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Iranische Geistlichkeit zwischen Utopie und Realismus. Zum Diskurs über Herrschafts- und Staatsdenken im 20. Jahrhundert.
Antragsteller
Privatdozent Dr. Reza Hajatpour
Fachliche Zuordnung
Islamwissenschaft, Arabistik, Semitistik
Förderung
Förderung von 2002 bis 2003
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 5360297
Im Zuge der Modernisierung erlebte der Iran, wie viele andere islamische Länder, einen geistigen, politischen, sozialen und wirtschaftlichen Wandel. Dieser Wandel stieß nicht nur auf Zustimmung, sondern löste auch Konflikte aus, die sich nach innen wie auch nach außen richteten. Die gesellschaftlichen Eliten standen vor einer neuen Herausforderung, zu der sie ihren eigenen Beitrag leisten mußten. Dies betraf neben den Säkularisten und den zivilen religiös-liberalen Denkern vor allem die religiösen Funktionsträger und Autoritäten. So stellte sich die Frage nach einem politischen System, das dem eigenen kulturellen Erbe und zugleich dem "Zeitgeist" gerecht werden konnte. Die Verfassungsrevolution von 1906-1911 war Schauplatz dieses Aufeinandertreffens von Moderne und Tradition im Iran. Ob der Versuch einer solchen konstitutionalistischen Integration von Moderne und Tradition als utopisch oder realistisch zu beurteilen ist, verdient eine eingehende Forschung, die auf der Analyse politischer, gesellschaftlicher und kultureller Diskurse und Milieus aufzubauen hat. Von besonderer Bedeutung sind dabei die bislang noch unzureichend erforschten politischen Ideen religiöser Rechtsgelehrter. In ihnen nimmt der Mythos eines islamischen Staates eine "reale" Gestalt an, die sich der Gewalt der Moderne nicht entziehen kann. Die Tradition transformiert sich. [] Das Changieren einflußreicher religiöser Gelehrter von Mirza Hoseyn Na'ini (1860-1936) bis Mohammad Mogtahed Sabestari (1936) zwischen Utopie und Realismus erweist sich dabei als komplizierte Vorgeschichte der islamischen Infragestellung der Moderne wie auch des Versuches einer eigenständigen Aneignung des "vernünftigen Gehalts der Moderne" (Habermas).
DFG-Verfahren
Publikationsbeihilfen