Numerisch-Stochastisches Upscaling
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Bei vielen Modellierungen natürlicher oder technischer Vorgänge bestehen Unsicherheiten; z. B. wenn das mathematische Modell eine partielle Differentialgleichung ist, k¨onnen die Koeffizienten oder die Randbedingungen unsicher sein. Versucht man, diese Unsicherheiten zu quantifizieren, so f¨uhrt dies meist auf probabilistische Modelle, und die Koeffizienten sind dann z. B. r¨aumliche Zufallsfelder. In diesem Projekt ist diese Methodik in Zusammenarbeit mit der Universit¨at Stuttgart bei der Simulation von Fließvorg¨angen in heterogenen B¨oden und Grundwasserleitern zur Anwendung gekommen. Hierbei lag der Fokus auf der M¨oglichkeit der Nutzung undWeiterentwicklung einer neuen Gruppe von Methoden f¨ur solche Fragestellungen sowie die Evaluation ihrer Effizienz und Genauigkeit verglichen mit mehr traditionellen Verfahren. Gleichzeitig ist die beispielhafte Kopplung der allgemeinen stochastischen Programme, die hier entwickelt wurden, mit den spezifischen Grundwassersimulationsprogrammen der Universit¨at Stuttgart entwickelt und demonstriert worden. Im Stuttgarter Projekt wurde haupts¨achlich der ingenieurwissenschaftliche Aspekt der gesamten Fragestellung behandelt. Bei der Simulation von Prozessen, die stochastische Parameter enthalten, werden traditionell entweder St¨orungsverfahren benutzt, um statistische Momente niedriger Ordnung zu berechnen, oder Monte Carlo Methoden, die gleichsam die statistische Stichprobe im Rechner nachvollziehen, oder Verfahren, die neue Gleichungen aufstellen (und zu l¨osen versuchen), die die Verteilungsfunktionen der Ergebnisse bzw. Systemantwort bestimmen. In diese letzte Gruppe fallen z. B. die Fokker-Planck Gleichung der Physik und die in der Chemie h¨aufig verwendete Master-Gleichung; mathematisch gesehen Varianten der Chapman- Kolmogoroff-Gleichung. Die in dem Vorhaben zur Anwendung gekommenen Verfahren beruhen auf einer anderen Variante, zur¨uckgehend auf eine Idee Norbert Wieners, nämlich die Ergebnisse bzw. Systemantwort als Funktion anderer Zufallsvariablen darzustellen. N. Wiener hatte hierf¨ur Polynome in unabhängigen Gauß’schen Variablen vorgeschlagen, das sog. Polynomial Chaos, und diese sind auch hier verwendet worden. Hat man sich einmal f¨ur das polynomiale Chaos als Basis entschieden, so bleibt noch, die Zahl der unabh¨angigen Zufallsvariablen zu bestimmen, den Grad der Polynome festzulegen, und Verfahren zur numerischen Bestimmung der Koeffizienten zu entwickeln. Bei der Antragstellung war f¨ur die Koeffizientenbestimmung nur das Galerkin-Verfahren ins Auge gefaßt worden. W¨ahrend der Laufzeit des Vorhabens ist das stochastische Kollokationsverfahren in der Literatur entwickelt und beschrieben worden. Da dieses eine sehr interessante Variante zur Koeffizientenbestimmung darstellt, wurde auch diese Methode in die Untersuchungen aufgenommen. Das Problem des Transportes im Grundwasser konnte durch zwei stochastische partielle Differentialgleichungen beschrieben werden: zum einen die Darcy’sche Druckgleichung (Massenerhaltung des Grundwassers), welche als Ergebnis den Grundwasserfluß (als r¨aumliches Zufallsfeld) liefert, und zum anderen die Transportgleichung f¨ur eine im Grundwasser gel¨oste Substanz - im Folgenden "Tracer" genannt - deren Verteilung im por¨osen Boden auf den Bodeneigenschaften und auf dem Grundwasserfluß beruht. Hierbei ist es gelungen, den Grundwasserfluß direkt als zuf¨alliges r¨aumliches Feld ohne Umwege ¨uber Verteilungen oder Momente zu berechnen, und von der Darcy’schen Druckgleichung die Transportgleichung zu ¨ubertragen, um letztendlich ebenso die Konzentration des Tracers als Zufallsfeld berechnen zu k¨onnen. Aufbauend hierauf konnten beispielhaft unterschiedliche statistische Auswertungsfunktionale ermittelt werden. Der gesamte Rechengang wurde mit unterschiedlichen numerischen Verfahren durchgef¨uhrt und mit Monte Carlo Simulationen und vereinfachten Ergebnissen der Universit¨at Stuttgart verglichen. Ebenso ist es gelungen, das Prinzip der Komponenten- Softwarekopplung hierbei