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Die Kognitive Herausforderung Kumulativer Information

Antragsteller Professor Dr. Hans Alves
Fachliche Zuordnung Sozialpsychologie und Arbeits- und Organisationspsychologie
Förderung Förderung seit 2024
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 538466518
 
Die Digitalisierung und das Aufkommen des Internets bieten den Menschen Zugang zu unzähligen Beobachtungen und Datenpunkten. Die Verarbeitung dieser großen Datenmengen ist eine Herausforderung für das kognitive System, welches nur über eine begrenzte Kapazität verfügt. Diese mentale Belastung kann verringert werden, durch die Bereitstellung von Datenaggregaten wie Durchschnittswerten, Summen oder Ranglisten. Dadurch müssen Rezipienten nicht mehr viele Einzelbeobachtungen zusammenfassend integrieren, was zu Verzerrungen führen kann. Unsere Forschung hat jedoch gezeigt, dass die Verarbeitung aggregierter Datenpunkte selbst eine substanzielle Quelle für verzerrte Eindrücke, Überzeugungen, Urteile und Bewertungen sein kann. Dieses Phänomen haben wir als "Cumulative Redundancy Bias" (CRB; Alves & Mata, 2019) benannt. Kumulative Beobachtungen wie laufende Summen, laufende Durchschnitte oder laufende Ranglisten sind in hohem Maße redundant. Nach dem Gesetz der großen Zahlen sollten Rezipient:innen ihre Eindrücke, Überzeugungen und Urteile aktualisieren, indem sie vergangene kumulative Beobachtungen ignorieren und sich nur auf die jüngste Beobachtung stützen. Wir konnten umfangreiche empirische Belege dafür sammeln, dass Menschen redundante kumulative Beobachtungen aber nicht ignorieren. Werden die Leistungen zweier Konkurrenten über die Zeit beobachtet, hängen die resultierenden Eindrücke nicht nur vom Endergebnis, sondern auch von früheren Platzierungen ab. Der CRB begünstigt somit führende gegenüber zurückliegenden Konkurrenten. In Vorarbeiten konnten wir nachweisen, dass der CRB eine robuste und logisch nicht gerechtfertigte Verzerrung darstellt. Die Hauptziele des vorliegenden Forschungsvorhabens sind die Identifizierung der Mechanismen, die dem CRB zugrunde liegen, und seine inhaltliche Erweiterung. In einem ersten Arbeitspaket werden verschiedene Regeln der Informationsintegration empirisch getestet, die dem CRB zugrunde liegen könnten. In einem zweiten Arbeitspaket wird der CRB auf Ein-Agenten-Szenarien erweitert und seine emotionalen und verhaltensbezogenen Folgen untersucht. Ein drittes Arbeitspaket befasst sich mit möglichen durch den CRB verursachten Validitätsschlussfolgerungen und untersucht, ob der CRB zum Betrugsverdacht bei Wahlen beiträgt und ob er die Überzeugungen von Wissenschaftler:innen hinsichtlich konkurrierender Hypothesen beeinflusst. Aufbauend auf weiteren vielversprechenden Pilotdaten testet ein viertes Arbeitspaket die potenziellen Auswirkungen des CRB auf die Nachrichtenberichterstattung nach Sportwettkämpfen im realen Leben. Insgesamt verspricht das vorgeschlagene Forschungsprogramm ein besseres Verständnis einer allgemeinen, robusten und rätselhaften Urteilsverzerrung, und es verspricht, neue weitreichende Implikationen in Bezug auf Glücksspielverhalten, emotionale Reaktionen auf Gewinne und Verluste, Nachrichtenberichterstattung, Wahlbetrugsverdacht und den Glauben von Wissenschaftler:innen an Hypothesen aufzudecken.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
Internationaler Bezug Portugal
Kooperationspartner Dr. André Mata
 
 

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