius und Nähfadenspannung, um die sich im Rovingquerschnitt lokal einstellende Filamentdichte vorhersagen zu können. Die Ausprägung von Inhomogenitäten im Werkstoffgefüge lässt sich mit diesen Ergebnissen deutlich reduzieren, ohne dass aufwändige Fertigungsversuche erforderlich werden. Das in dem expliziten FE-Programm LS-DYNA umgesetzte Modell ist mit einer reduzierten Filamentanzahl von 60 und 300 Filamenten erfolgreich getestet worden. Neben den numerischen Analysen wurden mechanische Tests zum Deformationsverhalten trockener Kohlenstoffrovings und deren Ablegeverhalten im TFP-Prozess durchgeführt. Für die Validierung wurde mit Methoden der digitalen Bildanalyse eine umfangreiche Datenbank für die sich einstellenden Querschnitte von Kohlenstoffrovings in Abhängigkeit unterschiedlicher Fertigungsparameter aufgebaut. Zur Rechenzeitverkürzung sollte für ein verallgemeinertes mechanisches Werkstoffverhalten des Rovings ein Partikelmodell entwickelt werden. Die Eignung eines Partikelsystems mit ausreichender Genauigkeit für eine zeiteffizientere Lösung der Fragestellung konnte in diesem Vorhaben nicht nachgewiesen werden. Die Grenzen des Systems wurden für eine unterschiedliche Anzahl von Filamenten und von Massepunkten am Drei-Punkt-Biegeversuch analysiert. Die ermittelten Berechnungszeiten lagen um ein Vielfaches höher als die eines vergleichbaren FE-Modells. Mit Hilfe der Ergebnisse der Materialanalyse und des FE-Modells lassen sich Vorhersagen für die im textilen Fertigungsprozess umsetzbare Faserarchitektur treffen. Die TFP-Technologie hat das Potenzial, in einer CFK-Massenfertigung eingesetzt zu werden und zur Kosten- und Gewichtsreduktion von Bauteilen beizutragen. Jedoch ist es Stand der Technik bei Änderung des zu verarbeitenden Fasertyps aufwändige Fertigungsversuche mit stark empirischem Vorgehen zum Erreichen der erforderlichen Qualität durchzuführen. Mit den vorliegenden Ergebnissen lässt sich dieser Vorgang beschleunigen mit einer einhergehenden Erhöhung der Materialauslastung in Faserverbundbauteilen. Künftige Arbeiten: Im laufenden Dissertationsvorhaben von Herrn Patrick Schiebel werden die Untersuchungen dieses Projektes weitergeführt. Hier erfolgt die Ausweitung des FE-Modells auf einen vollständigen Rovingquerschnitt und die finale Validierung des erweiterten Modells mit den experimentell bestimmten Daten. Das entwickelte FE-Modell wird in der von der DFG eingerichteten Forschergruppe Schwarz-Silber "Bauweisen für CFK-Aluminium-Übergangsstrukturen im Leichtbau" zur Analyse von Miniatur-Schlaufenverbindungen eingesetzt, um fertigungsbedingte Einflüsse auf die Schlaufenfestigkeit bewerten zu können. Als drittes ist die Ausweitung auf die Verarbeitung von Multiaxialgelegen vorgesehen, in dem neben den mikromechanischen Erkenntnissen aus diesem Projekt, die Erfahrungen des Antragstellers zur Analyse des Drapierverhaltens eingehen werden. Schwerpunkte der weiteren Forschung gliedern sich somit in folgende Themen: • Weiterentwicklung des Roving-FE-Modells und Validierung des erweiterten Modells • Analyse der Fertigungseinflüsse von Miniatur-Schlaufenverbindungen • Ausweitung des FE-Modells auf das Umformverhalten von Multiaxialgelegen. Eine Weiterentwicklung des Partikelmodells ist wegen unbefriedigender Ergebnisse vorerst nicht vorgesehen. Anwendungen: Der Einsatz der erzielten Ergebnisse wird von der Forschungsstelle für unterschiedliche Anwendungsfelder vorangetrieben. Zusammen mit weiteren Forschungseinrichtungen und industriellen Partnern wurden Projekte initiiert, mit dem Ziel leistungsfähigere und sicherere Textilstrukturen für Faserverbundbauteile herstellen zu können. Derzeit werden drei Anwendungsgebiete verfolgt: • Integration in Qualitätssicherungssysteme von Faserverbundbauteilen (Kooperation Eurocopter); • Preformentwicklung; • Analyse des Drapierverhaltens von MAG.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
- Prospects and risks of tailored preforms for advanced composite applications. TexComp9, University of Delaware, Newark, DE USA, October 13-15, 2008
Schiebel, P.; Block, T.; Herrmann, A. S.
- Investigation of the deformation of carbon fibre rovings in curved paths. 17th International Conference on Composite Materials, Edinburgh International Convention Centre, Edinburgh, UK, 27.-31.07.2009
Schiebel, P.; Backhaus, J. K.; Herrmann, A. S.
- Filament interaction in bended carbon tows simulated by a particle system. IV European Conference on Computational Mechanics, Paris, France, May 16-21, 2010
Mesejo, A.; León-Mecías, A.; Schiebel, P.
- Analyse der Fertigung Maßgeschneiderter Preforms für hochbeanspruchte CFK-Bauteile mittels FEM. 60. Deutscher Luft- und Raumfahrt Kongress, Bremen, 27-29. September 2011
Schiebel, P.; Schnakenberg, N.; Herrmann, A. S.; Mesejo, A.; León-Mecías, A.