durchzuf¨uhren und seine praktische Anwendbarkeit zu demonstrieren. Hierzu wurde - in Synergie mit anderen Projekten - eine "Middleware" entwickelt (die "component template library - CTL", in der das Software-Engineering bzgl. der Kopplung deterministischer Simulationscodes mit allgemeiner stochastischer Numerik entwickelt und durch Implementation demonstriert wurde. Die fachlichen Ergebnisse erstrecken sich auf die Darstellung von Zufallsfeldern, die numerische Berechnung dieser Darstellungen, und die Verwendung dieser Darstellungen in der Numerik stochastischer partieller Differentialgleichungen (abgek¨urzut SPDE - stochastic partial differential equations). Weiterhin wurden unterschiedliche numerische Verfahren zur L¨osung von SPDEs untersucht und bez¨uglich ihrer Effizienz und Genauigkeit verglichen. Hierbei hat sich gezeigt, daß die modernen stochastischen Galerkin- und Kollokationsverfahren sehr viel effizienter als die traditionellen Monte Carlo Methoden sein k¨onnen. Die vereinfachenden, auf Linearisierung beruhenden St¨orungsverfahren haben nur ein begrenztes Einsatzgebiet. Die Systemantwort hat als r¨aumliches Feld eine Kovarianzfunktion, mit deren Hilfe die Karhunen-Lo`eve Entwicklung (KLE) der Systemantwort berechnet werden kann, und die dazu dient, einen Skalen¨ubergang machen zu k¨onnen. Die KLE-Funktionen sind n¨amlich so etwas wie eine verallgemeinerte Fourier-Entwicklung, eine Aufl¨osung des Zufallsfeldes in verschiedeneWellenl ¨angen. Es wurden Methoden entwickelt, die KLE gleichzeitig mit der Systemantwort zu berechnen. Bei einer ¨Ubertragung auf gr¨oßere Skalen kann damit ein Teil "stochastisch homogenisiert" werden, und der langwellige Teil auf einer gr¨oberen Skala als Zufallsfeld beibehalten werden. 2.2 Ausblick auf k¨unftige Arbeiten und Beschreibung m¨oglicher Anwendungen. Da der F¨orderzeitraum auf 2 Jahre gek¨urzt worden war, mußte auch das Arbeitsprogramm gek¨urzt werden. Insbesondere wurde gemeinsam mit der Universit¨at Stuttgart entschieden, sich auf station¨are und lineare Probleme zu beschr¨anken. Viele der hier entwickelten Methoden lassen sich prinzipiell auf nicht-lineare Probleme ¨ubertragen. Ebenso lassen sich insbesondere die Methoden des polynomialen Chaos auf instation¨are Probleme anwenden, da das Itˆo-Integral mit Hilfe des Wick-Produkts elegant numerisch behandelt werden kann. Hieraus ergeben sich die ersten Ankn¨upfungspunkte f¨ur zuk¨unftige Arbeiten. Aber die Systemanwort, auch bei stochastischer Formulierung, ist f¨ur viele Fragestellungen nur der erste Schritt. Die L¨osung dieser sog. Vorw¨artsfragestellung ist die Grundlage, um inverse Fragestellungen angehen zu k¨onnen. Zu diesen inversen Fragestellungen geh¨oren: • Bayes’sche Verfahren zum Verbessern der stochastischen Beschreibung eines Problems bei Vorliegen neuer Informationen • Stochastische Identifikationsprobleme bei unvollst¨andiger Information • Identifikation ph¨anomenologischer Prozesse auf gr¨oberen Skalen • Optimierungsprobleme unter Ber¨ucksichtigung der stochastischen Eigenschaften des Problems • Berechnung von Risikominimierungs-Maßnahmen • Berechnung optimaler Stichprobenpl¨ane f¨ur Bayes’sche Verfahren Allen diesen Problemen ist gemeinsam, daß bei konventioneller Berechnung z. T. kaskadierende Monte Carlo Verfahren n¨otig sind, die u. U. im Inneren eines randomisierten Optimierungsverfahrens benutzt werden. Dies treibt den Rechenaufwand schon bei den einfachsten Problemen in praktisch kaum zug¨angliche Bereiche. Hier kann dann ein wesentlicher Effizienzgewinn mit Methoden erzielt werden, die auf einer funktionalen Darstellung in Bezug auf grundlegende Zufallsvariablen beruhen, wie sie z. B. durch stochastische Galerkin- und Kollokationsverfahren erzielt werden. Ein anderer Aspekt sind Probleme mit in stochastischer Sicht sehr irregul¨aren L¨osungen. Dies sind z. B. Zufallsvariablen mit unendlicher Varianz, unendlichem Erwartungswert, oder sog. stochastische Distributionen. Solche Variablen k¨onnen durchaus auftreten, insbesondere als Zwischenergebnisse stochastischer Berechnungen. Diese mathematischen Objekte entziehen sich der Berechnung durch Monte Carlo Simulationen, da hierbei endliche Varianz eine zwingende Voraussetzung ist. Stochastische Galerkin-Verfahren k¨onnen dagegen auch hier eingesetzt werden, da die Entwicklung im polynomialen Chaos geradezu die definierende Grundlage f¨ur die sog. "White Noise Analysis" solcher stochastischen Distributionen ist.