Immunologische Effekte von niedrig dosiertem Hydrokortison im septischen Schock
Final Report Abstract
Ziel des DFG-Projekts war, Immuneffekte der Therapie mit niedrig dosiertem Hydrocortison (ndHC) bei Patienten mit septischem Schock zu untersuchen. In einer Substudie der multinationalen doppelblinden, randomisierten, placebo-kontrollierten CORTICUS-Studie, die die Wirksamkeit von ndHC im septischen Schock untersuchte, wurden 84 Patienten {42 Verum, 42 Placebo) in 14 Zentren im Berliner Raum in die Substudie eingeschlossen. Die Blutentnahmen erfolgten direkt vor Applikation der Studienmedikation und an den Tagen 3, 6, 12, 18 und 28. Von besonderem Interesse war hierbei die Frage, ob die Therapie mit ndHC zu einer verstärkten Immunsuppression führte und ob die Immunreaktionen bei Patienten mit und ohne relativer Nebennierenrindeninsuffizienz (rNNRI) Unterschiede aufwiesen. In der Gesamtschau zeigten die Ergebnisse eine sehr differenzierte und komplexe Wirkung von ndHC auf verschiedene Aspekte der Immunreaktion im Sinne einer Immunmodulation. Die Applikation von ndHC führte zur signifikanten Reduktion pro- (z.B. IL-6, IL8) und anti-inflammatorischer Zytokine (IL-10), zur Reduktion der Granulozytenaktivierung (CD11b), und im Trend zu niedrigeren löslichen E-Selektin- Plasmaspiegeln (Endothelaktivierung). In der Verumgruppe war IFN-y/IL-10-Qotient im Trend höher, der IL-6/IL-10-Quotient signifikant niedriger. In Endotoxin-stimulierten Monozyten wurde durch ndHC die Sekretion von TNF-a und IL-6 signifikant supprimiert (Endotoxin-Toleranz). Die Nitrit/Nitrat-Plasmaspiegel (induzierte Stickstoffmonoxid-Synthese) nahmen unter ndHC signifikant ab. Die Therapie führte zu keiner Reduktion der absoluten B- oder T-Helferzellzahl, zu keiner gesteigerten Apoptose in T-Helferzellen und zu keiner Proliferation von TH-2-Zellen. Die quantitative Rezeptorzahl von HLA-DR auf Monozyten war bei fast allen Patienten zu Beginn niedrig (Immunparalyse), ndHC inhibierte jedoch nicht den Anstieg der Rezeptorexpression im Verlauf. Die Therapie mit ndHC führte zu einem signifikanten Anstieg der Protein-CPlasmakonzentration, der DIC-Score als globaler Parameter der disseminierten Gerinnungsaktivierung war zwischen den Gruppen nicht signifikant unterschiedlich. Bei 48 Patienten wurde eine Genexpressions- (DNA-Microarray) und Multiplex-Mediatorenanalytik vor und am dritten Tag nach Applikation der Studienmedikation durchgeführt. Es wurden 117 Gene identifiziert, deren Expression einen hoch signifikanten Unterschied zwischen der Verum- und Placebogruppe aufwiesen. Mit Ingenuity-Pathway-Analysen wurden Gengruppen identifiziert, die an pro- und antiinflammatorischen Immunreaktion beteiligt sind. In der Multiplex-Mediatorenanalytik fanden sich 5 durch ndHC signifikant reduzierte Zytokine (IL-2, IL-6, GMCSF, IFN-y, MCP-1), übereinstimmende Ergebnisse bei der Genexpression fanden sich für IL-1ß und IL-10. Die Analysen bilden derzeit die Grundlage für weitergehende Untersuchungen auf Transkriptions- und Proteinebene und sind noch nicht abgeschlossen. Patienten mit einer rNNRI {Cortisolanstieg = 9ug/dl nach 250 ug ACTH-Stimulation) hatten zum Zeitpunkt Baseline signifikant höhere IL-6 Plasmaspiegel. Alle übrigen Immunparameter einschließlich von über 25.000 analysierten Genen zeigten keinen signifikanten Unterschied in Abhängigkeit von der Diagnose einer rNNRI. Alle Untersuchungen zeigten, dass die pharmakologischen Wirkungen von ndHC auf das Immunsystem von der rNNRI unabhängig waren. Ein zusätzliches Pilotprojekt untersuchte bei 20 Patienten das Auftreten einer criticall ilness myopathy/polyneuropathy (CIM/CIP). Die elektromyographischen Untersuchungen ergaben keinen Hinweis darauf, dass die Applikation von ndHC ein signifikantes Risiko für diese Komplikation darstellt. Ein weiteres Pilotprojekt untersuchte bei 18 Patienten posttraumatische Belastungsreaktionen (PTSD) und die krankheitsbezogene Lebensqualität (HrQoL). Dreißig Prozent der Patienten hatten eine PTSD unabhängig von der Therapie mit ndHC. Die Aussagekraft der beiden zusätzlichen Pilotprojekte wird durch die geringe Fallzahl limitiert. Zusammenfassend hatte die Applikation von ndHC im septischen Schock eine antiinflammatorische und komplexe immunmodulatorische Wirkung. Adaptative Immunreaktionen wurden durch ndHC nicht supprimiert. Die verminderte Kapazität von Monoyzten, TNF-a zu produzieren, könnte auf eine Suppression der unspezifischen Abwehrkompetenz hinweisen. Es erscheint jedoch auf Grund der derzeitigen Datenlage als unwahrscheinlich, dass durch die Applikation von ndHC das Risiko für sekundäre Infektionen oder eine CIP/CIM signifikant erhöht wird. Die Immunreaktionen unter ndHC-Applikation waren unabhängig von der Nebennierenrindenfunktion. Aus immunologischer Sicht ist die Diagnostik der rNNRI im septischen Schock als Entscheidungskriterium für eine Therapie mit ndHC in Frage zu stellen.
Publications
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