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Revolutionen und Paradigmen in der Logik. Eine Untersuchung am Beispiel der beweistheoretischen Semantik

Fachliche Zuordnung Theoretische Philosophie
Wissenschaftsgeschichte
Förderung Förderung seit 2023
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 525967005
 
Kuhns Theorien über wissenschaftliche Revolutionen und Paradigmen und Lakatos' Theorien über wissenschaftliche Forschungsprogramme sind zwei der wichtigsten Beiträge zur philosophischen Rekonstruktion der historisch-konzeptionellen Entwicklung der Wissenschaft. Beide Ansätze sind auf empirische Wissenschaften wie Physik und Chemie fruchtbar angewandt worden; es ist jedoch umstritten, ob sie auch für die Bewertung von Formalwissenschaften verwendet werden können. Während die Anwendbarkeit der Theorien von Kuhn und Lakatos auf die Mathematik etwas umstritten ist, ist das Thema in Bezug auf das Gebiet der (formalen) Logik unerforscht. In meinem Projekt möchte ich das Thema einer möglichen Kuhn'schen und Lakatos'schen Darstellung der post-Frege'schen und post-Hilbert'schen Logik ansprechen. Ich werde eine Art "case-wise"-Haltung einnehmen. Insbesondere werde ich mich auf die entscheidende Fallstudie des logischen Gegensatzes zwischen Realismus und (anti-realistischem) Konstruktivismus konzentrieren. Meine zentrale Behauptung lautet: Die Logik wird gegenwärtig von einem realistischen Kuhn'schen Paradigma beherrscht, das aus der Kombination von Modelltheorie und Mengenlehre besteht. Demgegenüber kann man ein weniger bekanntes konstruktivistisches Lakatos'sches Forschungsprogramm ausmachen, das ich vor allem durch die Kombination der Prawitz'schen Semantik und der intuitionistischen Typentheorie von Martin-Löf gegeben sehe. Das realistische Paradigma entstand als Reaktion auf einen kritischen Moment in der Geschichte der Logik, nämlich die Entdeckung semantischer und mengentheoretischer Paradoxien und den Beweis von einschränkenden Resultaten wie den Gödelschen Unvollständigkeitssätzen. Dies führte dazu, dass frühere Grundlagenstandpunkte aufgegeben und neue Grundbegriffe aufgenommen wurden. Einige Bestandteile der früheren Positionen überlebten jedoch und verschmolzen zu einer Reihe von Theorien, die zu dem heutigen weiten Feld der beweistheoretischen Semantik führten. Das vorgeschlagene Forschungsprojekt ist nicht nur in sich selbst innovativ, sondern ist auch aus folgenden Gründen fruchtbar. Erstens erlaubt es, eines der klassischen Themen der Philosophie, das sonst gewöhnlich metaphysisch behandelt wird, nämlich die Auseinandersetzung zwischen Realisten und Anti-Realisten, in eine philosophiegeschichtliche Perspektive zu stellen. Zweitens kann die Perspektive durch Kuhns Einfluss auch soziologisch sein; genauer gesagt kann man die Auseinandersetzung nicht nur als einen Wettbewerb der Theorien verstehen, sondern auch als einen Wettbewerb zwischen verschiedenen "geo-theoretischen" Traditionen. Und drittens könnte die Untersuchung den ersten Schritt zu einem ehrgeizigeren Projekt darstellen, nämlich einer Geschichte der allgemeinen Beweistheorie von Gentzen bis zur Gegenwart, ein entscheidendes, aber bisher fehlendes Stück in der vielfältigen Tradition der beweistheoretischen Studien.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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