Identifikation und Erstellung von Modellen der Strukturdynamik auf Basis der Systemtheorie zur Schadenserkennung und -lokalisation
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Die Systemtheorie im Zusammenhang mit der Identifikation kann als eine interdisziplinäre Methode zur Modellbildung technischer Prozesse verstanden werden. In diesem Forschungsvorhaben wurde diese eigenständige Disziplin auf der Basis von zu identifizierenden und parametrisierten Übertragungsmodellen angewendet. Damit wurde das dynamische Verhalten von realen Ingenieurkonstruktionen (z.B. Bauwerke, Anlagen und Maschinen) auf experimentellem und numerischem Weg direkt ohne weitere mechanische Prinzipe abgebildet. Hiermit können zielführende globale Aussagen über den Zustand (z.B. zur Schadensfrüherkennung) der untersuchten Objekte an den signifikanten Modellparametern abgeleitet werden. Alternativ ist das sogenannte Model‐Updating von Finite Elemente Methoden sehr bekannt, die eine Optimierungsmethodik von ausgewählten physikalisch signifikanten Parametern aus einer großen Vielzahl darstellt. Prinzip bedingt kann diese Auswahl oftmals zu Fehlinterpretation der Ergebnisse führen. Dagegen bilden identifizierte parametrisierte Übertragungsmodelle mit wenigen Parametern direkt den experimentell gemessenen realen Zustand ab. Dies ist sehr vorteilhaft; nachteilhaft ist hier oftmals die nicht direkte physikalische Interpretationsmöglichkeit. Durch die Definition von korrespondierenden mechanischen Parametern, erstmalig abgeleitet aus dem systemtheoretischen Übertragungsmodell, wurde mit Hilfe der parametrisierten Übertragungsfunktion im Rahmen der Projektbearbeitung ein physikalischer Zugang möglich. Dieser kann sehr zielführend eingesetzt werden um Zustandsdiagnosen und Schadenslokalisationen an Ingenieurkonstruktionen zu ermöglichen. Experimentelle Untersuchungen an einem real geschädigten Bauwerk bestätigten die Methode: Hierzu wurden Großversuche im Jahr 2005 an einer Brücke in Hünxe gemeinsam mit dem SFB398 und SFB477 durchgeführt. Experimentelle dynamische Untersuchungen an exponierten realen mechanischen Strukturen erfordern spezielle Belastungsszenarien. Diese können deterministischen oder stochastischen Charakter haben und sind entscheidend für die Wahl der numerischen Methodik. Die durchgeführten deterministischen, impulsförmigen Anregungen mit Spezialversuchstechnik für Großversuche sind sehr aufwendig und kostenintensiv, deshalb bietet sich alternativ das sogenannte natürliche Umweltrauschen an; hiermit sind kostengünstige Experimente realisierbar. Beide Methoden erfordern eine Normierung des Übertragungsverhaltens auf Basis der durchgeführten Versuchsbelastungen. Diese Tatsache ist nicht trivial, da die Versuchsbedingungen nicht den theoretischen erforderlichen Voraussetzungen genügen. Für beide experimentellen Ansätze konnten Lösungswege im Projektverlauf erarbeitet werden. Besonders für die numerisch sehr anspruchsvolle stochastische Methode, wo die experimentellen Versuchslasten gänzlich unbekannt sind, ist es gelungen eine vielversprechende Methode aus der Filter‐ und Schätztheorie zu adaptieren. Mit dieser kann eine Schadendetektion und –lokalisation mit ambienter Erregung nachweislich unter realen Laborbedingungen ermöglicht werden. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Realisierbarkeit zur Schadendetektion und –lokalisation an realen Ingenieurbauwerken auf Basis der systemtheoretischen Identifikationsmethodik in realen Labor‐ und Großversuchen prinzipiell aufgezeigt werden konnte. Die im Projektverlauf erstmalig e arbeitete und vorgeschlagene neue stochastische Methode ist grundsätzlich sehr vielversprechend.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
- Output‐Only Analysis for Experimental Damage Detection of a Tied‐Arch Bridge. IKM 2006, 17th International Conference on the Application of Computer Science and Mathematics in Architecture and Civil Engineering, 2006. Ed.: Gürlebeck, K. und C., ISSN 1611‐4086
A. Lenzen, C. Ebert
- Zustandsüberwachung von Bauwerken mit der Systemidentifikation – Experimentelle Schwingungsanalysen am Beispiel der Brücke Hünxe, Berichtskolloquium 2006, Sonderforschungsbereich 477, Sicherstellung der Nutzungsfähigkeit von Bauwerken mit Hilfe innovativer Bauwerksüberwachung, Braunschweig 2006
A. Lenzen
- Experiments for Damage Detection by Subspace Identification on Real Mechanical Structures. 3rd International Conference Lifetime‐oriented Design Concepts, 2007. Ruhr‐Universität Bochum, Ed.: F. Stangenberg et al. ISBN: 978‐3‐931681‐90‐6
A. Lenzen, C. Ebert
- Lifetime‐Oriented Structural Design Concepts. Springer Science & Business Media, 2009, ISBN 978‐3‐642‐01461‐1
F. Stangenberg et al.
- Experiments for Damage Detection by Subspace Identification on a Tied Arch Bridge. Bridge, Maintenance, Safety, Management and Life‐Cycle Optimization – Frangopol, Sause & Kusko (eds) 2010 Taylor & Francis, London, ISBN 978‐0‐415‐87786‐2
A. Lenzen, C. Ebert
- Systemidentifikation zur Modellierung mechanischer Strukturen – Markovparameter zur experimentellen Schadenserfassung. Dissertation, Universität Siegen, 2013
C. Ebert
- A New Technique for Damage Localisation Using Estimates in Krein Spaces. Proceedings of the 6th International Operational Modal Analysis Conference, 2015, ISBN 978‐84‐617‐3880‐9
A. Lenzen, M. Vollmering
- Eine neue Methodik zur schwingungsbasierten Schadensidentifikation. 5. VDI Fachtagung Baudynamik, 2015, ISBN 978‐3‐18‐092244‐7
A. Lenzen, M. Vollmering