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Online-Quantifizierung der Schmerzintensität in der klinischen Anästhesie

Subject Area Anaesthesiology
Term from 2005 to 2009
Project identifier Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Project number 5444906
 
Final Report Year 2009

Final Report Abstract

Ziel einer Vollnarkose ist das Erreichen und Aufrechterhalten des Zustandes einer adäquaten, an die Bedürfnisse des Patienten individuell angepassten Anästhesie. Dabei wird zwischen den Hauptkomponenten Hypnosetiefe (Tiefe der Bewusstlosigkeit), Analgesie (Schmerzfreiheit) und Muskelrelaxation (Zustand der Muskelerschlaffung) unterschieden. Weiterhin gehören die Reflexdämpfung und die Überwachung der Vitalparameter zu den Aufgaben des Anästhesisten. Immer komplexere Operationsbedingungen erhöhen den „Workload“ für den Anästhesisten erheblich. Somit sucht die Automatisierungstechnik nach Möglichkeiten, Teilaufgaben der Narkoseführung automatischen Systemen zu übertragen. Grundlegende Voraussetzung für die Automatisierung ist sowohl die Messbarkeit der Zielgröße als auch deren Steuerbarkeit über die Stellgröße. Mit Unterstützung hat die interdisziplinäre Arbeitsgruppe „Anaesthesia Control“, bestehend aus Anästhesisten der Klinik und Poliklinik für Anästhesiologie und Intensivtherapie und Ingenieuren des Institutes für Automatisierungstechnik, im Verlauf der vergangenen 13 Jahre ein Assistenzsystem zur Narkoseführung entwickelt. Beginnend mit der Erfassung des neuromuskulären Blockadegrades wurde das System zunächst um die Komponente der Regelung der neuromuskulären Blockade und dann um die Komponenten der Erfassung und Regelung der Hypnosetiefe erweitert. Logischer Schluss war somit eine Erweiterung des Systems um die 3. Hauptkomponente der Anästhesie, die Analgesie. Diese Erweiterung wurde in dem abgeschlossenen Projekt vollzogen und es besteht somit erstmals die Möglichkeit, die drei Hauptkomponenten der Narkose - Relaxation, Hypnosetiefe und Analgesie - zeitgleich mit einem System zu regeln. Zeitgleich mit der Integration der Analgesiekomponente in das Regelungssystem wurde die Gesamtstruktur des Assistenzsystems grundlegend verändert. Wurde früher ein in MATLAB und C entwickeltes Tool zur Einbindung verschiedener Monitore und Spritzenpumpen genutzt, so sind wir jetzt zu einer Datenbank basierten Lösung übergegangen. Aktuell werden die Informationen aller implementierten Monitore direkt in einer Datenbank abgelegt, dabei wird die größtmögliche Datenrate der Geräte angestrebt, um das Maximum an Informationen zu speichern. Die Regelungen holen sich dann ihrer Abtastzeit entsprechend die benötigten Informationen aus der Datenbank und nicht mehr direkt von den Messgeräten. Somit ist eine erhöhte Flexibilität bei der Wahl der Abtastzeit bei gleichzeitiger maximaler Datensicherung sichergestellt. Ausgehend von dem Wunsch, möglichst alle messbaren Parameter im Rohzustand zu kennen und die Schritte der Datenverarbeitung nachvollziehen zu können, haben wir für die Entwicklungsphase ein zusätzliches EKG-Signal vom Patienten abgenommen und das Signal dann mit einem uns von der Firma Suess-Medizin-Technik GmbH zur Verfügung gestellten Messmodul weiterverarbeitet. Die so gewonnene Herzfrequenz (HR) bildete die Grundlage für die Suche nach einem online-fähigen Parameter für die Bestimmung der Herzfrequenzvariabilität (HRV). Nachdem wir diesen mit dem eigens entwickelten Parameter SDcont gefunden haben, konnten wir ein Regelungssystem mit den Werten HR, HRV und mittlerem arteriellen Blutdruck (MAP) als Eingangsgrößen und der zu applizierenden Rate an Remifentanil als Ausgangsgröße entwickeln und in ersten klinischen Test einsetzen. Zunächst entwickelte Tools zur Online-Erfassung der HRV und der online Berechnung der Medikamentenkonzentrationen unter Verwendung der sogenannten TCI-Modelle fanden Eingang in das Fuzzy-System zur automatischen Remifentanildosierung. In dem Projekt wurde die noch ausstehende Komponente der Analgesie in das Rostocker Assistenzsystem zur Narkoseführung (RAN) integriert. Somit ist es erstmals möglich, simultan alle drei Hauptkomponenten der Narkose - Relaxation, Hypnosetiefe und Analgesie zu regeln. Das RAN ist dabei so konzipiert, dass eine Vielzahl von zusätzlichen Parametern integriert, visualisiert, aufgezeichnet und bewertet werden kann. Somit wurde die Grundlage für einen „Autopiloten“ geschaffen, der modular erweitert werden kann. In nachfolgenden Projekten bedarf es noch einer klinischen Validierung der Mehrgrößenregelung von Hypnosetiefe und Analgesie an einem großen Patientenkollektiv, da bis jetzt leider nur zehn Patienten gemessen werden konnten. Weiterhin sollte sich dann eine Studie mit der Regelung aller Komponenten anschließen. Für das Assistenzsystem sind im Wesentlichen zwei Anwendungsaspekte zu benennen. Zum einen wird der Anästhesist durch die Anwendung des Assistenzsystems an seinem Arbeitsplatz unterstützt, da das System die an den Patientenzustand adaptierte Dosierung der Medikamente für die Relaxation, Hypnosetiefe und Analgesie übernimmt. Der Anästhesist legt die Sollwerte für Hypnosetiefe und Relaxation fest und überwacht die Alarme, die ausgelöst werden, wenn die gemessenen Werte für die Hypnosetiefe oder die Muskelrelaxation definierte Ober- oder Untergrenzen über- bzw. unterschreiten. In die Berechnung der Dosierung des Analgetikums gehen MAP und HR ein, so dass dort angesetzte obere und untere Grenzwerte für die HR und MAP überwacht und eine Verletzung dem Anästhesisten gemeldet wird. In diesem Fall obliegt es dem Anästhesisten, in das System einzugreifen oder, was jederzeit möglich ist, auf eine manuelle Steuerung umzuschalten. Zum zweiten gibt das System dem behandelnden Anästhesisten in der Ausleitungsphase der Narkose die Möglichkeit, die Anästhesie durch eine individuelle, stufenweise Anpassung der Obergrenzen optimal und zeitsparend zu steuern. Darüber hinaus kann sich der Anästhesist besser auf den Patienten und das Management kritischer Situation während des chirurgischen Eingriffs konzentrieren. Dies erscheint im Zuge einer immer größeren Bedeutung des Qualitätsmanagements im klinischen Bereich und der ausgebauten Behandlungsmöglichkeiten auch für schwerstkranke Patienten erforderlich. Durch die kontinuierliche Überwachung des Patientenzustandes liefert das System einen entscheidenden Beitrag für die Sicherheit des Patienten unter Narkosebedingungen. Somit kann das von uns entwickelte Assistenzsystem zur Narkoseführung zum einen dem Anästhesisten Routinearbeiten abnehmen und zum anderen die Qualität der Narkoseführung verbessern.

 
 

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