Einfluss von Oberflächen- und Randzoneneigenschaften auf das nicht abrasionsbedingte Versagen PVD-beschichteter Hartmetallwerkzeuge im Zerspanprozess
Final Report Abstract
2.1. Allgemeinverständliche Darstellung der wesentlichen Ergebnisse und der erzielten Fortschritte gegenüber dem Stand des Wissens Zerspanwerkzeuge werden zum Verbessern ihrer Standzeiten und zur Erweiterung ihrer Einsatzgebiete in zunehmendem Maße mit dünnen Hartstoffschichten versehen. Als Beschichtungsverfahren kommen hierbei chemische (CVD) oder physikalische (PVD) Transportprozesse zum Einsatz. Der spätere Einsatzzweck des Werkzeugs bestimmt hierbei Substrat- und Schichtwerkstoff sowie das Beschichtungsverfahren. Substratvorbehandlungsund Beschichtungsprozesse bestimmen den Eigenspannungszustand des Substrat- Schichtsystems, der maßgeblich (ür die Werkzeugstandzeit verantwortlich ist. Bei PVD-beschichteten Werkzeugen findet man im Einsatz häufig das Phänomen, dass nicht die Haftung der Schicht auf dem Substrat, sondern das Substrat selbst eine versagenskritische Schwachstelle im System darstellt. Schadensbilder zeigen ein Abplatzen von Schichtmaterial mit noch anhaftendem Substrat. Dieses so genannte kohäsive Werkzeugversagen wurde in einem Modell auf den Eigenspannungszustand in der tiefer liegenden Substratrandzone zurückgeführt. Zum Überprüfen dieses Modells ist es erforderlich, Eigenspannungstiefenverläufe über Schicht und Substratrandzone zu kennen. Bisher waren hierzu nur sehr lückenhafte Informationen zugänglich, die durch Variation von Anodenmaterial und/oder Beugungsreflexen bei der Anwendung röntgendiffraktometrischer Verfahren erhalten wurden. Zerstörende Untersuchungsmethoden, wie z. B. Eigenspannungstiefenverläufe durch sukzessives elektrolytisches Polieren der Oberfläche und Bestimmen der Eigenspannung durch das sinVVerfahren, können hier nicht angewandt werden, da hierdurch die Schichteigenspannung verändert wird und steile Gradienten nicht quantitativ bestimmt werden können. Durch die Einführung der Streuvektormethode durch Genzel /GEN99/ ist es möglich, die Eindringtiefe der Röntgenstrahlen in die zu untersuchende Probe gezielt und kontinuierlich zu verringern. Beim Vorliegen geeigneter Messwerte und Auswertemethoden können so kontinuierliche Eigenspannungstiefenverläufe über Schicht und Substratrandzone erhalten werden. In diesem Projekt wurden am Beispiel von Wendeschneidplatten mithilfe eines speziellen 5- Achsen-Röntgendiffraktometers geeignete Messstrategien für Hartmetall-Substrat und Beschichtungen aus TiAlN entwickelt. In der Literatur beschriebene Auswerteverfahren wurden auf ihre Anwendbarkeit auf die vorliegende Fragestellung überprüft. Als geeignet erwies sich die Optimierungsmethode. Mit den entwickelten Messstrategien und der Optimierungsmethode wurden Eigenspannungstiefenveriäufe an unterschiedlich geschliffenen unbeschichteten Substraten, Beschichtungen und beschichteten Substraten durchgeführt. Die Ergebnisse bestätigen das Versagensmodell dahingehend, dass die nach der Substratvorbehandlung vorliegenden Druckeigenspannungen durch den Beschichtungsprozess reduziert, in ungünstigen Fällen sogar eliminiert werden, und damit die Substratrandzone tatsächlich einen versagenskritischen Bereich darstellt. Somit besteht erstmalig die Möglichkeit, über große Bereiche der Schicht und der Substratrandzone kontinuierliche Eigenspannungstiefenverläufe mithilfe einer röntgenographischen Methode experimentell zu bestimmen. Eingeschränkt wird die Methode durch Oberflächenrauheiten, die bei sehr flachem Einstrahlwinkel die Messungen verfälschen. 2.2. Ausblick auf künftige Arbeiten und Beschreibung möglicher Anwendungen Ursprünglich war vorgesehen, in einem dritten Forschungsjahr Werkzeuge aufgrund ihrer Eigenspannungen zu klassifizieren und durch Einsatzversuche das Versagensmodell zu verifizieren. Aufgrund der vorliegenden Ergebnisse sind jetzt allerdings weitaus umfassendere Untersuchungen möglich und geplant, deren Förderung in einem gesonderten Projekt beantragt wird. Basierend auf den vorliegenden Erfahrungen wird angestrebt, Messstrategien für weitere Substrat- und Schichtwerkstoffe zu entwickeln. Ebenso ist die Weiterentwicklung des Verfahrens für Mehrlagenbeschichtungen denkbar, was im Hinblick auf Beschichtungen aus unterschiedlich dicken Einzellagen aus z. T. unterschiedlichen Werkstoffen sinnvoll wäre. Auf der anderen Seite eröffnen sich zahlreiche Möglichkeiten der Bestimmung von oberflächennahen Eigenspannungstiefenverläufen an Werkzeugen während der gesamten Prozesskette. Voruntersuchungen haben bereits gezeigt, dass die Vorbehandlungsschritte Schleifen, Strahlen, Ätzen den jeweils herrschenden Eigenspannungszustand deutlich beeinflussen. Die Möglichkeiten der Einstellung von Eigenspannungen in den einzelnen Prozessschritten, der Einfluss des Beschichtungsvorgangs sowie die Auswirkung auf das Einsatzverhalten des Werkzeugs werden Gegenstand eines neu zu beantragenden DFGForschungsvorhabens sein.
Publications
- B. Denkena, B. Breidenstein: Tiefenaufgelöste Eigenspannungsmessungen an unterschiedlich geschliffenen Hartmetall-Wendeschneidplatten, Jahrbuch Schleifen, Honen, Läppen und Polieren, 62. Ausgabe, S. 2-10, Vulkan Verlag, Essen, 2005