Analyse und Reduktion der technischen und finanziellen Risiken von Garantieleistungen im Werkzeugmaschinenbau auf Basis der Monte-Carlo-Simulation
Final Report Abstract
Große Kunden des Maschinen- und Anlagenbaus fordern zunehmend umfangreiche Garantien auf Zuverlässigkeits- und Verfügbarkeitskennwerte oder Instandhaltungskostenelemente. Die Hersteller der Maschinen und Anlagen stehen dabei vor der Herausforderung, die Kennwerte der Zuverlässigkeil und Verfügbarkeil verlässlich zu prognostizieren, da bei einer Verletzung der garantierten Werte negative Konsequenzen wie der Verlust von Folgeaufträgen oder festgelegte monetäre Pönalen drohen. Dies bedeutet für die Maschinen- und Anlagenhersteller erhebliche monetäre Risiken. Aus diesem Grund war das Ziel des Forschungsvorhabens, eine ganzheitliche Methodik für den Umgang mit monetären Risiken aus Garantieleistungen im Maschinen- und Anlagenbau zu entwickeln. Ausgehend von der Quantifizierung der Risiken auf Basis der Zuverlässigkeit und des Reparaturverhaltens der Maschinen, galt es weiterhin, das Risiko einerseits kurzfristig mit Hilfe eines Angebotsoptimierungsalgorithmus und andererseits mittelfristig durch eine gezielte Bewertung von Maschinen- und Instandhaltungsverbesserungsmaßnahmen zu reduzieren. Leitschnur für die Entwicklung der Methodik waren die Ergebnisse einer vom wbk durchgeführten Umfrage unter zwölf Maschinen- und Anlagenbauern, welche die Risiken erweiterter Garantien bzw. sogenannter Total-Cost-of-Ownership-Verträgen (TCO-Verträgen) nach ihrer Auftretenswahrscheinlichkeit und ihrer erwarteten Kostenwirkung bei einem Auftreten einordnen sollten. Es ist erkennbar, dass der Einfluss der Belastungen bzw. der Betriebsbedingungen, welche im Maschinen- und Anlagenbau oft im Vorfeld nicht bekannt sind, als Risiko mit der höchsten Priorität identifiziert wurde. Auch die statistische Schwankung des Ausfallverhaltens und die ungenaue Prognose des Ausfallverhaltens (z.B. des MTBFs) wurden als bedeutende Risiken benannt. Auf diese drei Risiken konzentriert sich die innerhalb des Projektes entwickelte Methodik. Auch die statistische Schwankung der Reparaturzeit wird aufgrund ihrer Auftretenswahrscheinlichkeit berücksichtigt. Bezüglich der Preissteigerung von Ersatzteilen jenseits der üblichen Inflationsrate können oft nur schwer Prognosen abgegeben werden, da besondere Effekte wie die Insolvenz von Zulieferern oder globale Rohstoffkrisen nur schwer zu prognostizieren sind. Die Nachweisbarkeit von fahrlässigem Verhalten ist ein Problem, dass in der Praxis oft technisch gelöst wird (z.B. über eine Crashüberwachung). Die entwickelte Methodik erlaubt die Quantifizierung dieser Risiken mit Hilfe stochastischer Methoden, welche im Folgenden erläutert werden. Ausgehend von einer statistischen Analyse der Zuverlässigkeit und des Reparaturverhaltens werden durch Verfahren der Monte-Carlo-Simulation und des Samplings die erwarteten Kosten der Garantie und deren Risiken berechnet. Außerdem erlaubt die Methodik die Reduzierung der erwarteten Garantiekosten in der Angebotsphase durch eine optimale Wahl der garantierten Zuverlässigkeitskennwerte sowie die Reduzierung der Kosten in der Betriebsphase durch eine Bewertung von Verbesserungsmaßnahmen der Maschine und ihrer Instandhaltung. Für die Bestimmung der Eingangsparameter werden in der Methodik verschiedene statistische Verfahren verwendet. Für die Berücksichtigung der Belastungen in der statistischen Zuverlässigkeitsanalyse wurde ein statistisches Modell aus dem Bereich der beschleunigten Lebensdauertests, das Weibull General Log-Linear Cumulative Damage Model, adaptiert. Die Analyse des komplexen Ausfallverhaltens von Maschinenkomponenten, welches sich meist aus der Kombination verschiedener Fehlerarten ergibt, wird mit gemischten Verteilungen durchgeführt. Zur Reduzierung der statistischen Unsicherheit wird technisches Vorwissen durch Nebenbedingungen in der Optimierung des Maximum-Likelihood-Schätzers berücksichtigt. Zur Analyse der Stillstands- und Reparaturzeiten wird eine empirische Verteilungsfunktion vorgeschlagen. Die Risikoquantifizierungsmethodik berücksichtigt sowohl den statistischen Charakter des Ausfall- und Reparaturverhaltens als auch die Unsicherheit des Schätzverfahrens zur Ermittlung der Kennwerte, welche das stochastische Verhalten abbilden. Da meist mehrere Maschinen eines Herstellers von einer Garantiezusage betroffen sind, wird das Risiko des gesamten Portfolios aller im Feld befindlicher Maschinen berechnet. Für die Bestimmung und Optimierung der Kennwerte eines Angebots wurde eine Methodik entwickelt, welche eine optimale Wahl der garantierten Zuverlässigkeitskennwerte abweichend von den realen Kennwerten zur Realisierung minimaler Garantiekosten unter einem vorgegebenen TCO-Ziel ermöglicht. Die Maschinenoptimierung während des Betriebs beinhaltet sowohl die Bewertung von Verbesserungsmaßnahmen hinsichtlich ihrer monetären Auswirkungen auf die Garantiekosten, als auch die Einbeziehung innovativer Instandhaltungsstrategien. Im Rahmen des Projektes wurde besonders eine lastabhängige präventive Instandhaltung entwickelt. Die Methodik wurde mit Simulations- und Realdaten getestet. Während sich im Projekt vielfältige methodische Lösungen für die wichtigsten Herausforderungen des Risikomanagements im Maschinenbau ergaben, so basieren viele dieser Lösungen auf sehr abstrakten Konzepten wie der Parameterkonfidenz und sind daher nur sehr begrenzt für den mittelständisch geprägten Maschinenbau nutzbar. Gleichzeitig besteht, wie im Antrag dargelegt, ein großer Bedarf nach möglichst akkuraten Rlsikomanagement-Methoden in dieser Industrie. Aus diesem Grund wird auf Basis der Ergebnisse ein Transferprojekt angestrebt, in dessen Rahmen zusammen mit einem mittelständischen Maschinenbauer eine an die Anforderungen der Praxis angepasste Softwarelösung als Prototyp entwickeln soll. Dieser soll eine einfache Nutzung der Methoden ohne besondere Statistikkenntnisse ermöglichen. Die Genauigkeit und Nutzbarkeit der Ergebnisse der Methodik hängen zu einem großen Teil von den Eingangsdaten ab. Während für länger im Feld befindlichen Produkten oft ein gutes Wissen über die Zuverlässigkeitsparameter der Komponente vorhanden ist bzw. die Schaffung dieses Wissens mit organisatorischen Mitteln erreicht werden kann, ist bei neu konstruierten Produkten dies oft nicht der Fall. Daher würde die Entwicklung eines Systems zur Ermittlung der Übertragbarkeit von Zuverlässigkeitskennwerten auf Maschinenkomponenten ähnlichen Typs die Angebotsabgabe deutlich vereinfachen.
Publications
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