Soknopaiu Nesos nach den demotischen Quellen römischer Zeit
Final Report Abstract
Der Ort Soknopaiu Nesos am Nordufer des Fajum-Sees ist dadurch vor allen anderen Orten
Ägyptens ausgezeichnet, daß dort eine sehr große Zahl griechischer Papyri und zugleich sehr viele
demotische Papyri gefunden worden sind. Die griechischen Papyri wurden seit dem 19. Jahrhundert
systematisch publiziert. Das Heidelberger Gesamtverzeichnis listet zur Zeit 1150 publizierte
griechische Texte aus Soknopaiu Nesos auf Sehr viele Arbeiten über das ptolemäische und
römische Ägypten schöpfen aus dieser Quelle und zeichnen in vielen Fällen ein einseitiges Bild,
weil die demotischen Quellen aus dem gleichen Ort bisher kaum berücksichtigt werden kormten.
Als der Projektleiter im Jahre 1968 die Arbeit an Urkunden aus diesem Ort aufnahm, war kaum
mehr als eine Handvoll demotischer Papyms Urkunden in zuverlässiger Weise publiziert. Aiißerdem
waren 1965 sechs Ostraka ediert worden, wobei der Herausgeber die Herkunft aus Soknopaiu Nesos
nicht erkannte und folglich vieles falsch entzifferte.
Die eklatante Vemachlässigung der demotischen Quellen aus Soknopaiu Nesos hat ihren Grund in
der Spätdemotischen Schrift, die zunächst schwer zu lesen ist, wenn man nur an mi tte Idemoti sche
Handschriften gewöhnt ist, mit denen der akademische Unterricht gewöhnlich beginnt. Bei meiner
eigenen Einarbeitung bin auch ich ein paarmal in die Fallen dieser Schrift gestolpert. So habe ich
beispielsweise ein spätdemotisches Zeichen, das wie ein mitteldemotisches n aussieht, auch so
gelesen und erst später gemerkt, daß es die spätdemotische Schreibung für das Hausdeterminativ ist.
Weiter wartet die spätdemotische Schrift häufig mit unetymologischen Schreibungen auf. So konnte
ich beispielsweise mit den Namen Hy-sj-trw und Rj-pyi^n (übersetzbar als „Mund des Unsrigen")
gar nichts anfangen. Erst im Rahmen des Projekts stellte sich heraus, daß mit diesen abenteuerlichen
Schreibungen die griechischen Namen Isidora und Lampon gemeint sind.
Das Hauptverdienst unserer Arbeit ist daher die Edition (überwiegend Erstedition) von bisher rund
340 Texten, damnter 110 teils recht umfänglichen Papyri, mit Entzifferung, Übersetzung und
Kommentierung. In vielen Fällen, besonders im 3. Band, sind die Texte zweisprachig (demotisch
und griechisch), für die besonders Frau Schentuleit zuständig war, weil sie auch griechische
Papyrologie studiert hat. In etlichen Fällen konnten wir getrennt inventarisierte Papymsfragmente
zusammensetzen, die sich teilweise in unterschiedlichen Sammlungen befinden.
Die formale, sprachliche und inhaltliche Auswertung der innerhalb des Projekts publizierten Texte
haben die Autorinnen ebenfalls durchgeführt. Dabei wurden z.B. die Funktion der Quittungen
innerhalb der Tempelwirtschaft geklärt, die Formeln der Kaufiirkunden zusammengestellt - eine
willkommene Ergänzung meiner Dissertation, die diese Formeln aus ptolemäischer Zeit gesammelt
hatte. Paläographische Besonderheiten woirden diskutiert sowie ausführlich die Eigentümlichkeiten
der griechischen Sprache in den Papyri des 1. und 2. Jh. n. Chr. dargestellt. Die Notare der
Urkunden wurden mit den Jahren ihrer Tätigkeit übersichtlich zusammengestellt. In einem Exkurs
wurden Einzelheiten über die Lage der erwähnten Häuser innerhalb der Stadt erfaßt. Es besteht die
Erwartung, daß sich einiges bei den neuen Ausgrabungen vor Ort wird verifizieren lassen, so daß
schließlich eine Art „Stadtplan" erstellt werden kann. Besonderer Wert wurde aufdie Prosopographie gelegt. Über manche Personen haben wir so viele Informationen, daß sich über sie fast eine Biographie schreiben läßt, wie Frau Schentuleit in ihremAufsatz „Satabus aus Soknopaiu Nesos: Aus dem Leben eines Priesters am Beginn der römischen
Kaiserzeit" (in: CdE 82, 2007, 101-125) gezeigt hat. Die Erfassung aller aus dem Ort bekannten
Personen hat Frau Schentuleit zu einem eigenen Projekt gemacht. Diese von der Gerda Henkel
Stiftung geforderte Prosopograhie ist unter der Intemet-Adresse