Bearbeitung von Lemmata für ein Sumerisches Glossar
Final Report Abstract
Das Sumerische, eine isolierte Ergativsprache, stellt neben dem semitischen Akkadischen die wichtigste Sprache des keilschriftlichen Alten Orients dar, die im dritten Jahrtausend v.Chr. in Südmesopotamien bis etwa 1950 v.Chr. im Alltag gebraucht und bis um 100 v.Chr. in Mesopotamien als Gelehrten‐ und Kultsprache gepflegt wurde. In sumerischer Sprache sind eine reichhaltige Literatur, Königsinschriften und gut hunderttausend Urkunden überliefert. Allerdings liegt heutzutage kein adäquates Wörterbuch vor, das einen Überblick über das sumerische Lexikon bieten könnte, auch im Internet verfügbare Konkordanzen bieten wegen ihrer konzeptuellen und inhaltlichen Mängel keine Lösung. Aus diesem Grund sollte in Zusammenarbeit mit Professor Pascal Attinger (Bern) ein „Sumerisches Glossar“ erarbeitet werden, das auf einer repräsentativen Auwahl von Texten aller Gattungen beruht. Während Attinger literarische Texte altbabylonischer Zeit bearbeitet, steuert der Antragsteller den Wortschatz von Rechts‐ und Verwaltungsurkunden bei, die in die präsargonische, sargonische, Ur III‐ und die frühe Isin‐Zeit (etwa 24. bis 20. Jhdt.) datieren. Für ein Basiscorpus wurde eine repräsentative Auswahl von etwa 6600 Texten aus verschiedenen Fundorten getroffen. Die Beschränkung im Corpus und die bewusst klein gehaltene Arbeitsgruppe sollten es ermöglichen, bis zum Ende flexibel am Wortschatz zu forschen und entsprechend das Corpus stets zu korrigieren. Dieser experimentelle Charakter ergibt sich zwingend daraus, dass für das sumerische Lexikon keine geeigneten Vorbilder existieren. In der DFG‐Förderung wurden Mittel für jeweils genau definierte Abschnitte der lexikographischen Arbeit beantragt: 1.) Aufbau der Datenbank von Basiscorpus (6.600 Texte) und Vergleichscorpus (4.000 Texte) (03/2004‐08/2007), 2.) Bearbeitung von Lemmata für das Glossar (09/2007‐03/2011). Die beiden Corpora (mit zusätzlich den literarischen Texte von Attinger) erweisen sich aufgrund der einheitlichen Umschrift nach neuestem Forschungsstand, der Trennung von Prä‐ und Suffixen vom Lexem oder der Annotation von Namen sowie der Angaben zu Datierung, Fundort, Typ usw. inzwischen als ein unentbehrliches Hilfsmittel für Forschungen des Antragstellers, seiner Mitarbeiter und Doktoranden. Die lexikalische Forschung ist in Dissertationen der Mitarbeiter eingegangen. Der lexikalische Ertrag der Arbeit übertrifft alle Erwartungen: der Ansatz von sumerischen Wörtern (in Abgrenzung von Wortverbindungen) wurde auf eine sicherere Basis gestellt; Variantenschreibungen wurden identifiziert; die semantische Deutung und Präzisierung führte über das Bekannte sehr oft deutlich hinaus; die diachrone und lexikalische Verteilung von zahlreichen Begriffen (von Fachbegriffen ebenso wie von alltäglichen Wörtern wie bspw. den sumerischen Wörtern für "Vater") zeigt nun das Sumerische als sich lebendig entwickelnde Sprache mit Dialektregionen; hervorzuheben ist der lexikalische Beitrag für die Realienkunde, einen zentralen Bereich altorientalistischer Forschung; das neue Konzept der "idiomatischen Phrase", in der feste Verbindungen eine nicht voraussagbare Bedeutung annehmen, führte zu einer zuvor ungeahnten semantischen Präzisierung im sumerischen Lexikon. Mit den vielen neuen Ergebnissen ist ein einfaches Glossar, wie das in diesem Zeitraum geplant war, nicht mehr wissenschaftlich zu verantworten, wurde allerdings auch nicht realisiert. Auf der Grundlage der geleisteten Arbeiten können neue wissenschaftliche Projekte aufbauen. Die gewonnenen Erkenntnisse zum Sumerischen sowie die Erfahrungen in der Praxis der Wörterbucharbeit gebieten es aber, endlich ein größeres Projekt für ein sumerisches Wörterbuch anzustreben.
Publications
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