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Reinheit und Unreinheit in den antiken Kulturen der Mittelmeerwelt
Antragstellerin
Dr. Bernadette Descharmes
Fachliche Zuordnung
Alte Geschichte
Förderung
Förderung seit 2023
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 520760855
Reinheit und Unreinheit wurden in der altertumswissenschaftlichen Forschung fast ausschließlich im Zusammenhang religiöser und kultischer Vorstellungen und Praktiken erforscht. Das interdisziplinäre und interepochale Netzwerk will die Perspektive auf das Phänomen in erheblichem Maße erweitern und neben der kultischen und religiösen vor allem die materiellen, natur- und siedlungsräumlichen, sozialanthropologischen, politischen und moralischen Dimensionen von Reinheit und Unreinheit untersuchen. Unter der Beteiligung verschiedener Disziplinen (Alte Geschichte, Klassische Philologie, Klassische Archäologie, Theologie) will es erforschen, (A) in welchen Lebenswelten und Diskursen sich Vorstellungen und Zuschreibungen von Reinheit und Unreinheit manifestierten, und überprüfen, (B) ob diese Denk- und Ordnungskategorie in den Kulturen der antiken Mittelmeerwelt stets die gleiche Ausformung annahm und dieselbe Funktion erfüllte. Der zeitliche Rahmen spannt sich dabei vom klassischen Griechenland bis zur römischen Spätantike. Das Netzwerk bildet die Pluralität der Ansätze und Perspektiven der „Un/Reinheits-Forschung“ in vier Schwerpunkthemen ab: 1. Körper und Körperhygiene 2. Umwelt und Umweltverschmutzung 3. Moral, Gesellschaft und Politik 4. Kult und Religion. Diese Schwerpunktthemen ordnen den organisatorischen Rahmen des Netzwerks und gruppieren die beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in vier Cluster. Die einzelnen Dimensionen des Phänomens greifen permanent ineinander und beziehen sich aufeinander. Dies lässt sich beispielweise daran veranschaulichen, dass rituelle Reinheit stets auch eine körperliche oder natur- oder siedlungsräumliche Dimension besitzt. Solche Zusammenhänge gilt es zwischen den Clustern herauszuarbeiten. Die zentralen Leitfragen innerhalb der einzelnen Cluster beziehen sich auf die a) kulturtypischen Konzeptionen, Begriffe und Räume von Reinheit und Unreinheit, b) Praktiken des Reinigens und Verunreinigens, c) Reinheitsvorschriften und deren zugrundeliegenden Wertvorstellungen, d) Transgressionen sowie die Abwicklung von Störungen innerhalb des Ordnungssystems, in dem Reinheit und Unreinheit als wesentliche Unterscheidungskriterien fungieren. Durch die kritische Reflexion und Diskussion der Forschungsergebnisse der einzelnen Mitglieder und Cluster fördert das Netzwerk die Entwicklung neuer Perspektiven und Anschlussmöglichkeiten auf individueller und kollektiver Ebene. Darüber hinaus eröffnet die interdisziplinäre und interepochale Struktur des Netzwerks die Chance innovativer Impulse für die beteiligten Forschungsbereiche und Disziplinen. Die besondere Struktur der Netzwerkarbeit ermöglicht es schließlich, die komplexen Zusammenhänge und Besonderheiten der kultur- und epochenspezifischen Ausformungen antiker Reinheits- und Unreinheitsvorstellungen aufzuarbeiten und sichtbar zu machen.
DFG-Verfahren
Wissenschaftliche Netzwerke