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Grundlagen für eine verbesserte Gebrauchsdauerberechnung feststoffgeschmierter Wälzlager im Vakuum durch Multiskalen-Untersuchungen
Antragsteller
Professor Dr.-Ing. Benoit Merle; Professor Dr. Bernd Meyer; Professor Dr.-Ing. Stephan Tremmel
Fachliche Zuordnung
Konstruktion, Maschinenelemente, Produktentwicklung
Förderung
Förderung seit 2022
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 508541414
Ziel des Projektes ist die Entwicklung eines mikrostruktur- und mechanismenbasierten Modells für die Gebrauchsdauerberechnung von MoS2-geschmierten Wälzlagern, insb. Radiallagern. Solche Lager kommen bei extremen Bedingungen, etwa im Vakuum, zumEinsatz, wie in extraterrestrischen Fahrzeugen. Das einzige bisher veröffentlichte Gebrauchsdauermodell basiert auf einem empirischen Ansatz, der die Mikrostruktur der Schichten nicht berücksichtigt. Unsere Untersuchungen aus der 1. Förderphase zeigen, dass auf komplexen Geometrien abgeschiedene PVD-MoS2-Schichten dendritisch-lamellar sowie nanoporös sind und sich erst unter tribologischer Beanspruchung in eine kompakte, basal texturierte Schicht umwandeln, die der tribologischen Wunschvorstellung entspricht. Diese Umwandlung bestimmt weitgehend das weiteretribologische Verhalten der Schicht, einschließlich Materialab- und -übertrag. Daher ist es von entscheidender Bedeutung, diese Transitionsphase zu charakterisieren und im Modell zu berücksichtigen. Eine Vernachlässigung des Transitionsprozesses kann zu einer signifikanten Fehleinschätzung der Gebrauchsdauer führen. Das Zusammenspiel der Verformungsmechanismen mit der Mikrostruktur und der tribologischen Belastung erfordert eine skalenübergreifende Untersuchung: von den Elementarprozessen durch atomistische Simulationen, über die Charakterisierung struktureller Materialveränderungen auf der Mikroebene, bis zu den Modell- und Bauteilversuche auf der Makroebene. Hierzu wird die atomare Struktur der Schichten mittels HRTEM an FIB Lift-Out Lamellen untersucht und mit DFT und semi-empirischen Potentialen simuliert. Weiterhin werden Nanoindentierungs- und Nanoverschleißversuche in situ im REM und makrotribologische Untersuchungen im Zwei-Scheiben-Versuch und an Kugellagern imVakuum durchgeführt. Dieses Methodenarsenal erlaubt die Gewinnung von Erkenntnissen zu (a) den Prozessen der Umorientierung der Textur und der Veränderung der Mikrostruktur während der Transition; (b) Materialabtrag und -übertrag, Transferschichtbildung, Haftung und tatsächlich nutzbarem Schmierstoffvolumen in Abhängigkeit intrinsischer (Mikrostruktur, Textur, Porosität) und extrinsischer Faktoren (Substratrauheit, Kontaktbeanspruchung). Auf dieser Basis wird das Gebrauchsdauermodell von Birkhofer erweitert und der so verallgemeinerte Berechnungsansatz durch Prüfstandversuche validiert. Das so gewonnene vertiefte Verständnis zum Transition- und Verschleißverhalten kann darüber hinaus genutzt werden, um die Transition gezielt zu fördern und so die Gebrauchsdauer zu verlängern, z.B. durch Nachbehandlung der Schichten oder einen geeigneten Einlaufprozess. Es ist zu erwarten, dass dieses Projekt dazu beitragen wird, ein verallgemeinertes Verständnis der tribologisch induzierten Mikrostrukturveränderung auf das Verschleißverhalten von Festschmierstoffschichten zu erlangen.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen
Mitverantwortlich
Professor Dr.-Ing. Erik Bitzek