Untersuchungen zur Erweiterung der Prozessgrenzen beim Laserstahlhartlöten von Aluminiumverbindungen unter gezielter Beeinflussung der Energiestromdichteverteilung
Final Report Abstract
Im Rahmen dieses Forschungsvorhabens wurde ein neues Laser-Zweistrahl-Verfahren zum flussmittelfreien Löten von Aluminiumverbindungen entwickelt. Ein kontinuierlich emittierender (cw) Lötlaser bringt dabei die für den Prozess notwendige Wärmeenergie ein, wie dies auch beim konventionellen Laserlöten von Stahl der Fall ist. Der zweite, pulsierende (pw) Wirklaserstrahl ist für das neue Verfahren entscheidend, da dieser signifikant die Benetzung des Lots verbessert und somit den flussmittelfreien Lötprozess ermöglicht. Die beiden Laserstrahlen werden dabei in der Prozesszone überlagert. Für diesen Prozess wurde ein Prozessmodell erarbeitet, das die kausale Wirkung des Pulslasers auf die verbesserte Ausbreitung des Lots auf der Grundwerkstoff Oberfläche mittels verschiedener Wirkungsmechanismen erklärt. Dies wurde anhand unterschiedlicher Untersuchungen und Analogieversuche verifiziert. Der Prozess wird im Prozessmodell so erklärt, dass der auf das geschmolzene Lot fokussierte Pulslaser aufgrund seiner hohen Strahlintensität die Oxidhaut ablatiert. Gleichzeitig kommt es aufgrund der hohen Pulsenergien zu einer schlagartigen Verdampfung der Oberflächenbestandteile. Dabei entsteht ein Dampfdruck auf die Lotoberfläche, der als eine Flächenlast zum Ausbreiten der Lotschmelze auf dem Bauteil führt. Die verbleibenden Oxide werden hierbei durch den definiert überhitzten Lotwerkstoff thermo-chemisch zerstört. Dadurch wird eine breite, stoffschlüssige Verbindung erreicht. Die Untersuchungen zum Einfluss des Pulslasers haben gezeigt, dass die Laserstrahlpulse nicht nur eine ausreichende Pulsspitzenintensität von deutlich mehr als 4*10^7 W/cm2 (Sublimierschwelle für Al), sondern auch eine enorme Fluenz von mehr 6 J/cm2 (Verdampfungsschwelle) aufweisen müssen. Dies ist eine Voraussetzung, um die Oxide von der Aluminiumoberfläche ablatieren und das Lot durch die Verdampfung andrücken zu können. Zudem muss die gesamte Nahtbreite mit der hochfrequenten Pulslaserstrahlung (>5 kHz) beaufschlagt werden, um eine hinreichende Qualität der Verbindung erreichen zu können. Die Untersuchungen im Hinblick auf die Verbesserung der Prozessrobustheit haben gezeigt, dass die in ersten Förderperioden erarbeiteten Erkenntnisse beim Laserlöten mit Flussmitteln hinsichtlich der Prozessführung auf das flussmittelfreie Laserlöten übertragen werden können. So wird die Prozessführung stabiler, wenn mittels einer Zweistrahloptik die Energieverteilung in der Prozesszone angepasst wird. Außerdem wurden die maximalen Lötgeschwindigkeiten bis zu 2 m/min gesteigert sowie praxisrelevante Geometrien (Bördel- und Kehlnaht) erfolgreich gefügt. Allerdings wurde festgestellt, dass geringfügige Anschmelzungen der Bauteile kaum zu vermeiden sind. Da aber die praxisrelevanten Qualitätsanforderungen hinsichtlich der Oberflächenbeschaffenheit, Nahtfestigkeit und Prozessstabilität erreicht werden, wurde das Ziel des Forschungsvorhabens erreicht. In weiteren Arbeiten sollten gezielte Grundlagenuntersuchungen durchgeführt werden, um das bestehende Prozessmodell in seinen Teilprozessen genauer zu betrachten und zu verfeinern. Insbesondere ist an dieser Stelle das örtliche und zeitliche Verhalten der Oxidschicht bei verschiedenen Temperaturverteilungen und Pulslaserdrücken im Prozess von Interesse. Zudem muss geklärt werden, ob die Beseitigung der Oxidschicht mehr durch das thermo-chemische Auflösen oder eher durch das Ablösen und Wegspülen der Oberflächenoxide stattfindet. Um einen industriellen Einsatz des neuen Verfahrens in Zukunft gewährleisten zu können, müssen zunächst weitere Untersuchungen zur Steigerung der Prozessstabilität bei praxisrelevanten Geometrien durchgeführt werden. So muss ein robustes, flussmittelfreies Laserlöten von nichtgeradlinigen Verbindungen und Fügeverbindungen mit verschiedenen Aluminiumlegierungskombinationen und unterschiedlichen Blechstärken (Ziel: Taylored-Brazed-Blanks) möglich sein. Dies soll im Rahmen von weiteren Transferprojekten durchgeführt werden. Um dies zu ermöglichen, muss im nächsten Schritt ein kompakter Laserbearbeitungskopf gebaut werden, der nicht nur hinsichtlich seiner Abmaße, sondern auch hinsichtlich seines Gewichts einen Einsatz an einem Knickarmroboter erlaubt. Dies ist mit aktuellen Versuchsaufbauten definitiv nicht möglich. Nur das Erfüllen dieser Voraussetzungen wird eine breite Anwendung des Verfahrens ermöglichen. Mögliche Anwendungen, die durch das neue Verfahren adressiert werden, sind nicht nur in der Automobilindustrie mit ihren typischen lasergelöteten Produkten wie Karosserie- und Fahrwerkselementen, sondern auch im Flugzeugbau (z.B. stringerverstärkte Außenhautprofile) oder im Anlagenbau (z.B. gas- und wasserdichte Gehäuse) zu finden. Da die aufgezählten Branchen insbesondere in Deutschland eine herausragende Rolle auf dem Arbeitsmarkt spielen, kann das am Fraunhofer IPT neu entwickelte Laserlötverfahren einen Innovationsvorsprung ansässiger Unternehmen sichern. Aus diesem Grund wird die Weiterentwicklung des Verfahrens als einer der Schwerpunkte in der Gruppe Lasermaterialbearbeitung des Fraunhofer IPT angestrebt.
Publications
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Laserstrahlhartlöten von Aluminium - Aktuelle Fragestellungen und Ansätze. In: wt Werkstattstechnik online, Jahrgang 93 (2003) H. 6, pp. 447- 451, Springer-VDI-Verlag, Düsseldorf, 2003
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Laser Beam Brazing of Aluminium Alloys. In: Laser Assisted Net Shape Engineering 4, Volume 1, Hrsg.: Geiger, O., Otto, A., pp. 277-284, Proceedings of the LANE 2004 international Conference, Edangen, 2004
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Laserstrahlhartlöten von Aluminiumlegierungen. In: Hart- und Hochtemperaturlöten und Diffusionsschweißen (Reihe: DVS-Berichte, Bd. 231), pp. 228-231, DVS-Verlag, Düsseldorf, ISBN 3-87155-685-8, 2004
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Flussmittelfreies Laserstrahllöten von Aluminium - Analyse der Prozessmechanismen zum Aufbau eines Prozessmodells. In: wt Werkstattstechnik online, Jahrgang 99 (2009) H. 6, pp. 363-370, Springer-VDI-Verlag, Düsseldorf, 2009
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