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Tendenzschutz im Individualarbeitsrecht
Antragsteller
Professor Dr. Stephan Gräf
Fachliche Zuordnung
Privatrecht
Förderung
Förderung seit 2024
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 543785746
Arbeitsrechtliche Gesetze sind das Ergebnis einer legislativen Abwägung kollidierender Grundrechte der Arbeitsvertragsparteien. Diese allgemeinen Kompromisse passen nicht, wenn sich der Arbeitgeber – über die allgemeine Unternehmerfreiheit hinaus – auf spezielle Freiheitsgrundrechte berufen kann (z.B. die Presse- oder Rundfunkfreiheit, die Wissenschaftsfreiheit oder die Kunstfreiheit). Während der Schutz solcher Tendenzunternehmen im Mitbestimmungsrecht umfassend einfachgesetzlich ausgestaltet ist (vgl. insb. § 118 Abs. 1 BetrVG), lässt er sich im Individualarbeits-recht weitgehend nur durch die Einwirkung der Arbeitgeber-Grundrechte auf die richterliche Normkonkretisierung verwirklichen. Rechtsprechung und Wissenschaft haben sich dem Tendenzschutz im Individualarbeitsrecht bislang nur punktuell angenommen; eine kohärente Gesamtkonzeption fehlt. In diese Lücke stößt die vorliegende Arbeit, indem sie beide „Achsen“ berücksichtigt: einerseits sämtliche relevanten Bereiche des tendenzneutralen Individualarbeitsrechts (des „zu modifizierenden Rechts“), andererseits sämtliche tendenzschützenden Arbeitgeber-Grundrechte (das „modifizierende Recht“). Dieses „Koordinatensystem“ des individualarbeitsrechtlichen Tendenzschutzes ist um eine dritte Achse („nach oben“) zu erweitern: Da das Individualarbeitsrecht heute in großen Teilen europäisiert ist, kommt der Rechtsquellenpluralismus im europäischen Mehrebenensystem hinzu – sowohl hinsichtlich des zu modifizierenden Rechts (EU-Richtlinien), als auch hinsichtlich des modifizierenden Rechts (GRCh und EMRK). In den ersten Teilen der Untersuchung werden Grundlagen für den Tendenzschutz im Individualarbeitsrecht herausgearbeitet: Nach einer Abgrenzung des Untersuchungsgegenstands u.a. zum kirchlichen Selbstbestimmungsrecht (1. Teil) und einer Analyse der normativen Ausgangslage auf einfachgesetzlicher Ebene (2. Teil) wird das Potential für grundrechtsinduzierte Modifikationen in methodischer Hinsicht beleuchtet: Für die Probleme der Horizontalwirkung der Grundrechte und des Verhältnisses zwischen Grundgesetz und GRCh wird unter Rückgriff auf die Figuren der „grundrechtskonformen“ und „grundrechtsorientierten“ Auslegung eine differenzierte Lösung auf Grundlage eines „Korridormodells“ entwickelt (3. Teil). Anschließend werden die potentiell einschlägigen (nationalen und europäischen) Grundrechte auf ihre tendenzschützenden Gewährleistungsgehalte hin untersucht und systematisiert (4. Teil) und daran anknüpfend Grundstrukturen des Tendenzschutzes im Individualarbeitsrecht entwickelt (5. Teil). Diese Prinzipien werden sodann für die einzelnen Bereiche des Individualarbeitsrechts konkreti-siert (6. Teil): Modifikationen des Arbeitnehmerbegriffs sind – entgegen der Rechtsprechung – ab-zulehnen. Umso wichtiger ist der Tendenzschutz im Befristungsrecht. Hier wird zur Konkretisierung des § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 TzBfG ein neuer Ansatz (doppelte Prognoseprüfung) vorgeschlagen, der die Rechtssicherheit erhöht und – anders[..]
DFG-Verfahren
Publikationsbeihilfen