Einfluss von Verunreinigungen auf die Phasengleichgwichtstemperaturen von Reinstmetallen und binären Metall-Legierungen (Temperatur-Fixpunkte)
Final Report Abstract
Während des Bearbeitungszeitraumes wurden am Institut für Prozessmess- und Sensortechnik derTU Ilmenau miniaturisierte Fixpunktzellen (MFPZ) aus Aluminiumoxidkeramik für Präzisionsmessungen mit industriellen Widerstandsthermometern entwickelt. Eine Vielzahl dieser Zellen sowie mehrere Fixpunktzellen aus Aluminiumnitridkeramik wurden mit Zink unterschiedlicher Reinheitsgrade befüllt und über mehrere Monate unter verschärften Einsatzbedingungen gealtert. Während dieses Zeitraumes wurden die Zellen messtechnisch überwacht. Auf der Grundlage der gewonnenen Daten konnten Aussagen zum Alterungsverhalten des thermometrischen Fixpunktmaterials Zink in MFPZ sowie zum Langzeitverhalten von miniaturisierten, keramischen Fixpunktzellen und industriellen Mantelwiderstandsthermometern getroffen werden. Zudem wurden Verfahren zur reproduzierbaren Beschreibung des Schmelz- und Erstarrungsverhaltens in MFPZ identifiziert und verifiziert. Hiermit wird die Ableitung von Aussagen hinsichtlich der zerstörungsfreien Diagnose von MFPZ ermöglicht. Weiterhin erfolgten Dotierexperimente (d.h. gezielte Verunreinigungen) mit MFPZ und es wurden mehrere binäre Legierungen bezüglich ihrer Eignung als Fixpunktmaterialien für industrielle Anwendungen analysiert. Zur Untersuchung des Einflusses von Verunreinigungen auf Phasenumwandlungstemperaturen hochreiner Metalle wurden von der PTB-Arbeitsgruppe „Angewandte Thermometrie" ein adiabatischer Temperaturfixpunkt und eine schlanke Midi-Fixpunktzelle aus Graphit entwickelt. Weiterhin wurde eine zerstörungsfreie Methode erarbeitet, die es gestattet den Einfluss der sich ausbildenden Phasengrenze auf die Fixpunkttemperatur zu ermitteln. Außerdem wurden Dotrerexperimente bei bisher noch nicht erreichten, geringen Verunreinigungskonzentrationen durchgeführt. Auch ist es durch die gezielte thermische Entmischung von Verunreinigungen sowie dem anschließenden selektiven Aufschmelzen des Fixpunktmaterials erstmalig gelungen Fremdelemente, die zu einer Erhöhung der Phasenumwandlungstemperatur führen, ohne den direkten Vergleich mit einem Normal zerstörungsfrei nachzuweisen. Den zentralen Bestandteil der Arbeiten stellt die Untersuchung der Bildung und des Einflusses von Oxiden des Fixpunktmaterials und der darin enthaltenen Verunreinigungen dar. Zur Beschreibung dieses Einflusses wurden thermodynamische Modelle entwickelt und experimentell überprüft. Die hierzu benötigten Stoffdaten wurden wenn möglich der Literatur entnommen bzw. durch eigene Experimente ermittelt. Somit können künftig für alle Fixpunktmetalle der ITS-90 Vorhersagen über die Ausfällung von Verunreinigungen als Oxid getroffen werden. Ferner sind dank dieser Ergebnisse Aussagen über die zu erwartende Stabilität von Tiegeln aus Oxidkeramiken gegenüber Metallschmelzen möglich. Weltweit erstmalig wurden an zuvor thermometrisch vermessenen (PTB) Zink- und Indtum-Fixpunktzelien rückgeführte chemische Reinheitsanalysen (BAM) durchgeführt. Von der Arbeitsgruppe „Kalorische Größen" der PTB in Braunschweig wurde im Rahmen des Projekts das Schmelzverhalten von Indium in Abhängigkeit von der Verunreinigung Zink untersucht. Als Hauptkomponente wurde dabei Indium mit einer Reinheit von 99,9999 % (6N) verwendet, das als zertifiziertes Referenzmaterial zur Temperatur- und Wärmestromkalibrierung von Geräten zur dynamischen Differenzkalorimetrie (DSC) Verwendung findet. Mit Hilfe eines an der PTB entwickelten adiabatischen Kalorimeters wurde die Schmelzwärme des Indiums zu 28,660J/g ermittelt. Die vollständige Analyse des Unsicherheitsbudgets ergab die kombinierte Standardunsicherheit von 0,06 % (k=2, Vertrauensbereich 95 %).