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Klandestine Kalkulation: Schulmathematik und kulturelle Selbstbehauptung im kontinentalen Nordamerika des langen 18. Jahrhunderts
Antragsteller
Dr. Lukas Etter
Fachliche Zuordnung
Europäische und Amerikanische Literatur- und Kulturwissenschaften
Allgemeine und vergleichende Literaturwissenschaft; Kulturwissenschaft
Allgemeine und vergleichende Literaturwissenschaft; Kulturwissenschaft
Förderung
Förderung seit 2024
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 546614133
Das Forschungsprojekt Klandestine Kalkulation untersucht, wie im kontinentalen Nordamerika des langen 18. Jahrhunderts (ca. 1695–1825) jenseits der Eliten Zahlen- und Rechenkenntnisse klandestin weitergegeben und individuell geformt wurden. Unterprivilegierte und entrechtete Individuen (versklavte Frauen und Männer, Indigene, Schuldknechte, weiße Frauen in Armut) ließen sich im Geheimen bzw. unter ökonomisch oder rechtlich prekären Umständen in Arithmetik, Geometrie und elementarer Algebra schulen, um ihre ökonomische und gesellschaftliche Teilhabe zu verbessern; viele hinterließen dabei Artefakte und Texte (etwa in spanischer, englischer und französischer Sprache) von komplexer ästhetisch-rhetorischer Gestalt. Im Forschungsprojekt werden sieben solcher Objekte — von der Gerichtsrede über das Notizheft bis zum Möbelstück — exemplarisch ausgeleuchtet. Im Zentrum steht dabei die Frage, inwieweit sich die Untersuchungsobjekte nicht nur als Resultat einer funktional-ökonomischen Tätigkeit, sondern auch als individuelles Gestaltungsmittel und damit als Ausdruck kultureller Selbstbehauptung lesen lassen. Anhand seiner zentralen Fragestellung leistet das Forschungsprojekt, erstens, einen umfassenden Beitrag zur Vorgeschichte einer ab den späten 1820er-Jahren einsetzenden nordamerikanischen Popularisierungswelle des Mathematikunterrichts. Zweitens geht es darum, ein Vokabular zu entwickeln für klandestine, in der Regel außerhalb von Schulzimmern stattfindende mathematische Lehr- und Lerneinheiten — mit Blick auf die jeweils unterschiedlichen Arten gesellschaftlicher Marginalstellung und insbesondere die Eigenheiten der Institution Sklaverei. Durch die mediale Vielgestaltigkeit der sieben ausgewählten Untersuchungsobjekte wird, drittens, die interdisziplinäre Anschlussfähigkeit der Nordamerikanischen Literatur- und Kulturwissenschaft und insbesondere der Early American Studies gefördert. Viertens schließlich soll ausgehend von den konkreten Sammlungen und exemplarischen Archivstandorten — u.a. in Mexiko-Stadt, New Orleans, Boston und Montréal — auch der Umgang mit Archiv- und Dokumentationslücken theoretisch-methodologisch reflektiert werden.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen