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Carl Reinecke als Schlüsselfigur des Leipziger Musikbetriebs im späten 19. Jahrhundert: Studien zu seiner institutionellen Vernetzung und pädagogischen Wirkung
Antragsteller
Professor Dr. Christoph Hust; Professor Dr. Stefan Keym
Fachliche Zuordnung
Musikwissenschaften
Förderung
Förderung seit 2022
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 508998328
Es wird untersucht, welche Möglichkeiten ein vielseitig talentierter Musiker und Komponist wie Carl Reinecke besaß, im sich immer stärker verbreiternden und ausdifferenzierenden Leipziger Musikbetrieb des späten 19. Jahrhunderts zu wirken und Einfluss zu nehmen, und welche Folgen sich aus der durch ihn paradigmatisch verkörperten engen Vernetzung der Leipziger Musikinstitutionen ergaben für die Entwicklung der Musikkultur inner- und außerhalb der Stadt. Anhand der Untersuchung der Tätigkeitsfelder dieses zentralen Akteurs soll ein konkreteres Verständnis der komplexen Strukturen und Funktionsprozesse des Leipziger Musiklebens gewonnen werden, das eine Neubewertung sowohl der Rolle Reineckes als auch der von ihm mitgeprägten Phase der Leipziger Musikgeschichte ermöglicht. Im europäischen Musikbetrieb der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts kam es im Zuge einer umfassenden Professionalisierung zu einer immer stärkeren Ausdifferenzierung, bei der der ältere, von Reinecke verkörperte vielseitige Musikertyp allmählich von hochqualifizierten Spezialisten abgelöst wurde. Vor diesem Hintergrund ist zu fragen, ob Reineckes lange Tätigkeit in Schlüsselpositionen des Leipziger Musiklebens dessen Weiterentwicklung tatsächlich gehemmt hat (wie vielfach angenommen) oder ob Reinecke nicht gerade deshalb angestellt wurde und sich so lange zu behaupten vermochte, weil der Leipziger Musikbetrieb aufgrund seiner im frühen 19. Jahrhundert entwickelten eng vernetzten Struktur einen solchen Musiker auf dieser Position benötigte (bzw. zu benötigen glaubte). Um diese Fragen zu beantworten, werden zwei Tätigkeitsfelder Reineckes fokussiert: Zum einen soll seine vielfältige Vernetzung mit den Leipziger Musikverlagen (vor allem Breitkopf & Härtel) und als Gewandhauskapellmeister herausgearbeitet werden; zum anderen sollen Inhalte (Musiktheorie, Kompositionslehre, Ästhetik) und Wirkung seines Unterrichts am Konservatorium untersucht werden. Diese beiden Felder beleuchten Reineckes vielfältiges Schaffen aus zwei komplementären Perspektiven, die eng miteinander verflochten sind. So ist davon auszugehen, dass es zwischen den Repertoire-Schwerpunkten seines Unterrichts und denen seiner Konzerte wesentliche Schnittmengen gab. Gleiches dürfte für die technischen und ästhetischen Kriterien gelten, die er als Lehrer vermittelte und seinen Verlagsgutachten zugrunde legte. Zudem vermochte Reinecke als Kapellmeister und Gutachter seine Schüler:innen wirkungsvoll zu fördern. Ebenso spielten seine eigenen Kompositionen (als aufgeführte und publizierte Werke sowie als didaktische Modelle) auf beiden Feldern eine Rolle. Durch die Zusammenschau beider Perspektiven gilt es schließlich auch zu klären, inwieweit Reineckes Repertoire-Präferenzen und kompositorisch-ästhetische Grundsätze Leipziger Traditionen verpflichtet waren, die bereits vor 1860 existierten, und ob er eigene, neue Ansätze einbrachte und so seinerseits den Leipziger Musikbetrieb prägte.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen