Untersuchung der kinetikbestimmenden Prozesse beim Durchtritt von Sauerstoff an modifizierten Perowskitoberflächen
Final Report Abstract
Perowskite (Materialien der chemischen Zusammensetzung ABO3) finden aufgrund ihrer vielfältigen elektrochemischen Eigenschaften ein breites Spektrum an technologischen Anwendungen. Hierbei spielt der Sauerstoffaustausch zwischen Festkörper und Gasphase bei genügend hohen Temperaturen eine große Rolle: etwa für die Kathode der Festelektrolyt-Brennstoffzelle, in Gasseparationsmembranen oder in der Sauerstoffsensorik. So besitzt beispielsweise das Mischkristallsystem SrTi1-xFexO3-δ (STF) großes Anwendungspotenzial für einen resistiven Hochtemperatur-Sauerstoffsensor zur Überwachung und Regelung von Verbrennungsvorgängen. Im vorliegenden Projekt wurde die Kinetik des Sauerstoffdurchtritts aus der Gasphase durch die Grenzfläche des STF in den Festkörper unter besonderer Berücksichtigung der Beeinflussung durch Oberflächenbeschichtungen untersucht. Die Untersuchungen konzentrierten sich dabei auf das Modellsystem leicht akzeptordotierter Strontiumtitanat-Einkristalle sowie auf die anwendungsrelevante Plattform SrTi0,65Fe0,35O3-δ (STF35) in Form offenporöser Dickschichten. Durch Oberflächenbeschichtungen mit Erdalkaliverbindungen (Ca, Sr oder Ba) ließ sich eine deutliche Erhöhung der Sauerstoffdurchtrittskinetik für Temperaturen unterhalb 800 °C erzielen. Dieser Effekt konnte sowohl in druckmodulierten In-situ-Leitfähigkeitsmessungen als auch mittels 18O2-Sauerstofftracer/Sekundärionenmassenspektrometrie nachgewiesen werden. Durch chemische und mikrostrukturelle Analysen der Oberflächenbeschichtungen und entsprechende Modellvorstellungen wurde eine Korrelation zwischen Schichtchemie, Morphologie und Wirkmechanismus entwickelt. Eine weitergehende Untersuchung der beschichteten Probenoberflächen auf ihre chemische Zusammensetzung mittels zusätzlicher, höherauflösender Oberflächenanalysetechniken würde tiefere Erkenntnisse über die chemische Zusammensetzung der aktiven Oberflächenschicht liefern. So könnten etwa TEM/EDXS-Analysen der Dreiphasengrenzgebiete nach unterschiedlicher thermischer Vorbehandlung sowie ausgewählte spektroskopische Oberflächenanalysemethoden wie etwa die „Diffuse- Reflektion-IR-Fourier-Transform-Spektroskopie“ (DRIFTS) und photoelektronenspektroskopische Untersuchungen (XPS/UPS) detailliertere Kenntnisse über die elektronische Struktur der Oberfläche bzw. des oberflächennahen Bereiches liefern und vermutete, bislang aber nicht direkt nachweisbare, auf die O2-Reduktion wirksame chemische Verbindungen wie Peroxide identifizieren. Über die chemische Zusammensetzung der Oberfläche von SrTiO3 existiert in der Literatur kein einheitliches Bild, das insbesondere durch Behandlungen unter verschiedenen (T, pO2)-Werten zahlreichen oberflächentopographischen Änderungen (Auftreten von Restrukturierungen und Zweitphasenbildung) unterworfen sein kann. Insofern ist die Deutung des Sauerstoffeinbaus auf rein mikroskopischer Ebene eher schwierig. Sowohl die Präparationsbedingungen als auch die thermischen Vorbehandlungen sind von entscheidender Bedeutung für eine Vergleichbarkeit der bestimmten Oberflächenaustauschkoeffizienten mit Literaturwerten. Eine Unterschiedlichkeit der Oberflächen einkristalliner Proben aufgrund verschiedener Präparationswege ist mithin keineswegs gesichert auszuschließen; vor diesem Hintergrund (unmittelbare Vergleichbarkeit mit Literaturwerten) wäre beispielsweise eine Untersuchung identischer einkristalliner Proben mit einer In-situ-Kombination verschiedener Messmethoden zur chemischen Kinetik (etwa optische Methoden und elektrische Messungen) in demselben Temperaturfenster erstrebenswert. Es ist zudem wahrscheinlich, dass die Oberflächenbeschichtung in typischen „technischen“ Atmosphären wie Luft oder den Abgasen von Verbrennungsmaschinen nicht vollständig in der Oxidform vorliegt. Je nach Zusammensetzung der Schicht sollte nach unterschiedlichen Mechanismen der Sauerstoffadsorption und -reduktion auf der Oberfläche gesucht werden, welche von den Spezies in der Erdalkalischicht katalysiert werden können. Von weiterführendem Interesse wäre daher auch der Einfluss von Feuchte und einer gezielten Kontamination aus der Gasphase auf die Durchtrittskinetik, z.B. von Fremdkomponenten wie CO oder CO2, die beide in der Umgebungsatmosphäre eines Abgassensors auftreten und mit den Schichten etwa Hydroxide oder Carbonate bilden können oder aber einen Teil der Oberfläche für den Sauerstoffaustausch blockieren. Für beide Fälle könnten SIMS-Messungen mit isotopenmarkierten Verbindungen (deuteriertes Wasser oder 13C18O2) zum Einsatz gelangen. Insbesondere wären Messungen des Sauerstoffdurchtritts und der Sauerstoffdiffusion unter definierten elektrischen Überspannungen hilfreich, um die Rolle der verschiedenen Bereiche der beschichteten Oberflächen zu identifizieren. Falls möglich sollten hier strukturierte Beschichtungen und definierte Mikroelektroden eingesetzt werden. Angesichts der chemisch/morphologischen Instabilität der aufgebrachten Schichten und des hieraus folgenden transienten Charakters der untersuchten Kinetikerhöhung ist eine unmittelbare technologische Anwendbarkeit, etwa in Form katalytisch wirksamer Beschichtungen von Sensormaterialien, zum jetzigen Stand nicht gegeben. Zur Stabilisierung der optimalen katalytischen Effekte unter realen Betriebsbedingungen besteht noch weiterer Forschungsbedarf.
Publications
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S. F. Wagner