Untersuchungen zu molekularen Mechanismen der Funktionen von Sulfonylharnstoffrezeptoren
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Sulfonylharnstoffrezeptoren (SURs) stellen die regulatorische Untereinheiten von ATP-sensitiven Kalium-Kanälen (KATP-Kanälen) dar. KATP-Kanäle unterschiedlicher Zusammensetzung kommen in verschiedenen Zelltypen vor und spielen z.B. eine wichtige Rolle bei der Regulation der Insulin- Sekretion, der Blutdruckregulation, der „ischämischen Präkonditionierung“ des Herzens oder der Neuroprotektion. Aufgrund ihrer Fähigkeit, diverse synthetische KATP-Kanal-Modulatoren zu binden, handelt es sich bei den SURs um wichtige Zielstrukturen für die Therapie von Erkrankungen wie Diabetes mellitus, Hyperinsulinämie, Hypertonie, Epilepsie oder Herzarrhythmie. Im Rahmen dieses Projektes konnten wir nachweisen, dass SURs nicht nur synthetische Pharmaka (z.B. das Antidiabetikum Glibenclamid) binden, sondern auch spezifisch mit bestimmten endogen bzw. natürlich vorkommenden Substanzen interagieren. Radioligandenbindungsassays haben belegt, dass sowohl die sekundären Pflanzenstoffe Resveratrol und (-)-Epigallocatechingallat (EGCG) als auch das Estrogen 17β-Estradiol direkt mit dem SUR interagieren können. Bindungsexperimente an verschiedenen SUR-Mutanten haben die Bedeutung bestimmter Molekülregionen für die Bindung dieser Liganden an den SUR gezeigt und Hinweise darauf geliefert, dass Resveratrol zumindest zum Teil an die gleichen Molekülregion des SUR wie Glibenclamid bindet. Elektrophysiologische Messungen haben ergeben, dass Resveratrol ebenso wie Glibenclamid und 17β- Estradiol als Blocker des neuroendokrinen/pankreatischen KATP-Kanals wirken kann. Über den Nachweis typischer apoptotischer Parameter haben wir darüber hinaus zeigen können, dass SURs nicht nur die Aktivität von KATP-Kanälen regulieren, sondern können auch apoptotische Prozesse modulieren können. Diese bisher unbekannte Funktion der SURs erfordert nicht zwingend die Anwesenheit der porenbildenden KATP-Kanal-Untereinheiten und wird demnach vermutlich nicht über eine elektrische Aktivität von KATP-Kanälen vermittelt. Die Apoptose-modulierenden Eigenschaften des SUR sind dabei offensichtlich spezifisch für bestimmte SUR-Isoformen und können durch Faktoren wie Alter und Geschlecht sowie bestimmte Mutationen im SUR-Gen beeinflusst werden. Eine für die neuroendokine Isoform SUR1 spezifische Apoptose-Modulation zeigte sich nach Behandlung von SUR1-exprimierenden HEK293-Zellen, klonalen β-Zellen oder isolierten pankreatischen Langerhans-Inseln mit Glibenclamid, trans-Resveratrol und 17β-Estradiol. Entsprechende Effekte fanden sich nicht bei Zellen, welche die anderen Isoformen SUR2A oder SUR2B exprimierten und fehlten ebenfalls in Langerhans-Inseln aus SUR1-Knock-out-Mäusen. Bestimmte Mutationen im SUR1-Gen führten zu einer Aufhebung der apoptotischen Antwort, andere Mutationen wiederum zu einer Verstärkung der apoptotischen Antwort. Unsere Ergebnisse legen die Vermutung nahe, dass der SUR1 als wichtiges pankreatisches Protein an der spezifischen Modulation der β-Zell-Masse beteiligt sein und auch auf dieser Ebene Einfluss auf die Regulation der Insulin-Sekretion nehmen könnte. Eine von uns beobachtete klare Altersabhängigkeit der SUR-vermittelten Apoptose-Modulation in pankreatischen Inseln aus Mäusen sowie eine veränderte Apoptose-Rate bei klinisch relevanten SUR-Mutanten eröffnen dabei neue Perspektiven für die Erforschung der Pathogenese von Diabetes und für die Entwicklung neuer Therapieansätze. Weiterhin ergeben sich Fragen nach möglichen Zusammenhängen zwischen der Expression verschiedener SUR-Isoformen oder Mutanten und dem Auftreten anderer pathophysiologischer Zustände (z.B. Krebs, cardiovaskuläre Erkrankungen oder neurodegenerative Prozesse), welche sich auf eine spezifische Veränderung der Apoptose-Rate zurückführen lassen. Die Ergebnisse dieser Arbeiten könnten zudem über ein strukturbasiertes Wirkstoffdesign Beiträge zur Entwicklung neuer therapeutisch relevanter Pharmaka liefern, sowie neue Erkenntnisse über bisher unbekannte Wechselwirkungen der SURS mit anderen Verbindungen, wie z.B. Substanzen mit estrogenartigen Wirkungen, liefern.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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(2006). Glibenclamide-induced apoptosis is specifically enhanced by expression of the sulfonylurea receptor isoform SUR1 but not by expression of SUR2B or the mutant SUR1(M1289T). J. Pharmacol. Exp. Ther. 316, 1031-1037
Hambrock, A., Bernardo de Oliveira Franz, C., Hiller, S., and Osswald, H.
