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Rituelle Performanzen und die Transformation sozialer, kultureller und persönlicher Identitäten in Vietnam

Subject Area Social and Cultural Anthropology and Ethnology
Term from 2005 to 2009
Project identifier Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Project number 5454407
 
Für das Forschungsprojekt Rituelle Performanzen und die Transformation sozialer, kultureller und persönlicher Identitäten in Vietnam wurden Dr. Kirsten Endres, Institut für Ethnologie, Universität Freiburg, Fördermittel der Deutschen Forschungsgemeinschaft für zwei Jahre bewilligt. Im Zuge der seit Beginn der Reformperiode (äoi mal) in Vietnam stattfindenden Revitalisierung religiöser Traditionen erfahrt unter anderem auch die indigene Religion der Vier Paläste in jüngster Zeit eine stetig wachsende Zahl von Anhängern. Die Vermittlung und Aneignung des Glaubens- und Regelkanons dieser oral tradierten, nonskripturalen Religion geschieht im Wesentlichen durch die rituelle Praxis des Len döng. Dabei handelt es sich um rituelle Performanzen, in deren Verlauf die Initianden eine (zuvor getroffene) Auswahl von Gottheiten des Vier Paläste-Pantheons verkörpern. Das enorme Wirtschaftswachstum der vergangenen Jahre hat unter anderem eine regelrechte Religionsindustrie hervorgebracht: Groß- und Einzelhändler, die sich auf den Verkauf von Ritualkleidung und -zubehör spezialisieren, florierende Familienunternehmen, die Votivobjekte aus Papier produzieren, Ritualspezialisten (thäy cüng), -musiker und -assistenten, die ihre vollen Terminkalender per Mobiltelefon koordinieren, sowie eine ständig wachsende Zahl von master mediums (döng thäy), die ihre Anhänger in die rituelle Praxis initiieren, ihre privaten Tempel bewirtschaften und Pilgerfahrten in entlegene Provinzen organisieren. Die Tatsache, dass vielen Gottheiten eine besondere Wirkmacht in wirtschaftlichen Angelegenheiten zugesprochen wird, veranschaulicht die grundsätzliche Offenheit religiöser Ikonen für neue Bedeutungszuschreibungen im veränderten sozioökonomischen Kontext. Die Verkörperung dieser Götterwelt im Ritual stellt folglich eine kulturell kodierte - und gleichzeitig kreative - Strategie zur Reflexion und Bewältigung von Veränderungsprozessen und damit verbundenen Kontingenzerfahrungen dar. Zugleich wird in diesem Boom-Kontext aber auch die grundsätzliche Anfechtbarkeit von symbolischen Bedeutungen und Handlungen evident, die sich unter anderem in umstrittenen Ansprüchen auf rituelle Authentizität, korrekte Ritualdurchfuhrung und interpretative Autorität manifestiert. Im Rahmen des Projekts werden anhand von ethnographischen Fallstudien die aus der performativen Verkörperung hervorgehenden, bzw. durch sie geformten oder veränderten Handlungsorientierungen und Identitätskonstruktionen der Ritualteilnehmer untersucht. Weiterhin wird analysiert, welchen Veränderungen die religiöse und rituelle Praxis im derzeitigen Transformationsprozess unterworfen ist und wie sich dieser auf die Konstituierung sozialer Rollen und Beziehungsnetzwerke innerhalb der Anhängerschaft der Religion der Vier Paläste auswirkt.
DFG Programme Research Grants
 
 

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