Project Details
Die Otia Imperialia des Gervasius von Tilbury: Quellen, Text und Wirkungsgeschichte
Applicant
Professor Dr. Johannes Fried
Subject Area
Medieval History
Term
from 1995 to 2002
Project identifier
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Project number 5229020
Inzwischen ist ein Großteil der Vorarbeiten abgeschlossen oder weit vorangeschritten. Die Kollationierung der wichtigsten Handschriften liegt vor. Die Quellen, insgesamt ca. 11o, aus denen die Zitate der Otia ursprünglich stammen, sind fast vollständig analysiert. Schwerer sind die von Gervasius selbst tatsächlich benutzten Quellentexte zu ermitteln. Auf diesem Gebiet sind noch einige Nachlesen und letzte Überprüfungen notwendig. Die bisher vorliegenden Ergebnisse der stoffgeschichtlichen Untersuchung zeigen die Otia als höfische Enzyklopädie, die in der Geschichte der Gattung eine der wichtigsten Vorstufen zur wissenschaftlichen Enzyklopädie im späten 13. Jahrhundert markieren. Nach den Enzyklopädien sind inzwischen auch die Naturlehren und die Naturphilosophie auf Parallelen untersucht worden. Gerade die in der Forschungsgeschichte der Otia vielgescholtene und als randständig betrachtete Mirabiliensammlung der dritten Decisio erweist sich in diesem Zusammenhang als hervorragendes Beobachtungsfeld für die Übergänge vom Naturwissen zur Naturwissenschaft. In ihren exotischen Charakter eigneten sich die Mirabilien besonders als experimentelle intellektuelle "Spielwiese", weil sie keine wirkliche gesellschaftliche Alternative repräsentierten. Sie lieferten den enzyklopädischen Naturlehren und Naturphilosophien die Paradoxa und Problemmata, die zum Staunen und zum Erklären anregten, ohne daß sogleich, wie bei den zentralen theologischen Themen, etwa im Universalienstreit oder der Diskussion um die Endzeiterwartung, der Häresieverdacht am Horizont drohte. Auch hier bilden die Otia die erste hochmittelalterliche Wiederaufnahme eines Sammlungsprinzips, das aus dem aristotelischen Projekt hervorging, natürliche Ereignisse und Zeichen zu kategorisieren und zu katalogisieren. Für die Wirkungsgeschichte ist daher zu dem bislang erreichten Stand noch die vertiefende Einsicht in die nachfolgenden Mirabiliensammlungen dringend erforderlich. ...
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