Phylogeographische Rekonstruktion der Besiedlung von Süßgewässern Asiens und Ozeaniens durch Krabben
Final Report Abstract
Das vorliegende Projekt wurde konzipiert, um die Verwandtschaftsverhältnisse und historische Biogeographie von Süßwasserkrabben der altweltlichen Überfamilie Gecarcinucoidea zu klären. Dabei wurde zunächst die Systematik dieser Gruppe mit morphologischen Merkmalen des männlichen Reproduktionsapparats (dem zweiten Gonopoden) analysiert. Dabei konnten die madagassischen Süßwasserkrabben als eine Abstammungsgemeinschaft identifiziert werden, deren nächste Verwandte in Ostafrika, auf den Seychellen und in Westafrika leben (die Familie Deckeniidae). Aufgrund der morphologischen Ähnlichkeiten wurden die asiatischen Gecarcinucidae zunächst als Schwestergruppe der Deckeniidae aufgefasst. Die molekulargenetischen Daten widerlegten diese Annahme. Die Ähnlichkeiten basieren vielmehr auf dem ancestralen Merkmalszustand. Mit einem großen molekularphylogenetischen Datensatz, von Museumsmaterial und vor Ort gesammelten Tieren, wurde eine detaillierte Phylogenie der asiatischen Gecarcinucidae erstellt. Diese war nicht kongruent zu bisherigen taxonomischen Ansätzen. Molekularphylogenetisch konnten wir acht Gruppen identifizieren, die unabhängige evolutionäre Linien darstellen (wobei die exakten Verwandtschaftsverhältnisse einiger Taxa des Indischen Subkontinents nicht aufgelöst werden konnten). Sehr wahrscheinlich hat diese Familie ihren Ursprung auf dem indischen Subkontinent und wanderte erst später nach Ost- und Südostasien ein. Australien wurde nur durch eine der acht Gruppen erreicht - ein eindeutiger Beleg dafür, dass die altweltlichen Süßwasserkrabben kein Relikt einer ehemaligen Gondwanaverbreitung darstellen. Ihre Phylogenie stimmt keineswegs mit der tektonischen Fragmentierung des mesozoischen Gondwanakontinents überein. Ein Zentrum genetischer Diversität der Gecarcinucidae stellt Borneo dar, wo vier der acht Gruppen vorkommen. Dies bestätigt die hohe Biodiversität dieser Insel nicht nur für Wirbeltiere und Samenpflanzen, sondern auch für limnische Invertebraten. Mit der Gattung Parathelphusa wurde eine dieser evolutionären Linien einer detaillierteren phylogeographischen Analyse unterzogen. Sie besiedelt die großen Sundainseln und das angrenzende malaiische Festland. Die Verwandtschaftsverhältnisse innerhalb der Gattung reflektieren die Reihenfolge der Isolierung der Sundainseln, die während der Eiszeiten eine zusammenhängende Landmasse bildeten. Aufgrund fehlender Kalibrierungspunkte konnte eine genaue Datierung phylogenetischer Splits mittels einer molekularen Uhr nur grob vorgenommen werden. Genetische Marker können bislang nicht die Verwandschaftsverhältnisse zwischen den altweltlichen Süßwasserkrabben-Familien klären. Gerade die älteren Splits zwischen den Taxa sind nicht aufgelöst. Dies kann einerseits an den verwendeten Markern liegen - aber auch an einer sehr schnellen Aufspaltung mit anschließender Diversifizierung, so dass das Verhältnis der Familien zueinander mit molekularen Methoden vielleicht nie entschlüsselt werden kann. Deshalb wurde ein weiterer morphologischer Merkmalskomplex bearbeitet, der bereits bei der Verwandtschaftsanalyse zwischen den marinen brachyuren Familien Verwendung fand: Der Ultrastruktur von Spermien und Spermatophoren. Die Hoffnung, die in dieses Merkmal gesetzt wurde, erfüllte sich jedoch nur teilweise. Es wurden Merkmalszustände identifiziert, die an der Basis der Potamidae und Gecarcinucidae evolviert sein müssen, aber es gab keine Merkmale, die ein Schwestergruppenverhältnis zwischen einzelnen altweltlichen Süßwasserkrabbenfamilien wahrscheinlich machen würden. Es zeigte sich auch, dass erst bei großer Stichprobengröße eine zuverlässige Aussage zum Grundmuster der Spermienmorphologie zulässig ist, da häufig Merkmale innerhalb einer Gruppe reduziert werden. Dies ist eine wichtige Erkenntnis für zukünftige ultrastrukturelle, spermatologische Arbeiten bei brachyuren Krabben.
Publications
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