Der Beitrag sektoraler Institutionensysteme zur Konstituierung von Kulturlandschaft und die Koordination der Interaktionsprozesse
Final Report Abstract
Seitdem Kulturlandschaften auf regionaler Ebene als Entwicklungspotentiale „entdeckt“ worden sind, sind sie in einem komplexen politischen Handlungsfeld verortet, das nur als Querschnittsaufgabe sektoraler Institutionensysteme zu verstehen ist. Der spezifische Ansatz des Forschungsprojekts „Der Beitrag sektoraler Institutionensysteme zur Konstituierung von Kulturlandschaft und die Koordination der Interaktionsprozesse (KULAKon Institutionen der Kulturlandschaft)“ liegt in der Verknüpfung der Forschungsstränge der Institutionenforschung sowie der Governanceforschung mit Forschungen zur Konstruktion von Kulturlandschaft. Das Erkenntnisinteresse besteht darin, die Rolle sektoraler Institutionensysteme für die handlungsräumliche Konstituierung von Kulturlandschaft sowie für Formen kulturlandschaftsbezogener Governance zu bestimmen. Die Bezeichnung eines Raumausschnitts als Kulturlandschaft betont aus der Sicht des Forschungsprojekts dreierlei: 1. eine spezifische, gesellschaftlich verhandelte und akzeptierte Eigenart, die ihren Ausdruck in Homogenitätskriterien findet (z.B. „Einheit von Land und Leute“ oder „Alleinstellungsmerkmal“); 2. ein spezifisches regionales Wechselverhältnis zwischen Materialität und Sozialität; 3. ein Interesse an der normativen Befassung mit dieser Raumeinheit. Analytisch kann die Konstruktion von Kulturlandschaften differenziert werden in die subjektive Konstruktion in der Wahrnehmung von Individuen, in die physisch-materielle Konstruktion durch menschliche Bearbeitung von Natur sowie in die kollektive Konstruktion durch gesellschaftliches Handeln. Diese Prozesse sind in der Realität interdependent. Die kollektive Konstruktion einer Kulturlandschaft wird beeinflusst von informellen und formellen Institutionen, die in sektoralen Institutionensystemen aggregiert sind. Relevant für die Konstruktion kulturlandschaftlicher Handlungsräume sind vor allem Naturschutz, Denkmalpflege, Tourismusentwicklung, Entwicklung des ländlichen Raumes (als Teil der Agrarpolitik) sowie Raumplanung und -entwicklung. Informelle Institutionen wie grundlegende Werte oder ontologische Setzungen (z.B. disziplinär verortete Kulturlandschaftsverständnisse) sind als grundlegende Deutungsmuster der Realität die wesentliche Basis sektoraler Institutionensysteme. Sie prägen das Akteurshandeln stärker als formelle Institutionen. Wichtige formelle Institutionen sind beispielsweise Gesetze, Verordnungen oder Policy-Dokumente. Die regionale Governance kulturlandschaftlicher Handlungsräume ist in vier Fallstudien (Spreewald, Dessau-Wörlitzer Kulturlandschaft, Eifel, Altes Land) empirisch erforscht worden. Mit den Fallstudien konnten Governance-Formen identifiziert werden, die spezifisch für die Konstituierung kulturlandschaftlicher Handlungsräume sind, und die die bisherige politikund planungswissenschaftliche Governance-Forschung auf originelle Weise erweitern, nämlich: strategische Kommunikation über historische oder bedrohte Landschaftszustände; „Labelling“ als Überhöhung bestehender Toponyme; regionale Markenbildung und regionales Marketing; Schaffung von Themenorten; Erfindung neuer und Reaktualisierung bestehender Traditionen; kollektive Auseinandersetzung mit Kulturlandschaft, z.B. in Form von Konflikten und anderen Formen der Interaktion rivalisierender Perspektiven. Diese sind stark auf Kommunikation, symbolische Aufladungen und Bezugnahme auf die physisch-materielle Umwelt angewiesen. Ein weiterer Befund lautet, dass informelle Institutionen auf der regionalen Ebene die Entwicklungslogik regionaler Handlungsräume stärker bestimmen als zentrale formelle wie auch informelle Institutionen. Regionale informelle Institutionen (z.B. Raumbilder, Symbole, Toponyme, Abgrenzungen). haben nicht nur eine legitimierende Wirkung, sondern können auch Medien des kollektiven Steuerungshandelns sein und zur formellen Institutionenbildung in Handlungsräumen führen.
Publications
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