Grenzen und Hintergrund gemeinsamer Absichten
General, Cognitive and Mathematical Psychology
Final Report Abstract
Im Projekt wurden gemeinsame Absichten kleinerer Gruppen begrifflich gegen basale Formen gemeinsamen Handelns einerseits und institutionalisierte Formen von Kollektivität andererseits abgegrenzt. Dazu wurde wesentlich auf das Format der Handeln und Absichtlichkeit zu Grunde liegenden Repräsentationen im Kontext eines Schichtenmodells menschlicher Intentionalität Bezug genommen. Die unterste Schicht wird durch senso-motorisch-emotionale Schemata gebildet, die elementare gemeinsame Handlungen wie Tanzen oder Fußballspielen steuern. Die dabei wirksamen Repräsentationen sind nichtbegrifflich, d.h. u.a. gestaltartig, dicht und stark kontextabhängig, aber sprach- und absichtsunabhängig. Das repräsentationale Format und die Absichtsunabhängigkeit dieser Repräsentationen hilft, Grenzen der Handlungskontrolle durch Absichten zu erklären. Zu dem entwickelten Konzept absichtsunabhängiger Handlungen gehört auch ein Verstehen der Handlungen anderer unterhalb der Zuschreibung von Absichten und anderer mentaler Zustände. Dieses Verstehen entzieht sich dem Dualismus von Körper und Geist. Wenn wir etwa sehen, was der Andere tut, nehmen wir ihn weder als bloßen Körper wahr noch als reinen Geist. So lässt sich erklären, dass Kinder schon zu kooperativem Handeln fähig sind, das ein Verständnis der jeweiligen Rolle der Akteure erfordert, bevor sie Anderen geistige Zustände zuschreiben können. Nur vor dem Hintergrund dieser elementaren Fähigkeiten können gemeinsame Absichten sich herausbilden und funktionieren. Das „Wir“-Subjekt ist dabei nichts Mysteriöses, gegenüber den individuellen Gruppenmitgliedern Freischwebendes, sondern ein Modus des Verbundenseins zwischen diesen, der auf der Grundlage gemeinsamer Fähigkeiten und emotionaler Bindungen durch geteilte Positionen zur Welt, Absichten und Überzeugungen, konstituiert wird. Zur Konstitution dieses „Wir“ und seiner Positionen gehört auch ihre wiederum kollektive und distribuierte Repräsentation durch die Gruppenmitglieder. Zu dieser begrifflichen Ebene gehören die Repräsentationen vor allem der mündlichen Sprache, in der nun etwa Regeln ausgehandelt werden, die die in der senso-motorisch-emotionalen Interaktion des gemeinsamen Spiels etablierten Handlungsmuster kodifizieren und sie damit kontextunabhängiger machen und der Reflexion zugänglicher. Der Schritt zur Institutionalisierung im engeren Sinn ist mit der Schriftsprache und anderen Formen der Dokumentation verbunden, die zu einem noch größeren Grad der Kontextunabhängigkeit, Standardisierung, Externalisierung und Rollendifferenzierung der relevanten Repräsentationen führen. Dazu gehört auch die Differenzierung institutioneller Rollen in Organisationen. Dass Organisationen auch Absichten und andere Einstellungen haben können lässt sich so verstehen, dass ihre Mitglieder diese Einstellungen in Rollen-Modi einnehmen, in denen sie wechselseitig ihre Position in der Organisation repräsentieren und die Positionen, die sie in dieser Rolle zur Welt einnehmen, mitunter von denen verschieden sind, die sie als Privatpersonen oder in anderen institutionellen Rollen einnehmen. Die Ideen des Projekts verdanken viel den empirischen Kooperationen, Hilfe bei der Aufarbeitung der empirischen Literatur und anregenden, mitunter auch kontroversen Diskussionen mit anderen Projekten. Seinerseits glaubt das Projekt, begriffliche Grundlagenreflexionen angestoßen zu haben, besonders bezüglich des Konzepts absichtsunabhängiger Handlungen sowie des Verhältnisses zwischen Handeln, Absichtlichkeit und dem Bewusstsein, das nicht durch begriffliche Reflexion, sondern auch im senso-motorisch-emotionalen Erleben individuellen und gemeinsamen Handelns eine wesentliche Rolle spielt.
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