Sind intestinale Neurotransmission, Motilität und Inflammation durch alternative Aktivierungswege des Endocannabinoidsystems beeinflussbar?
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Spezifische Membranrezeptoren, spezifische Enzyme, die am Metabolismus der Endocannabinoide beteiligt sind sowie Transportproteine haben den Begriff des Endocannabinoidsystems geprägt, welches im Gastrointestinaltrakt verschiedener Lebewesen einschließlich des Menschen, nachgewiesen wurde. Im Rahmen des Forschungsprojektes wurden bisher nur wenig bekannte Aktivierungswege untersucht, um neue Erkenntnisse zu erlangen, welche zukünftig eine therapeutische Modulation mit keinen oder geringeren unerwünschten Wirkungen wie Abhängigkeit und psychomimetischen Eigenschaften ermöglichen könnten. Unter der Annahme eines physiologisch aktiven Endocannabinoidsystems des Darmes, welches an der Modulation der Motilität das Gastrointestinaltraktes permanent beteiligt ist, wurde untersucht ob die Hemmung eines Membrantransporters für Endocannabinoide wie dem Anandamid, zu einer Veränderung der Motilität des Gastrointestinaltraktes führt. Ferner ob eine Blockade des Abbaus eine additive Wirkung aufweist. Es ist bekannt, dass durch einen Agonismus durch Anandamid, welches das am besten untersuchte Endocannabinoid darstellt, die neuronale Transmission zu einer Hemmung der gastrointestinalen Motilität führt. Daher wäre zu erwarten gewesen, dass eine spezifische Wiederaufnahme bzw. eine Hemmung des Abbaus zu einer Wirkungsverlängerung führen. In den aktuellen Untersuchungen hatte VDM11 ein spezifischer Blocker der Anandamidaufnahme keine Wirkung auf elektrisch induzierte Kontraktionen des Mäusekolons. Diese Ergebnisse sind konsistent mit aktuellen Untersuchungen anderer Forschergruppen (10). Die fehlende Wirkung könnte darauf beruhen, dass Endocannabinoide doch nicht permanent sondern nur bei Bedarf freigesetzt werden, somit eine Hemmung des Transportes bzw. des Abbaus unter physiologischen Bedingungen führt. Bei gleichzeitiger Applikation von Anandamid und einem Blocker für den Membrantransport von Anandamid wird dessen Wirkung auf den Gastrointestinaltrakt verlängert. Ob eine ähnliche Wirkung für Noladin, einem weiteren Endocannabinoid zutrifft, war bisher nicht erforscht. Aus diesem Grunde wurden in Vorversuche überprüft, ob eine gleichzeitige Gabe von Noladin und einem Transporthemmer zu einer Wirkungsverstärkung führt, was erstmals im Gastrointestinaltrakt bestätigt wurde. VDM11 führte zu einer Wirkungsverstärkung von Noladin auf elektrisch induzierte, damit neuronal vermittelte cholinerge Kontraktionen des Gastrointestinaltraktes. Diese neuen Erkenntnisse veranlassten uns zu einer weiteren Charakterisierung des Effektes von Noladinauf die Motilität des Dickdarmes. Noladin allein zeigte eine konzentrationsabhängige Hemmung der cholinerg vermittelten Kontraktionen. Dabei konnte eine regional unterschiedliche Wirkung nachgewiesen werden. Die Wirkung nahm von proximal nach distal im Dickdarm der Maus in vitrozu. Über welchen Rezeptor dabei die Wirkung von Noladin entfaltet wird ist bislang unklar. Spezifische Rezeptorblocker des CB1, CB2 und GPR55 Rezeptoren, den bekannten spezifischen Cannabisrezeptoren führten im Dickdarm in vitrozu keiner Veränderung des Noladineffektes. Erste in vivo-Untersuchungen weisen darauf hin, dass möglicherweise eine Interaktion mit dem ORL-1 Rezeptor vorliegen könnte. Diesbezüglich sind noch weitere Versuche erforderlich, die im Rahmen der Arbeitsgruppe abgeschlossen werden. Es konnte gezeigt werden, dass eine Blockade des Membrantransporters durch VDM11 zu einer Wirkverstärkung von Noladin führt, dieser Effekt wird vermutlich über eine Interaktion CB1 Rezeptor gesteuert ist. Denn eine Zugabe des CB1 Rezeptorantagonisten führte zu einer vollständigen Aufhebung des VDM11 Effektes. Diesbezüglich werden ebenfalls noch abschießende Untersuchungen an der CB1 Knockout Maus durchgeführt. Cannabinoide, welche die Blut-Hirn-Schranke aufgrund ihrer strukturellen Eigenschaften nicht passieren können, sogenannte peripher wirksame Cannabinoide stellen eine weitere Möglichkeit dar zukünftig das Endocannabinoidsystem therapeutisch mit geringeren zentralnervösen Nebenwirkungen zu aktivieren. AjulemicAcid ist ein solches Cannabinoid, welches bereits im Rahmen von Pilotstudien aufgrund seiner analgetischen Wirkung am Menschen untersucht wurde. Im Rahmen des Forschungsprojektes wurden der Effekt von AjulemicAcid auf die Motilität des Gastrointestinaltraktes und dessen protektiver Effekt auf eine experimentelle Colitis in Nagetieren charakterisiert. Sowohl Motilität als auch Inflammation konnten signifikant modifiziert werden, ohne dass jedoch ein spezifischer Wirkmechanismus identifiziert werden konnte. Die Versuchsergebnisse deuten darauf hin, dass die Wirkung vermutlich über verschiedene Rezeptorinteraktionen hervorgerufen wird.