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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A Computational Approach for Probabilistic Laws Identification of Heterogeneous Materials Plastic Behavior Properties. Proceedings of the IXth Conferernce on Computational Plasticity (COMPLAS), E. Onate and D. R. J. Owen (eds.), CIMNE Press, Barcelona, 2007
M. Hautefeuille, S. Melnyk, J.-B. Colliat, H. G. Matthies, A. Ibrahimbegovic
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Component-Based Software System for Simulating Stochastic Models with the Monte Carlo method. ECCOMAS Thematic Conference on Multi-scale Computational Methods for Solids and Fluids. Cachan, Frankreich, Nov. 2007.
M. Krosche, H. G. Matthies
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Hierarchical Parallelisation for the Solution of Stochastic Finite Element Equations. Computers & Structures 83 (2005), 1033-1047.
A. Keese, H. G. Matthies
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Inelastic Media under Uncertainty: Stochastic Models and Computational Approaches. In: B. D. Reddy (ed.), IUTAM Symposium on Theoretical, Computational and Modelling Aspects of Inelastic Media. Springer-Verlag, Berlin 2008
H. G. Matthies, B. Rosic
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Multi- Scale Modeling of Heterogeneous Structures with Inelastic Constitutive Behavor. Part I¿Physical and Mathematical Aspects. Engrng. Computations 22 (2005), 664-693
D. Markovic, R. Niekamp, A. Ibrahimbegovic, H. G. Matthies, R. L. Taylor
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Quantifying Uncertainty: Modern Computational Representation of Probability and Applications, In: A. Ibrahimbegovic and I. Kozar (eds.), Extreme Man-Made and Natural Hazards in Dynamics of Structures, NATO-ARW Series. Springer Verlag, Berlin, 2007.
H. G. Matthies
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Simulation and solution of stochastic systems with a component-based software design. 6th International Congress of Industrial and Applied Mathematics, Zürich, Schweiz, 2007.
M. Krosche, M. Hautefeuille
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Simulation and Solution of Stochastic Systems with a Component-Based Software Design. PAMM - Proc. Appl. Math. Mech. 7: 2140001- 2140002, 2007.
M. Krosche, M. Hautefeuille
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Simulation of Nonlinear Random Finite Depth Waves Coupled with an Elastic Structure. Comp. Meth. Appl. Mech. Engrng. 195 (2006) 3072-3086
T. Srisupattarawanit, R. Niekamp, H. G. Matthies
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Software Realisations of MC and Stochastic Galerkin Methods. GAMM, Bremen, 2008.
M. Krosche, H. G. Matthies
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Stochastic Analysis of Coupled Nonlinear Thermo- Mechanical Models: SFEM Model. Proceedings of 3rd ECCM 2006, Lisbon, Portugal.
J.-B. Colliat, Martin Krosche, Markus Krosche, M. Hautefeuille, A. Ibrahimbegovic, R. Niekamp, H. G. Matthies
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Stochastic Approach to Size Effect in Quasi-Brittle Materials. Comptes Rendus Mécanique 335 (2007) 430-435
J.-B. Colliat, M. Hautefeuille, A. Ibrahimbegovic, H. G. Matthies
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Stochastic Finite Elements: Computational Approaches to Stochastic Partial Differential Equations, Zeitschrift für Angewandte Mathematik und Mechanik (ZAMM), 88 (11): 849-873, 2008
Hermann G. Matthies
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Uncertainty Quantification with Stochastic Finite Elements. Prepared for the Encyclopedia of Computational Mechanics, E. Stein, R. de Borst, T. R. J. Huges (eds.), John Wiley & Sons, Chichester, 2007
H. G. Matthies