\nWeiterhin wurden kalorische Größen von gezielt mit Zink dotierten Indiumproben mit Konzentrationen von 45 • 10"^ mol/mol (45 ppm) bis 1,3 % Zink sowohl mit dem adiabatischen Kalorimeter als auch mit kommerziellen DSC-Geräten ermittelt. Die Untersuchungen umfassten Schmelzwärmen, Schmelztemperaturen, Schmelzbereiche, kryoskopisch ermittelte Reinheiten sowie Wärmekapazitäten der flüssigen und festen Phasen in der Nähe der Phasenumwandlung. Das Schmelzverhalten des hypoeutektischen Indium-Zink-Gemisches mit einem Zinkanteil von 1,3 % (lnZno.013) ließ sich in Übereinstimmung mit bekannten Daten beschreiben. Dagegen lag die Schmelztemperatur von Indium mit 45, 200 und 400 ppm Zink um 1 mK bis 100 mK höher als die von 6N-lndium. Dieses anormale Schmelzverhalten ist unvereinbar mit den Vorhersagen thermochemischer Rechnungen, die auf der Extrapolation experimenteller Daten aus dem Prozentbereich von zinkdotiertem Indium beruhen. Zum Vergleich wurden die Ergebnisse thermochemischer Rechnungen für das binäre System Indium-Zink und für das ternäre System Indium-Zink-Sauerstoff herangezogen, um auch den Einfluss von Sauerstoff beurteilen zu können. Die Untersuchungen haben gezeigt, dass die Beschreibung des Verunreinigungseinflusses bei Metallfixpunkten einer deutlich komplexeren Betrachtung bedarf als dies derzeit anhand des Standes von Wissenschaft und Technik erfolgt. In diesem Zusammenhang wurde deutlich, dass auch erheblicher Forschungsbedarf an exakten, metrologisch rückgeführten Verfahren zur Ermittlung der räumlichen Verteilung und der Quantifizierung des Gehaltes sowie des Bindungszustandes von Verunreinigungen in hochreinen Metallen besteht. Zudem zeigen Effekte wie das beobachtete anormale Phasenverhalten von Indium bei geringsten Verunreinigungskonzentrationen, dass der aktuelle Wissensstand als unzureichend zu bezeichnen ist. Zur Klärung der Frage des Verunreinigungseinflusses auf Schmelz- und Erstarrungstemperaturen hochreiner Metalle wird auch künftig die Kombination unterschiedlichster Methoden notwendig sein. Dies erfordert die enge Zusammenarbeit von Arbeitsgruppen aus den Bereichen der Thermometrie, Kalorimetrie, Thermochemie und computergestützten Simulation. Bei den Untersuchungen wurde deutlich, dass keramische Fixpunktzellen hinsichtlich der mechanisch-thermischen Belastbarkeit gegenüber Dichteänderungen der Fixpunktmetalle verbessert werden müssen. Zudem besteht weiterer Forschungsbedarf bezüglich geeigneter binärer Legierungen als Fixpunktmaterial für industrielle Anwendungen. Dies betrifft insbesondere den immer wichtiger werdenden Temperaturbereich zwischen 660 °C und 960 °C. Aber auch bei geringeren Temperaturen wie beispielsweise in der Lebensmittelindustrie, in Kühlwasserkreisläufen von Atomkraftwerken oder in Autoklaven besteht zunehmend Interesse an hochgenauen und driftarmen Temperatursensoren. Auch in diesen Temperaturbereichen bedarf es der weiteren Untersuchung geeigneter Fixpunktmaterialien.
Publications
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