Lokale Ungleichgewichte und damit verbundene bodenchemische und -hydrologische Prozessdynamik als Merkmale des Stoffhaushalts gestörter Standorte
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Die zentrale Ausgangshypothese lautete, dass die Entwicklung des Wasser- und vor allem des Stoffhaushalts derart gestörter Standorte nur verstanden werden kann, wenn auch die Effekte lokaler Ungleichgewichte aufgeklärt und berücksichtigt werden. Dabei ist nicht nur die Art und Zusammensetzung der einzelnen Substratbestandteile, sondern auch deren räumliche Verteilung im Mischsubstrat für Stoffumsatz und -verlagerung sowie zur Einschätzung der Entwicklung der Standortqualität von Bedeutung. Ziel des Projekts war die Entwicklung eines Modells zur Beschreibung des reaktiven Transports gelöster Stoffe und der Pyritoxidation in heterogenen Kippböden (Pedonskala) unter Berücksichtigung von bevorzugten Fließbahnen und geochemisch unterschiedlichen Bodenregionen sowie die Bestimmung der Parameter des Interregionen-Massentransfers und der Übertragbarkeit. Zur Bearbeitung dieser Fragen wurden aufbauend auf Ergebnissen aus Vorgängerprojekten drei Leitprofile an zwei unterschiedlich alten Kippenstandorten aufgenommen und untersucht. Proben wurden anhand erkennbarer Strukturen genommen. Die angewandten Methoden umfassten Kontaktwinkelmessungen und Mini-Infiltrometer im Feld und Labor zur Bestimmung der Benetzbarkeit, neutronenradiographische Untersuchungen der kleinskaligen Wasserbewegung, ergänzende Mikro-Computertomographie zur Bestimmung der Dichte-und Porenverteilung und Vorversuche zur Auswahl geeigneter Farbtracer, die mit der vorhandenen Fluoreszenzkamera die gleichzeitige Visualisierung von Wasserfluss und pH-Verteilung ermöglichen sollen. Dies wurde auch notwendig, weil es nicht gelang mit herkömmlichen Farbtracern die niedrigen pH-Werte der dunklen Substrate abzubilden. Aus den Profilen isolierte kohlig-schluffige Fragmente wurden in Schalen getrennt und hinsichtlich ihrer kleinskaligen chemischen Eigenschaften charakterisiert. Mikrokosmenversuche mit gestörten und ungestörten Säulen führten die Versuche des Vorläuferprojekts weiter. Bisher wurden in den Säulen frisch aus dem Tagebau entnommene Kohle-Fragmente eingesetzt und nun durch unterschiedlich alte Fragmente der beiden Standorte ergänzt, um dadurch den Effekt der Alterung der kohlig-schluffigen Substanz abzubilden. Die Ergebnisse der Untersuchung hydraulischer Eigenschaften für den tertiären Standort „Bärenbrücker Höhe“ zeigen eine relative Homogenität unterhalb des Meliorationshorizontes, was darauf hindeutet, dass die in Vorarbeiten beobachteten präferentiellen Fließwege eher auf subskalige Inhomogenitäten an Übergängen der Kipprippen, Hydrophobieeffekte und lokale Ungleichgewichte zwischen kohligen Fragmenten und Matrix zurückzuführen sind. Die Ergebnisse der Kontaktwinkelmessungen zeigen keinen Trend, weder in Abhängigkeit von den Standorten noch von den Substraten. Daraus lässt sich schließen, dass hier vermutlich die potentielle Hydrophobie nicht entscheidend durch die Konzentration und Qualität der kohlehaltigen organischen Substanz beeinflusst wird. Aus den Neutronenradiographie-Experimenten lässt sich schließen, dass die ungesättigte Wasserbewegung bei relativ hoher Bodenfeuchte (geringe Saugspannungen) bevorzugt entlang von Fließbahnen in der Sand-Kohlestaub-Matrix stattfindet. Die Kohlefragmente vom Standort Bärenbrücker Höhe wurden bevorzugt infiltriert während die vom Standort Domsdorf umflossen wurden, was auf eine unterschiedliche Mikrostruktur der Kohle hinweist. Die Ergebnisse der Neutronenradiographie-Untersuchungen scheinen auch geeignet, um die Raten des Massentransfers zwischen der Matrix und den Fragmenten zu quantifizieren. Die Auswertungen dazu sind aber noch nicht abgeschlossen. In chemischer Hinsicht zeigen die Fragmentproben aus Bärenbrück einen von außen nach innen abnehmenden pH- und ansteigenden EC-Wert, die Proben aus Domsdorf zeigen diese Unterschiede nicht. Diese Befunde bestätigen das höhere Versauerungspotential im Kernbereich der Fragmente. Die Säureneutralisationskapazität steigt von außen nach innen und liegt in Domsdorf 2-3-fach höher als in Bärenbrück. Die hohe Basenneutralisationskapazität aller Proben aus Bärenbrück zeigt das insgesamt höhere Versauerungspotential des jüngeren Standorts, welches in Domsdorf im Außenbereich der Fragmente schon deutlich verringert ist. Die Ergebnisse der Mikrokosmenversuche lassen deutliche Unterschiede sowohl zwischen den beiden Standorten als auch zwischen den Varianten mit künstlichen Gemischen und ungestört entnommenen Säulen erkennen. Im Vergleich mit Ergebnissen aus den Säulenversuchen mit frischen kohligen Fragmenten zeigen sich Unterschiede, die wahrscheinlich auf das Alter der kohligen Substanz seit Verkippung zurückgeführt werden können. Die DOCAusträge liegen sehr deutlich über denen des frischen Materials, was die Vermutung unterstützt, dass das kohlige Material über die Zeit durch physikalisch-chemische wie auch biologische Prozesse abgebaut wird. Die Ergebnisse fügen zur Gesamtfragestellung weitere wertvolle Einzelbausteine hinzu.