Sexualkonflikte und die Evolution zwittriger Paarungssysteme
Final Report Abstract
Das Projekt „Sexual conflicts in hermaphroditic mating systems'' verfolgte als Kernziel, die Evolution und Variation im Paarungsverhalten zwittriger Tiere am Beispiel mariner Nacktschnecken im Detail zu verstehen. Grundhypothese war, dass auch bei Zwittem oftmals (evolutionäre) Konflikte zwischen den Paarungspartnem auftreten, die entweder eskalieren können oder aber durch sexuell mutualistische Paanrugsmechanismen abgemildert werden. Ein besonderer Schwerpunkt des Projekts lag auf der experimentellen Untersuchung des Phänomens „Spermienhandel". Dieser Begriff bezeichnet eine Paarungsstrategie, bei der die Partner auf einer konditionalen Basis die Paamngsrollen (ggf mehrfach) alternieren. Auf diese Weise erhält jeder der beiden Partner Zugang zu seiner bevorzugten Rolle, und Konflikte können vermieden werden. Während lange angenommen (aber nicht explizit getestet) wurde, dass diese Strategie bei Zwittem weit verbreitet ist, haben wir erstmalig ein Verfahren entwickelt, das eine experimentelle Überprüfung erlaubt. An der Schnecke Chelidonura hirundinina konnten wir dadurch Spermienhandel erstmalig nachweisen. Über diese Entdeckung wurde auch in den nationalen und internationalen Medien breit berichtet, beispielsweise in Science, New Scientist und den überregionalen deutschen Zeitungen. Gleichzeitig konnten wir jedoch auch zeigen, dass Spermienhandel vermutlich erheblich weniger weit verbreitet ist als ursprünglich angenommen wurde. Möglicherweise handelt es sich also nicht um eine „Universalstrategie" aller Zwitter. Ein weiterer wichtiger Aspekt unserer Arbeiten war, die Vor- und Nachteile von (multiplen) Verpaarungen für die männliche und weibliche Funktion eines Zwitters zu analysieren und zu verstehen, inwieweit sich dies auf die Partnerwahl auswirkt. Aufgrund der hohen Kosten für ein Ejakulat bei gleichzeitiger Unsicherheit über die Vaterschaften zeigten die zwittrigen Schnecken in der männlichen Rolle ausgeprägte Partnerwahl. So bevorzugten sie beispielsweise große Partner, die viele Eier produzieren können, sowie Partner, die längere Zeit nicht mehr kopuliert haben und daher vermutlich kaum noch konkurrierenden Spermien aus früheren Verpaarungen mit sich führten. Aus Perspektive der weiblichen Funktion zeigte sich gleichzeitig, dass Verpaarungen mit mehreren „Männchen" durchaus vorteilhaft sein können. Zwar erhöhen sie nicht die Anzahl befruchteter Eier, doch legen Tiere nach der Verpaarung mit mehreren verschiedenen „Männchen" größere und daher besser überlebensfähige Eier. Diese Ergebnisse relativieren ein altes Dogma, wonach die hohen Paarungsraten vieler Zwitter vor allem durch männliche Interessen gesteuert würden, während multiple Verpaarungen für die weibliche Funktion kostspielig seien. Unsere Daten deuten sogar an, dass eher die weiblichen als die männlichen Funktionen dieser Tiere die Paarungsraten kontrollieren. Weitere Projekte befassten sich mit manipulativen Paarungsstrategien, sowie mit der Ko-Evolution zwischen ökologischen, morphologischen und verhaltensbiologischen Merkmalen der untersuchten Opisthobranchier.
Publications
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