Verschleiß- und Abtragsmechanismen bei der Schleifbearbeitung von Titanaluminiden und ihre Auswirkungen auf die Bauteileigenschaften
Final Report Abstract
Dem Streben nach einer energieeffizienten Auslegung von Strahltriebwerken, stationären Turbinen und Verbrennungsmotoren kann besonders durch die Reduzierung der bewegten Massen Rechnung getragen werden. In Strahltriebwerken werden Turbinenschaufeln mechanisch und thermisch hochdynamisch belastet. Daraus leiten sich hohe Anforderungen an die physikalischen Eigenschaften der eingesetzten Werkstoffe ab. Durch die Umgebungsbedingungen müssen diese Werkstoffe neben dem geringen spezifischen Gewicht eine hohe Warmfestigkeit, eine gute Oxidationsbeständigkeit und geringe Kriechraten aufweisen. Dies hat die Entwicklung von neuartigen Werkstoffen nachhaltig beeinflusst. Eine Werkstoffgruppe, die diesen Anforderungen genügen kann, ist die Gruppe der ?-Titanaluminide. Jedoch stellen gerade die guten Funktionseigenschaften große Herausforderungen an die Zerspantechnik. Inhalt des Projektes war die Untersuchung der Verschleiß- und Zerspanmechanismen beim Schleifen von y-Titanaluminiden und deren Einfluss auf die Bauteileigenschaften. Ziel der Untersuchungen war ein allgemeingültiges, fundiertes und erkenntnisorientiertes Grundverständnis für die technologisch sinnvolle Schleifbearbeitung von y-Titanaluminiden. Die Erkenntnisse sollten dem Anwender die Möglichkeit bieten, Prozessfenster für die wirtschaftliche Bearbeitung dieser Werkstoffgruppe für verschiedene Anwendungsfelder ableiten zu können. In der ersten Hälfte des insgesamt über vier Jahre laufenden Projektes wurde der Fokus der Untersuchungen auf die Analyse der Verschleißmechanismen unterschiedlicher Kornwerkstoffe (Diamant, kubisches Bornitrid, Siliziumkarbid und Korund) sowie die Analyse der Spanbildungsmechanismen gelegt. Dazu wurde die Technologie des Einkornritzens angewendet. Bei diesem Verfahren wird ein einzelnes Schleifkorn auf dem Umfang einer Ritzscheibe in galvanischer Bindung oder einem Glaslot fixiert. Mit diesem Einzelkorn werden Ritzspuren auf dem Werkstück erzeugt. Die Untersuchung der Ritzspuren und die Analyse der Schleifkörner vor und nach dem Einsatz ermöglichen eine detaillierte Beschreibung der Verschleiß- und Spanbildungsmechanismen. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse können anschließend für die Auslegung von schleiftechnologischen Untersuchungen genutzt werden. Für die Modellierung des Einkornritzenswurde ein Spanbildungsmodell entwickelt, das die mechanischen, thermo-mechanischen und tribo-chemischen Aspekte der Spanbildung bei der Zerspanung von y-Titanaluminiden berücksichtigt. Ziel dieser Darstellung war es, eine Basis für die Interpretation der durchgeführten Ritz- und Schleifuntersuchungen zu schaffen. Zudem wurden mit Hilfe der werkstoffabhängigen Einflussfaktoren mögliche Verschleißcharakteristika in Abhängigkeit der Stellgrößen und des Kornwerkstoffes abgeleitet. Dazu wurden nicht nur rasterelektronenmikroskopische Untersuchungen durchgeführt, sondern durch weitere Mikroanalysen auf mikro- und nanoskopischer Ebene entstehende tribo-chemische Reaktionsschichten analysiert. Durch die Kombination dieser Erkenntnisse mit thermo-mechanischen Belastungsanalysen konnte die Ursache der chemischen Reaktionen nachvollzogen und für die Auslegung der Schleifprozesse genutzt werden. Auf Basis der entwickelten Spanbildungs- und Verschleißmodelle wurde der Einfluss des Schleifprozesses auf die Bauteilrandzone untersucht. Mit Hilfe einer theoretischen Prozessbetrachtung wurden Hypothesen für die mechanische und thermische Beeinflussung der Bauteilrandzone in Abhängigkeit von Prozesskenngrößen und der eingesetzten Werkzeuge entwickelt. Anschließend wurden experimentelle Untersuchungen durchgeführt, um die Annahmen zu evaluieren. Zur Ursachenanalyse