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Die Rolle inflammatorischer Zytokine bei der Entstehung und Aufrechterhaltung der mechanischen Sensibilisierung von nozizeptiven Gelenkafferenzen

Subject Area Anatomy and Physiology
Term from 2008 to 2014
Project identifier Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Project number 62624906
 
Final Report Year 2015

Final Report Abstract

Gelenkentzündungen sind in der Regel sehr schmerzhaft, wobei im Vordergrund der Beschwerden die mechanische Hyperalgesie steht. Letztere zeigt sich besonders durch das Auftreten von Schmerzen bei Bewegungen im Arbeitsbereich des Gelenks und durch die Druckempfindlichkeit der entzündeten Gelenke. Die mechanische Hyperalgesie entsteht durch eine Sensibilisierung von Gelenknozizeptoren und von Neuronen des nozizeptiven Zentralnervensystems für mechanische Reize. In dem durchgeführten Projekt wurde untersucht, ob die proinflammatorischen Zytokine Tumornekrosefaktor-α (TNF-α), Interleukin-6 (IL-6), Interleukin-1ß (IL-1ß) und Interleukin-17A (IL- 17A), die für die Pathogenese entzündlicher Gelenkerkrankungen wie die Rheumatoide Arthriitis entscheidend sind, durch direkte Wirkung an den Gelenknozizeptoren auch maßgeblich an der Entstehung und Aufrechterhaltung der mechanischen Hyperalgesie beteiligt sind. Die einmalige Injektion von TNF-α, IL-6, IL-1ß oder IL-17A in das normale Kniegelenk einer anästhesierten Ratte erzeugt eine sich langsam entwickelnde und persistierende Sensibilisierung von nozizeptiven C-Fasern für mechanische Reize, wie es typischerweise bei Entzündungen zu beobachten ist. Dagegen ist die Wirkung dieser Zytokine auf nozizeptive A∂-Fasern divers: Sie werden von TNF-α sensibilisiert, dagegen desensibilisiert von IL-1ß, und sie bleiben unbeeinflußt von IL-6 und IL-17A. Die Langzeitapplikation zytokinneutralisierender Substanzen im Modell der Antigen-induzierten Arthritis für drei Wochen erzeugt Effekte auf den Schmerz, die durch die unterschiedlichen Wirkungen der Zytokine auf die Nozizeptoren erklärbar sind. Die Neutralisierung von TNF-α reduziert die mechanische Hyperalgesie am Kniegelenk, die Neutralisierung der IL-1ß- Effekte hat in der Summe keine Wirkung auf die Hyperalgesie (wegen der entgegengesetzten Effekte von IL-1ß auf C- und A∂-Fasern), Neutralisierung von IL-6 oder IL-17A reduziert die mechanische Hyperalgesie, wobei die Neutralisierung von IL-6 nur dann substantiell erfolgreich ist, wenn sie zu Beginn der Arthritisentwicklung erfolgt. Die begleitende Überempfindlichkeit für thermische Reize wird durch Neutralisierung von TNF-α und IL-1ß reduziert, nicht dagegen durch die Neutralisierung von IL-6 und IL-17A. Zelluläre Untersuchungen zeigten in großen Subgruppen der sensorischen Neurone die Expression von Rezeptoren für diese Zytokine. Die Zytokine steuern die generelle Erregbarkeit der Neurone durch Beeinflussung der spannungsgesteuerten Ionenkanäle, und sie beeinflussen unterschiedliche TRP Ionenkanäle für die Transduktion noxischer Reize. TNF-α und IL-1ß steigern in den sensorischen Neuronen die Expression von TRPV1, eines für die thermische Sensibilisierung wichtigen Ionenkanals, während IL-17A die Expression von TRPV4, eines mechanosensitiven Ionenkanals steigert. Aus den Ergebnissen sind folgende Hauptschlussfolgerungen zu ziehen: Proinflammatorische Zytokine sind nicht nur maßgebend für die Pathogenese chronischer Gelenkentzündungen. Sie wirken über Zytokinrezeptoren auch direkt an nozizeptiven sensorischen Neuronen und haben daher das Potential, auf direkte Weise Schmerzen zu erzeugen. - Proinflammatorische Zytokine haben eine Schlüsselrolle bei der entzündungsbedingten Sensibilisierung von C-Fasern für mechanische Reize und bilden daher eine wichtige neuronale Grundlage für Arthritisschmerzen. - Jedes der untersuchten Zytokine hat ein ihm eigenes Wirkprofil in der Schmerzentstehung. Dies ergibt sich aus seiner spezifischen Wirkung an C- und A∂-Fasern und aus den von ihm spezifisch beeinflussten Transduktionsmolekülen in den Neuronen. So haben einige Zytokine große Bedeutung für die mechanische Hyperalgesie, andere für die thermische Hyperalgesie. Außerdem sind die Sensibilisierungseffekte der verschiedenen Zytokine in unterschiedlichem Maße reversibel. Insbesondere IL-6-Effekte sind persistierend und „therapieresistent“, weshalb dem IL-6 wahrscheinlich eine wichtige Bedeutung bei der Schmerzchronifizierung zukommt. - Die Antagonisierung von Zytokineffekten kann zu einer effektiven und langanhaltenden Reduktion von Schmerzen führen, vorausgesetzt dass das „richtige“ Zytokin neutralisiert wird. Dies ist von großer Bedeutung für die Therapie der rheumatoiden Arthritis mit Biologika (sie neutralisieren Zytokineffekte). Es sollte exploriert werden, inwiefern die gezielte Neutralisierung von krankheitstypischen Zytokinen auch bei chronischen Schmerzen anderer Genese analgetisch wirkt.

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