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(2006). Sulfonylurea receptor function: insights from mutations in the last carboxyterminal transmembrane helix. FEBS Special Meeting: “ATP-Binding cassette (ABC) proteins. From multidrug resistance to genetic diseases”, Innsbruck, Österreich, Abstract Book p 59
Hambrock, A., Bernardo de Oliveira Franz, C., and Hiller, S.
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(2007). 17β-Estradiol specifically induces apoptosis in cells expressing sulfonylurea receptor 1. Diabetologia 50, (suppl. 1), S181
Ackermann, S., Hiller, S., Osswald, H., and Hambrock, A.
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(2007). Resveratrol binds to the sulfonylurea receptor and induces apoptosis in a SUR-subtype-specific manner. J. Biol. Chem. 282, 3347-3356
Hambrock, A., Bernardo de Oliveira Franz, C., Hiller, S., Grenz, A., Ackermann, S., Schulze, D.U., Drews, G., and Osswald, H.
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(2008). (-)-Epigallocatechingallate specifically interacts with the sulfonylurea receptor (SUR) in a SUR isoform-dependent manner. Naunyn Schmiedebergs Arch. Pharmacol. 377, (suppl. 1), S159
Hiller, S., Ackermann, S., Müller, C., Osswald, H., and Hambrock, A.
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(2008). 17β-Estradiol is a ligand of the sulfonylurea receptor (SUR) and induces apoptosis in a SUR1 isoformspecific manner. Naunyn Schmiedebergs Arch. Pharmacol. 377, (suppl. 1), S158
Ackermann, S., Hiller, S., Osswald, H., and Hambrock, A.
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(2009). 17β-Estradiol modulates apoptosis in pancreatic β-cells by specific involvement of the sulfonylurea receptor isoform SUR1. J. Biol. Chem. 284, 4905-4913
Ackermann, S., Hiller, S., Osswald, H., Grenz, A., and Hambrock, A.
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(2009). Influence of the mutation R1379C in NBF2 of sulfonylurea receptor (SUR) 1 on the interaction of SUR with 17β-estradiol. Naunyn Schmiedebergs Arch. Pharmacol. 379, (suppl.1). S143
Lösle, M., Hiller, S., Ackermann, S., Osswald, H., and Hambrock, A.
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(2010). Different mutations in the ABCC8 gene can either enhance or reduce sulfonylurea receptor 1 mediated apoptosis. Basic Clin. Pharmacol. Toxicol. 107 (suppl.1) p.428)
Lösle, M., Ackermann, S., Hiller, S., and Hambrock, A.
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(2011). Untersuchungen zur Bedeutung des Sulfonylharnstoffrezeptors SUR1 für apoptotische bzw. anti-apoptotische Effekte von 17β-Estradiol in pankreatischen β-Zellen. Forschungskolloquium 2011 der Medizinischen Fakultät der Eberhard Karls Universität Tübingen. P40, p.63
Bernardo de Oliveira-Franz, C., Braeuning, A., Ackermann, S., Müller, C. und Hambrock, A.