der Entstehung der Eigenschaftsänderungen wurden Analogieuntersuchungen mit rein mechanischer Belastung durchgeführt. Bei der Auswertung stand die Analyse tribologischer Reaktionsschichten ebenso im Vordergrund wie die Untersuchung der durch den Bearbeitungsprozess hervorgerufenen physikalischen Eigenschaftsänderungen in der Bauteilrandzone sowie möglicher Bauteilschädigungen, wie beispielsweise der Rissbildung. Es wurde eine ganzheitliche Betrachtung des Schleifsystems vorgenommen, bei dem Untersuchungen des CD-Tiefschleifens mit einer Zustellung von maximal 6 mm bis hin zum Schnellhubschleifen mit Tischvorschubgeschwindigkeiten von maximal 200.000 mm/min durchgeführt wurden. Bei den schleiftechnologischen Untersuchungen wurden unterschiedliche Werkzeugtypen eingesetzt, deren Auslegung an die jeweiligen Prozessbedingungen angepasst wurde. Auf Basis der insgesamt gesammelten Erkenntnisse wurden Einzelmodelle für den jeweiligen Betrachtungsfall abgeleitet. Neben der Entwicklung eines Modells zur Rissinitiierung und Rissausbreitung, das gerade bei intermetallischen Werkstoffen mit bimodalen Gefügen eine zentrale Rolle spielt, wurden Modelle zur Beschreibung der mechanischen und thermo-mechanisch bedingten Gefügeveränderung entwickelt. Ferner konnte ein Modell für die Beschreibung der Schleifscheibentopographie erzeugt werden, das den Anwender bei der Werkzeugauswahl unterstützt. Abschließend wurden diese einzelnen Teilmodelle zusammengefasst, um ein Werkzeug zur grundlagengestützten, anwendungsorientierten Schleifbearbeitung von ?-Titanaluminiden zur Verfügung zu stellen. Als Grundlage für die Beschreibung der Schleifscheibentopographie wurden die statischen und dynamischen Messverfahren für die Erfassung der Topographie auf Vor- und Nachteile untersucht. Darauf aufbauend wurde das 3D oberflächenbeschreibende Tastschnittverfahren eingesetzt. Die resultierende 3D Punktewolke, die ein Abbild der Schleifscheibentopographie widerspiegelt, kann anschließend in einer am WZL der RWTH Aachen entwickelten Software analysiert werden. Anhand von geeigneten Kennzahlen wird die Topographie beschrieben und kann in einem Basiskraftmodell zur Anwendung gebracht werden. Aufgrund ihrer mechanischen und thermischen Eigenschaften besitzen y-Titanaluminide ein hohes Anwendungspotential als Strukturwerkstoff im Leichtbau sowie in der Luft- und Raumfahrt und im Automobilmotorenbau. Die erzielten Erkenntnisse sind jedoch unabhängig von möglichen Anwendungsbereichen. Durch die modellorientierte Vorgehensweise bei der Projektdurchführung ist ein allgemeingültiges Verständnis der Schleifbarkeit von y-Titanaluminiden erarbeitet worden. Es gilt nun, die erzielten Erkenntnisse auf die jeweiligen Anwendungsfälle zu übertragen. Dazu müssen die Funktionalitäten in Abhängigkeit der Einsatzbedingungen definiert und evaluiert werden. Die Kenntnis über die vorherrschenden Temperaturen in der Bauteilrandzone bei der Bearbeitung bietet eine gute Möglichkeit, die Wirkmechanismen im Prozess zu bewerten. Für die Temperaturmessung im Bereich des Tiefschleifens sollten weiterführende Untersuchungen angestrebt werden. Ferner haben Weiterentwicklungen im Bereich der Werkstofftechnik zu einer Optimierung der Materialeigenschaften geführt, vor allem im Hinblick auf die Schadenstoleranz. Es muss geprüft werden, inwieweit eine Übertragbarkeit der erzielten Erkenntnisse auf neue Vertreter der Werkstoffgruppe gegeben ist. Die entwickelten Modelle müssen ggf. an die geänderten Bedingungen angepasst werden. Die Topographiemodellierung der Schleifscheibe bietet eine gute Grundlage für die allgemeine Vorhersage von Schleifkräften. Auf diesem Gebiet müssen weitere Forschungsarbeiten erfolgen, um ein anwendungsorientiertes Tool zur Kraftprognose im Schleifprozess zu entwickeln.
Publications
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