Detailseite
Projekt Druckansicht

Abschätzung von räumlichen Einkaufsverflechtungen in Funktionalregionen auf der Basis von Agentenbasierten Mikrosimulationsverfahren und GIS

Fachliche Zuordnung Humangeographie
Förderung Förderung von 2004 bis 2008
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 5417179
 
Schon seit einigen Jahrzehnten beobachten Geographen, wie sich Betriebsformen und Standortmuster des Einzelhandels verändern. Während kleinere und innenstadtnahe Läden oft von Schließung bedroht sind, können große Verbrauchermärkte in autofreundlichen Lagen ("Grüne-Wiese-Standorte") große Erfolge nachweisen. Welche Handelsformen abgelöst werden und langsam verschwinden, welche neu entstehen, und welche davon überlebensfähig sind, hängt von den individuellen Einkaufsentscheidungen der Kunden ab. Diese Entscheidungen unter Verwendung einer Computersimulation auf der Basis von Multiagentensystemen zu analysieren und nachzuvollziehen ist Inhalt dieses Forschungsprojekts.Multiagentensysteme ermöglichen das Modellieren und Simulieren massenhaften Verhaltens künstlicher Individuen (allgemein als Agenten bezeichnet), aus dem man - in Anlehnung an die Realität - die Entstehung von räumlichen Strukturen auf der Makroebene erwartet (Emergenz), ohne diese direkt aus dem lokalen Verhalten ableiten zu können. Damit bilden Multiagentensimulationen eine Analogie zur Realität, in der Agglomerationen oder Verkehrsströme entstehen, wenn sich viele Individuen ein bestimmtes Standortwahl- bzw. Mobilitätsverhalten zeigen ohne bewusste Entscheidung, so zu einem Verkehrsstrom oder Agglomeration beizutragen. Darüber hinaus können Agenten ihre Umwelt und deren Veränderungen wahrnehmen und ihren individuellen Möglichkeiten und Interessen entsprechend darauf reagieren.Im laufenden Projekt wird das individuelle Einkaufsverhalten der Bevölkerung einer ganzen Region in einer Multiagentensimulation modelliert. Entworfen und als Simulation umgesetzt wurde das Modell in Zusammenarbeit mit der Arbeitsgruppe für Künstliche Intelligenz am Institut für Informatik der Universität Würzburg, die bereits eine geeignete Software entwickelt und für dieses Projekt adaptiert hat. Untersuchungsgebiete sind die Arbeitsmarktregion Umeå in Nordschweden und der Großraum Regensburg in Ostbayern. In der Arbeitsmarktregion Umeå leben auf ca. 13.500 km² etwa 110.000 Menschen (davon 70.000 Umeå). In der Stadt und im Landkreis Regensburg leben auf ca. 1.350 km² etwa 330.000 Menschen (davon 150.000 in Regensburg). Vor Ort sind auf schwedischer Seite das Institut für Kulturgeographie der Universität Umeå und das Spatial Modelling Centre in Kiruna am Projekt beteiligt, auf deutscher Seite die Stadtentwicklungs- und Statistikabteilungen der Stadtverwaltung sowie das Geographische Institut der Universität Regensburg.In beiden Untersuchungsgebieten werden sowohl der Lebensmittel- als auch der Bekleidungseinkauf der privaten Haushalte simuliert. Diese unterliegen als Teil einer Versorgungskette den Regelhaftigkeiten des Handels und ist in einen Angebot-Nachfrage-Zusammenhang einzuordnen. So gehört zu seiner Modellierung die Darstellung und Operationalisierung der Angebotsseite, also der Geschäfte, der Nachfrageseite, also der Konsumenten, sowie der Austauschbeziehungen unter diesen, die in einem Interaktionsraum, dem "Markt", stattfinden. Während der Lebensmittelkauf eher durch rationale Wahrnehmungs-, Bewertungs- und Handlungsschemen der Konsumenten gekennzeichnet ist, spielen beim Bekleidungskauf häufig emotionale Impulse, spontanes Verhalten und Einkaufen als Freizeitbeschäftigung eine stärkere Rolle. Diese Unterschiede sind in der Simulation des individuellen Einkaufsverhaltens zu berücksichtigen.Entwurf und Kalibrierung des Modells des Konsumentenverhaltens in der Arbeitsmarktregion Umeå erfolgt im SMC Kiruna mit individuenbasierten Daten aus dem schwedischen Zensus, auf die dort unter Einhaltung der Datenschutzbestimmungen zugegriffen werden kann. Dagegen liegen die Daten der Nachfrageseite in Regensburg und Umgebung auf Baublockebene vor. Das Forschungsprojekt beschäftigt sich u.a. mit der Übertragbarkeit und Anwendbarkeit der Modelle auf unterschiedliche Datensituationen anderer Länder. Interessant in diesem Zusammenhang ist die Frage der Auswirkungen räumlicher Aggregation von Individualdaten auf die in Deutschland üblichen Raumbezugssysteme (Straßenseite bis Gemeinde) auf das Modellergebnis. Für die Anwendung in der Praxis ist das Modell als Prognosewerkzeug einzusetzen, das die Neuverteilung der Kaufkraft bei Änderungen auf der Angebots- oder der Nachfrageseite vorhersagt. Bei den häufigen Konflikten zwischen Innenstadt- und Stadtrandlagen im Einzelhandel sind objektive und verlässliche Verfahren gefordert, die die Veränderungen in den Kaufkraftströmen abbilden können.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

Zusatzinformationen

Textvergrößerung und Kontrastanpassung