Implizite und explizite Soziosexualität
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Das Vorhaben testete evolutionspsychologische Hypothesen zu Soziosexualität und Eifersucht auf der Ebene von Selbstzuschreibungen, der Informationsverarbeitung in kognitiven Tests und des beobachtbaren Verhaltens. Während Soziosexualität (die individuell unterschiedlich stark ausgeprägte Tendenz, viele Sexualpartner zu haben) meist als einheitliches Persönlichkeitsmerkmal aufgefasst wird, konnte im Verlauf des Projekts gezeigt werden, dass sich drei Komponenten der Soziosexualität klar trennen lassen: eine motivationale Komponente (Wunsch nach vielen Sexualpartnern), eine Einstellungskomponente (positive Einstellung zu soziosexuellem Verhalten) und eine Verhaltenskomponente (tatsächlich realisiertes soziosexuelles Verhalten). So gab es (wie eigentlich auch zu erwarten) keinen Geschlechtsunterschied im soziosexuellen Verhalten, wobei aber Männer eine positivere Einstellung zu Soziosexualität und einen sehr viel stärkeren Wunsch nach vielen Sexualpartnern aufwiesen. Im Labor beobachtetes Flirtverhalten von 284 jungen Erwachsenen gegenüber einem attraktiven Gesprächspartner des anderen Geschlechts und Trennungen vom Partner und die Häufigkeit neuer Sexualpartner im darauffolgenden Jahr wurden durch die motivationale und Verhaltenskomponente vorhergesagt, nicht aber durch die Einstellungskomponente. Ein ähnliches Muster ergab sich in einer lebensnahen Quickdating-Studie, die auch in den Medien starke Beachtung fand. Insgesamt 382 Männer und Frauen auf Partnersuche wurden in Kennenlerngesprächen gefilmt und erhielten bei wechselseitigem Interesse Kontaktdaten voneinander. Über 80% hatten 6 Wochen nach dem Quickdating mit mindestens einem der typischerweise 11 Gesprächspartner Kontakt aufgenommen. Das in den Gesprächen beobachtete Flirtverhalten sagte bei Männern und Frauen zusätzlich zur physischen Attraktivität die Zahl der Interessenbekundungen des anderen Geschlechts und die Zahl der anschließend eingegangenen Kontakte vorher, nicht aber die Einstellung zu Soziosexualität. Dagegen gelang es nicht, die Soziosexualitätskomponenten auf frühen Stufen der Informationsverarbeitung durch implizite Assoziationstests (lATs) oder verwandte Verfahren nachzuweisen. In einem zweiten Untersuchungsstrang mit 284 Personen konnte die Hypothese bestätigt werden, dass Frauen empfindlicher als Männer auf Anzeichen "emotionaler Untreue" reagierten, und zwar auch dann, wenn ihre kognitive Verarbeitungskapazität durch eine Zusatzaufgabe begrenzt war. Der Geschlechtsunterschied fand sich also bereits auf frühen Stufen der Informationsverarbeitung. Nicht bestätigt werden konnte die davon unabhängige Annahme, dass Männer empfindlicher als Frauen auf sexuelle Untreue reagieren.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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Asendorpf, J.B. & Penke, L. (2005). A mature evolutionary psychology demands careful conclusions about sex differences. A commentary to D. P. Schmitt. Behavioral and Brain Sciences^ 28, 275-276.
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Asendorpf, J.B. (2006). Bindungsstil und Sexualität. Sexuologie, 13, 130-138.
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Penke, L. & Asendorpf, J. B. (2006). Evolvierte implizite Repräsentationen von Soziosexualität. In Witte, E. (Hrsg.): Evolutionäre Psychologie und automatische Prozesse (pp. 114-131). Lengerich: Pabst.
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Penke, L. & Asendorpf, J. B. (2008). Evidence for conditional sex differences in emotional but not in sexual jealousy at the automatic level of cognitive processing. European Journal of Personality, 22, 3-30.
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Penke, L., Eichstaedt, J. & Asendorpf, J.B. (2006). Single Attribute Implicit Association Tests (SA-IAT) for the assessment of unipolar constructs: The case of sociosexuality. Experimental Psychology, 53, 283-291.